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Ans dom Archiv der Deutschen Seewart«. — 48. Bd. Nr. 6.
(Taf. 4) wurden die Tiefen gegenüber der Oberflächenausdehnung nicht überhöht. Die Werte wurden
direkt aus der Karte entnommen. Der Maßstab beträgt also hier bei der zeichnerischen Darstellung
für die Länge und die Tiefe 1 :100 000. Diese drei gezeichneten Profile spiegeln also die tatsächlichen
Verhältnisse wider. Sie zeigen sehr deutlich die stark konkave Beckenform. Dabei spielt die kritische
Tiefe überhaupt keine Rolle. Infolgedessen konnte sie bei der Zeichnung auch nicht zur Darstellung
kommen.
Damit sei die Untersuchung der Meeresteile und Binnenseen in Bezug auf ihre kritische Tiefe
abgeschlossen.
H. Zusammenfassung.
Zusammenfassend kann man sagen, daß die Erdkrümmung sich sehr stark auf den Verlauf der See
böden und noch mehr auf den Verlauf der Meeresboden auswirkt, und zwar in stärkerem Maße, als
man dies bisher angenommen hat. Aus fast allen großen gezeichneten Profilen von Meeresteilen ist zu
ersehen, daß von einer gewissen Entfernung vom Ufer ab die Wassermasse gleich mächtig bleibt, daß
also der Meeresboden der Oberfläche parallel läuft, oder mit anderen Worten, daß Wasserspiegel und
Meeresboden Bögen von zwei konzentrischen Kreisen sind, natürlich abgesehen von gewissen nicht ins
Gewicht fallenden Abweichungen. Ich möchte somit behaupten, daß jeder Meeresboden, wenn er eine
genügende Erstreckung besitzt, und falls nicht besondere Störungen vorliegen, mehr oder weniger stark
das Bestreben hat, diese Form einzunehmen, oder aber, daß er zum mindesten einer gegenüber der Erd
krümmung etwas abgeschwächten Wölbung zuneigt. Besonders schön zeigen diese Erscheinung die
Profile la, lb, lg, 4a, 6a, 6b, obgleich sie teilweise vom Ufer aus einen verhältnismäßig steilen Abfall
aufweisen.
Es ist aber kaum anzunehmen, daß die physikalischen und chemischen Verhältnisse der Seen und
Meere irgendwie von dem Umstand berührt werden, ob sie wirkliche Eintiefungen in die Erde bedeuten
oder nicht.
Es ist im vorstehenden gezeigt worden, wie die Gestalt einer Reihe von Meeres- und Seeböden in
Wirklichkeit aussieht. Ein allgemein als wannenförmig bezeichnetes Becken z. B. ist also überhaupt
keine Wanne im eigentlichen Sinne, da ja in den meisten Fällen bei der Längenausdehnung die Mitte
gegenüber den Rändern auf gewölbt ist. Daraus folgt, daß man genau genommen in diesem Falle von
einer Wannenform des Beckens nicht reden kann. Es ist nun zu fordern, daß bei Tiefenangaben die
Wasserbecken nicht als ungefähr quaderförmige Gebilde angesehen werden, wie dies bisher geschehen
ist, sondern daß die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Auch die Angaben über die
im Verhältnis zur Oberflächenausdehnung der Dicke eines Papieres zu vergleichende Schicht des Ozeans
und seiner Teile bedürfen wohl der Berichtigung. Es ist auch wünschenswert, daß die Begriffe der
kritischen Tiefe und des Tiefenquotienten allmählich in die Literatur Eingang finden, und daß in den
Hand- und Lehrbüchern neben der Pseudotiefe auch die kritische Tiefe und damit neben der
geophysikalisch nur eine untergeordnete Rolle spielenden absoluten Tiefe die wirklichen Abweichungen
vom Geoid vermerkt würden.