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Full text: 48, 1929/1930

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Walter Knoche: Der „Austrochnungswert“ als klimatischer Faktor. 
Im allgemeinen besitzt der Mensch kein Gefühl für die Luftfeuchtigkeit. 
Täglich wiederholt sich die eigentlich überraschende Erfahrung, daß wir für die atmosphärische 
Feuchtigkeit bei niederen und mittleren Temperaturen kein Gefühl besitzen, es sei denn, daß sie auf sehr 
niedrige Werte herabsinkt. Für unsere Sinne ist es ebenso wie für unser Befinden ziemlich gleichgültig, 
ob bei einer Temperatur von 5—10° oder von 15—17° die relative Feuchtigkeit 70 % oder 40 bis 30 % 
beträgt. Die Temperaturbedingungen entsprechen im ersten Beispiel etwa dem Sommerhalbjahr für 
Collahuasi (Hr=4810m, ç>=21°0'S, A=68°56'W) und im zweiten Fall dem Winterhalbjahr für Chuquica- 
mata (H=2660m, qp=22°10'S, ¿=68 56'W), während an beiden Orten die Feuchtigkeiten häufig bis unter 
10 % sinken. Dann erst treten die oben beschriebenen Folgen excessive r 
Trockenheit auf. 
In Santiago z. B. werden die Schwankungen der relativen Feuchtigkeit kaum empfunden. Bei 
30° im Schatten und 30% relativer Feuchtigkeit oder bei 25° und 50% sollten beide Zustände entsprechend 
der „Curve of Comfort“ von CI. Abbe (11) den gleichen Eindruck geben; in Wahrheit haben wir 
aber durchaus das Gefühl, daß es bei 30° im Schatten sehr viel wärmer ist als bei 25°; es wirkt in 
diesem Falle also nur die Temperatur auf unsere Sinne (12) (und unser Wohlbefinden?) und keines 
wegs der Feuchtigkeitswert, wenn auch das feuchte Thermometer bei diesen Temperaturen 18° zeigt. 
Die geringe relative Feuchtigkeit mildert also keineswegs das Temperatur 
gefühl, wenn die Temperatur steigt. 
Nur der Zustand einer sehr geringen Feuchtigkeit macht sich subjektiv fühlbar. 
Sei es, daß psychische oder physische Faktoren, getrennt oder gemeinsam, in dieser Frage eine 
Rolle spielen, so ist jedenfalls sicher, daß relative Feuchtigkeit, solange die Temperatur 
eine gewisse Höhe nicht überschreitet, nur dann wirklich empfunden wird, wenn sie 
auf einen sehr geringen Wert herabsinkt (13). 
Nach dem Gesagten dürfte der Schluß berechtigt sein, daß die relative Feuchtigkeit 
kaum als Gradmesser für die Wasserabgabe des Organismus resp. eine Ver 
dunstung angesehen werden kann, da ein Parallelismus zwischen körperlichem Befinden 
und Wasserabgabe wahrscheinlich ist. Diese Angabe wird rechnerisch bestätigt (14). 
Wenn wir statt der relativen Feuchtigkeit das Sättigungsdefizit als proportional zur Verdunstung 
betrachten, so ist das Resultat ein ähnlich negatives,da auch die Differenzen: maximaler Dampfdruck — 
vorhandener Dampfdruck, linear von O (Sättigung) dem Höchstwert für jede Temperatur, d. h. der 
maximalen Dampfspannung, zulaufen. 
Die äquivalente Temperatur kann als einheitlicher bioklimatischer Wert nur den Zustand einer 
mehr oder weniger ausgeprägten Schwüle darstellen. 
Evaporationskraft resp. Austrocknungswert. 
Wenn wir die relative Feuchtigkeit oder das Sättigungsdefizit wählen, um ein Klima zu charak 
terisieren, so müssen wir dieselbe immer im Vereinmit der Temperatur (15) betrachten. Erstrebenswex-t 
ist es, ein Element zu suchen (16), in dem der Feuchtigkeitswert durch die Temperatur ergänzt wird (17). 
Die Evaporationskraft oder der Austroeknugswert stellt ein solches Element dar: in ihm müssen 
außerdem die Luftbewegung und der Luftdruck (Höhe über dem Meere) berücksichtigt werden. 
W. U 1 e (18) hat als erster die Bedeutung der Evaporation erkannt, die er durch die Psychometer- 
Differenz bestimmt. 
Er betont auch, wie wenig die relative Feuchtigkeit zur Bestimmung dieses Wertes ausreicht; U. 
weist auf den Unterschied hin, der zwischen der Verdunstung und dem geringeren oder beträchtliche 
ren Vermögen der Luft, den Körpern Wasser zu entziehen, besteht.
	        
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