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Full text: 48, 1929/1930

Walter Knoche: Der „Austrocknungswert“ als klimatischer Faktor. 
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Der „Austrocknungswert“ als klimatischer Faktor. 
Diese Arbeit soll als vorläufige Studie die Luftfeuchtigkeit im klimatischen Sinne von einem neuen 
Gesichtspunkte aus betrachten. Naturgemäß kann es sich nur um einen Versuch handeln, da experi 
mentelle Erfahrungen auf diesem Gebiete kaum vorhanden sind. 
Auf Reisen in Nordchile und Bolivien, in jenen überaus trockenen Hochsteppen, erhielt ich zum 
ersten Male einen „körperlichen“ Eindruck von dem klimatischen Element der Luftfeuchtigkeit (1)* und 
hiermit die erste Anregung zu der vorliegenden Arbeit. 
Einfluß der atmosphärischen Trockenheit auf den Menschen. 
Dem Reisenden in jenen Gebieten springt die Haut auf, besonders die Lippen, wogegen auch 
Einreibung mit Kakaobutter nicht schützt. Diese Austrocknung der Haut ist gelegentlich mit einem 
schwer zu beschreibenden Gefühl der Trockenheit verbunden, welches beinahe „spezifisch“ zu nennen ist. 
Die Haut wird bisweilen so trocken, daß die elektrische Leitfähigkeit verloren geht und die 
Finger durch Reiben mit einem Wollappen elektrische Ladungen erhalten, die am Elektroskop sichtbar 
gemacht werden können (2). 
Schon auf der Eisenbahnfahrt, z. B. von Antofagasta nach Collahuasi, kann man bemei’ken, daß 
bereits langdauernder, heftiger Husten verschwindet, der aber nach Rückkehr zur Küste wieder einsetzt, 
obwohl hier auch der Einfluß von Allergenen in Erscheinung treten kann. 
Unangenehm ist bisweilen die Austrocknung der Schleimhäute, die bis tief hinunter in die 
Bronchien bemerkbar wird und nicht nur ein lästiges Gefühl des Kitzels hervorruft, sondern auch 
heftiges Speichelschlucken bewirkt, das unter Umständen gefährlich werden kann, da es die Erhöhung 
der Atemfrequenz mechanisch unterbindet. Dieser Vorgang hat in jenen Höhen eine außerordentliche 
Bedeutung, indem er einen regulierenden Faktor gegen den Sauerstoffmangel ausschaltet. So beginnt 
ein Wechselspiel: nach dem Speichelschlucken wird die Atemvertiefung zunächst gehoben und gerade 
dadurch, nämlich infolge der verstärkten Luftbewegung bei der Inspiration, wird die Trockenheit in 
den Atmungswegen wiederum vermehrt. 
Es kann also die atmosphärische Trockenheit eine Unterbrechung in der Sauerstoffzufuhr ver 
ursachen und somit dazu beitragen, daß die Bergkrankheit (die soroche der Peruaner) (3) aus 
bricht, oder, falls sie bereits vorhanden ist, einen bedenklichen Charakter annimmt (4). 
Eigentümlich für das trockene Nord-Chile ist die Häufigkeit von Leber-Abszessen, die nicht nur 
im Alkoholismus ihre Ursache haben. Auch eine akzentuierte Nervosität, manchmal von Schlaflosig 
keit begleitet, wird von Ausländern empfunden und auf die Trockenheit der Luft zurückgeführt. Es 
ist wohl möglich, daß diese Nervosität nicht nur durch Eindickung des Blutes (5) bedingt ist, sondern 
auch indirekt durch elektrische Aufladung; ein Versuch zeigte, daß die Potentiale an verschiedenen 
Körperteilen wechselnde waren. Z. B. besaßen unterschiedliche Aufladung: die behaarten Körperteile (6) 
*) Die eingeklammerten Zahlen verweisen auf die Anmerkungen am Schluß der Arbeit.
	        
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