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Full text: 48, 1929/1930

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 48. ?,<!_ Nr. 7. 
die Richtung der größten Ungleichseitigkeit ungenügend mit gut ausgebildeten Tälern bedacht ist. 
Ferner kann die Richtigkeit einer Darstellung stark getrübt werden, wenn man mit vorgefaßten Meinun 
gen an die Fragen herangeht. Hermann Credner betont im Erzgebirgsbecken nur die ungleich 
seitigen westöstlichen Täler, weil in seiner Erklärung nur diese Täler durch die angeblich noch jetzt 
andauernde Erhebung des Erzgebirgshauptsattels beeinflußt werden können. Rucktäschel spricht 
dagegen nur von einseitigen südnördlichen Tälern, weil die Regenwinde, die er für die einseitige Aus 
gestaltung verantwortlich macht, von Westen kommen. In beiden Darstellungen werden diejenigen Tal- 
richtungen einfach übersehen, die in den Erklärungen beider Gelehrten nicht einzuordnen sind. 
Es ist leicht möglich, daß es in Sibirien nicht anders ist als hier, daß aus Mangel an Spezialkarten, 
oder weil man nur in Gebieten beobachtete, wo westöstliche Täler vorherrschen, die russischen Forscher 
das oben beschriebene Verhältnis der Talungleichseitigkeit aufgestellt haben. Außerdem machen sie 
ja die verschiedene Ausgestaltung des Talprofils von der verschiedenen Exposition der Talhänge gegen 
die Sonne abhängig. Die russischen Forscher setzen offenbar voraus, daß in einem westöstlichen Tal 
der Südhang die größte, der Nordhang die geringste Sonnenenergie aufnimmt, und daß in einem süd 
nördlichen Tale beide Hänge gleichmäßig, der Osthang vormittags, der Westhang nachmittags, erwärmt 
werden. Das würde übereinstimmen mit dem Tagesbogen der Sonne, der nach Süden geneigt ist und 
vom Ortsmeridian in eine Vormittags- und Nachmittagshälfte geschnitten wird. Aber unbeachtet bleiben 
hierbei die übrigen meteorologischen Elemente, die die Sonnenwirkung stark beeinflussen können und 
nur selten einen symmetrischen Tagesgang aufweisen. Wie die Bodentemperatur für die verschiedenen 
Auslagen in Wirklichkeit ist, kann nur durch Temperaturmessungen festgestellt werden. 
b) Die Bodentemperaturmessungen Kerners und ihre mögliche Anwendung auf Tundrengebiete. 
Die ersten Messungen sind in den Jahren 1866'69 von A. Kerner von Marilaun (45) an einem 
isolierten, kegelförmigen Berg von mäßiger Höhe bei Innsbruck in 80 cm Bodentiefe gemacht worden. 
Sein Sohn F. Kerner wiederholte sie an einem ähnlichen Berg im Gschnitztal, südlich von Innsbruck 
(46). Beide Ergebnisse unterscheiden sich nur wenig. Sie wurden später durch Messungen, die W o 11 n y 
(120) an Versuchsbeeten vornahm, bestätigt. Weitere Untersuchungen sind nicht bekannt geworden. 
Nach den Zahlen A. Kerners hat R. Geiger (25, 60) den Gang der Bodentemperatur im Laufe 
des Jahres für unsere Zwecke in einer brauchbaren Form dargestellt. (Vgl. Fig. 9.) Die Kreisausschnitte 
veranschaulichen die Hangrichtungen. Die konzentrischen Kreise grenzen die einzelnen Monate ab. 
Geiger hat aus den beobachteten Werten die Bodentemperatur im Mittel aller Richtungen berechnet 
und die Unterschiede, die die Temperaturen der Hangrichtungen gegen diesen Mittelwert aufweisen, 
für jeden Monat in die Figur eingetragen. Die Kurven verbinden Punkte gleicher Unterschiede. Die 
schraffierten Gebiete sind relativ kalt, die punktierten relativ warm. 
Die Nordexposition zeigt, wie wohl auch allgemein erwartet wurde, zu jeder Zeit die niedrigsten 
Temperaturen. Vergleicht man die Ost- und Westauslage, so sieht man, daß von einer Gleichwertig 
keit der Vormittags- und Nachmittagsseite nicht die Rede sein kann. Die Westauslage ist im ganzen 
zu warm. Das Maximum der Bodentemperatur liegt nicht etwa unverändert im Süden, wie das Minimum 
im Norden, sondern es läßt eine auffallende Wanderung im Laufe des Jahres erkennen. Im Winter und 
im Frühjahr ist ein ausgesprochenes Maximum im Südwesten. Dieses verschiebt sich aber im Sommer 
über Süden nach Südosten, im Herbst kehrt es nach Südwesten zurück. Wie ist diese Wanderung zu 
deuten? 
Die Erwärmung einer Berghalde ist zu einem großen Teil vom Bodenzustand abhängig. Auf getauter 
Boden erwärmt sich schneller als gefrorener, trockener Boden schneller als feuchter. Kurz vor Sonnen 
aufgang erreicht die Luft ihre tiefsten Temperaturen, damit aber auch die höchste relative Feuchtig 
keit. Der Boden ist deshalb morgens meist sehr naß. Die aufgehende Sonne, deren Strahlen sich oft 
erst durch dicke Nebel hindurchzuarbeiten haben, muß zunächst den größten Teil ihrer Energie zur 
Verdunstung oder, wenn die Nachttemperaturen genügend tief waren, zum Auftauen verbrauchen.
	        
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