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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 48. Bd. Heit 2.
Bei einer landschaftskundlichen Betrachtung dieses Gebietes läßt sich die Salzsteppenuferzone von
der eigentlichen Salzpfanne unterscheiden und in der Randzone der Oasenbezirk des Djerid von dem
des Nefzaua. Für die leicht nach der Salzpfannenoberfläche geneigte Salzsteppenuferzone liegt eine
Schilderung Grobers vor 33 ). Auf dem verhältnismäßig vegetationsreichen Boden wechseln heidekraut
artige, hartblättrige Perennen mit einzelnen niedrigen Tamariskenbüschen ab. Die gelb und violett ge
färbten Blüten einer Cistanche Art verleihen der Halbwüste ein etwas lebhafteres Aussehen, — sonst
ist diese nur noch hier und da mit den Büscheln der Stipa tenacissima, der typischen Salzsteppenflora
—• dem Haifagras — bedeckt. Die Chottfläche selbst ist tot, denn der Boden ist auf das Stärkste mit
Sulfaten und Chloriden durchtränkt. Im Chott ist alles pflanzliche und tierische Leben unmöglich, es
ist ganz auf die Uferzone beschränkt. So stellt der Chott von weitem eine schimmernde, häufig von
perlgrauen Dünsten verhüllte riesige Fläche dar 34 35 ), die von einem Gürtel versalzter Sumpfpflanzen um
geben ist.
Die Oberfläche der Chotts ist durchaus keine glatte Ebene: wie in allen Sebkhen sind die Salz
schollen zu Kämmen und Buckeln aufgeworfen, die übrigens zur Passierung der Chotts benutzt werden.
Einzelne dieser Bodenwellen erreichen bis 31 m Höhe. Oft findet man Sandanhäufungen und nur in
der Mitte der einzelnen Pfannen hat sich eine ansehnliche Wassermasse erhalten, die von einer Salz
kruste bedeckt wird. Herrschen starke Winde, so gerät sie in deutlich zu beobachtende Schwingungen,
worauf das Wasser aus einzelnen Öffnungen und Löchern mit Macht überquillt. Während der Regen
zeiten oder nach starken Gewittern bedeckt sich die Oberfläche mit einer mehr oder minder dicken
Wasserschicht und verwandelt sich darauf in einen unpassierbaren Salzsumpf, auf welchem flache
Wasserspiegel vom Wind hin- und hergetrieben werden.
Die Überschreitung eines Chotts ist außerordentlich gefahrvoll. Ein Abweichen vom Wege auf dem
morastigen Boden kann sicheren Tod bringen. So berichtet Chavanne von einer auf diese Weise unter
gegangenen Karawane von 1000 Kamelen. Im Sommer ist die Passage naturgemäß am ungefährlichsten.
Nach Roudaire befinden sich die Chotts in einem Zustand zunehmender Austrocknung. Tissot 30 )
berichtet, daß bei einer 1851 erfolgten Durchquerung von Debabcha nach Kriz die Pferde auf weite
Strecken bis zur Brust durch Wasser waten mußten, das jedoch 20 Jahre später fast ganz verschwunden
war. Das Wasser steht meistens unter der Salzoberfläche, sorgt aber in den zentralen und nördlichen
Teilen der Depression für eine derartige Durchfeuchtung, daß der Boden elastisch und beweglich ist.
An einigen Öffnungen, die besonders häufig auf der Strecke Kriz—Debabcha sind, und die die Einge
borenen Ain-el Bekhar (Auge des Meeres) nennen, sieht man das grüne, dickflüssige Wasser einige
Dezimeter unter der Oberfläche der Salzkruste, die an einigen Stellen nur 10 cm dick und oft so hart
und durchsichtig und klingend wie Flaschenglas ist.
Das salzige Wasser (140—150 g Rückstand pro Liter) findet sich immer in den oberen Wasser
schichten, während Süßwasser zwischen den sandigen und tonigen, quartären Schichten in größerer
Tiefe (33 m) anzutreffen ist. Bei tieferer Bohrung würde man nach Roudaire vermutlich stark empor
springendes artesisches Wasser erhalten. Viele der bereits erwähnten Ain el Bekhar sind solche
artesische Brunnen, deren Wasser bis an die Oberfläche ansteigt. Infolge der enormen Verdunstung
wird auch dieses zum Absetzen von Salzen gezwungen, die es aus den verschiedenen Schichten mit
emporgebracht hat. Dort, wo die Schichten der Kreide das Gebiet unterlagern, kommt es zur Entwick
lung zahlreicher überfließender Quellen — so in der Nähe der Schwelle von Gabes und des Djebel Tebaga.
Nördlich von Seftimi finden sich sogar mitten im Chott Fedjedj die Spuren einer Oase, —■ Ain Tarafi —,
die wie die sie bewässernden Quellen verschwunden ist.
3:! ) Das Tiei'leben des Belad el Djerid, Münch. Med. Woehen.scdu'., 1913, S. 438.
34 ) Banse, Lexikon. Artikel Cliott.
35 ) Roudaire, a. a. O., S. 35.