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Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 48. Bd. Nr. 1.
der chilenischen Wüstenregion bekannt und dürften (vielleicht unter Mitwirkung ultravioletter Strah
lung) zu einer besonders starken Bildung von Stickstoff-Anhydriten verschiedener Oxydationsstufen
führen. In Verbindung mit der Camanchaca, die als dichter weißer Nebel, welcher aus dem Küstengebiet
kommend, durch die Talpforten dringend oder über sie hinwegwallend, hin und wieder tagelang gerade
über dem Gebiet der heutigen Salpeterpampa verweilt, würden sich die Stickstoffoxyde in die dazugehörigen
Säuren verwandeln. Diese Wandlung wird an der Trennungsfläche der Nebelbank und der über ihr
vorhandenen sehr trockenen Atmosphäre stattfinden. Hierauf deuten ausgedehnte stille Entladungen hin,
welche an diesen Oberflächen auftreten. D. V. hat in der Hochkordillere Boliviens gleichfalls Verhält
nisse festgestellt, bei denen ein niedriger Austrocknungswert an der Oberfläche eines ruhenden Wolken
meeres unmittelbar, besonders unter dem Einfluß des Windes, in einen extrem hohen überging. Schwer
zu erklären ist, wie unter diesen Bedingungen überhaupt das dichte Eigengebilde einer feuchten Luft
masse wie der Camanchaca in einer Umgebung stärkster Wasserarmut erhalten bleiben kann.
Die in der Atmosphäre gebildete und in die Camanchaca übergegangene Salpetersäure würde die
Alkalisilikate der Gesteine (Porphyrite) angreifen, so daß der Chilesalpeter das Produkt einer Säurever
witterung wäre. (Vergl. L. S u n d t, El origin del salitre y de algunas sales que las acompañan, Bol. d. 1. Soc.
Nac. de Minería, Santiago 1919, S. 255—266.) W e t z e 1, der sich übrigens neuerdings zu unrecht die Autor
schaft der aero-elektrischen Theorie zulegt (Chemie der Erde, 1928, 3. Bd., S. 410), glaubt, daß die waben
förmige Anätzung von Mineral-Oberflächen auf tröpfchenweise entstandene Nitrate zurückzuführen ist.
Daß nicht etwa die Wüste an sich, wie sie in bezug auf Regenarmut unter allen Gebieten der Erde am
Küstensaume nördlich und südlich des Golfes von Arica ausgeprägt auftritt, zur Bildung von Sal
peter genügt, beweist das Fehlen solcher Lager hier. Es ist im Gegensatz zu der unmittelbar südlich da
von gelegenen Zone der Tarapacä (Hinterland von Pisagua) der Austrocknungswert dank einem
hohen Feuchtigkeitsgehalt der Luft und einer geringen Höhenlage ein niedriger, so daß statische Ladun
gen und Säurebildung nicht mehr in Frage kommen. Gleichfalls verschwinden die Salpeterlager nach
Süden zu im Grenzgebiet der Provinz Antofagasta gegen die Provinz Atacama, da hier bei regelmäßiger
auftretenden Niederschlägen die bei hohem Austrocknungswerte gebildeten Nitrate nicht zu einer dauern
den Ablagerung kommen. Zur Eiszeit haben im Gebiet der heutigen Salpeterzone wohl ähnliche klima
tische Bedingungen geherrscht wie augenblicklich in der mittleren oder südlichen Atacama (Gebiet von
Oopiapó); deshalb ist die Annahme mancher Autoren einer besonders starken Salpeterbildung in jener
Erdepoche doch mit Zweifel aufzunehmen. Auf aero-elektrischer Grundlage könnte die Bildung der
Salpeterlager erst nach der letzten Pluvialzeit begonnen haben. Vergl. auch die während des Druckes
vorliegender Arbeit erschienenen Ausführungen Mortensens (Über Vorzeitbildungen und einige
andere Fragen in der nordchilenischen Wüste, Mitt. der Geogr. Ges. in Hamburg 1929, besonders S. 223);
M. hält ebenfalls eine aero-elektrisohe Salpeterbildung nur in einer sehr trockenen Zeit für möglich und
verwertet diesen nach dem soeben Gesagten richtigen Schluß zur Ablehnung der von Wetze! ange
nommenen diluvialen Pluvialzeit. In der Tat erscheint bei Annahme der aero-elektrischen Salpeter
bildung nur eins möglich: Entweder pluviales Diluvialklima und postdiluviale bzw. postpluviale Salpeter
bildung oder diluviale Salpeterbildung ohne pluviales Diluvialklima. •— Die Entstehung des Salpeters durch
Stickstoff-Assimilisation aus organischer Materie als Einfluß von Mikro-Organismen (vergl. K. Scharrer,
Chemie u. Biochemie des Jods, 1928, S. 9) ist postglazial bei einem Klima von höchster Lufttrockenheit
nicht annehmbar und für die Glazialperiode abzulehnen, da wir eine derartige Bildung im Alluvium in
der Halbwüste der Atacama wenigstens hie und da, von der Abschwemmung abgesehen, festellen müßten.
Geomorphologisch ist ferner nicht etwa nur die Niederschlagslosigkeit der Wüste von Bedeutung,
sondern auch der Austrocknungswert, der vor allem am Tage unter dem Einfluß der Strahlung auf die
Bodenoberfläche nach gelegentlicher Befeuchtung durch Nebel oder Niederschläge und darauf folgendes
intensivstes Verdunsten die Bildung einer Staubhaut bewirkt; diese ist als eine oberflächliche Ver
festigung des lockeren, mit Salzpartikeln gemischten feinsten Staubes zu betrachten. Mortensen hat
als Erster diese Staubhaut beschrieben und darauf hingewiesen, welche Bedeutung ihr, ganz besonders
als Windschutz der vorhandenen Wüstenlandschaft, zukommt und wie stark das regionale Auftreten der