Skip to main content

Full text: 48, 1929/1930

Herbert Kestner: Die kritische Tiefe bei Meeresteileu and Binnenseen. 
o 
A. Das Wesen (1er kritischen Tiefe. 
Die bloßen Angaben von Tiefen in Meeren und Seen geben noch keinen Aufschluß über die wahre 
Gestalt des Bodens. Diese ist vielmehr abhängig von der geographischen Lage der Gewässer, das heißt 
von ihren Entfernungen vom Pol bzw. Äquator, und von der Ausdehnung ihrer Oberfläche. Die bloßen 
Tiefenangaben bezeichnen nichts weiter als die Abweichung des Bodens an der betreffenden Stelle vom 
Geoid, ohne dadurch auszudrücken, ob sie eine wirkliche Eintiefung oder Aushöhlung der Erde angeben. 
Den ersten Versuch einer exakten Auffassung der Tiefen hat Paul Putsche gemacht (Petermanns 
Mitteilungen 1911, I). Er verbindet zwei Uferpunkte des zu untersuchenden Meeres oder Sees und be 
zeichnet den vertikalen Unterschied zwischen dieser angenommenen Linie und der als ein Teil des 
Geoids gekrümmten Wasseroberfläche als kritische Tiefe. Diese Verbindungslinie durchdringt also 
die Erdoberfläche bzw. das Seebecken. Erreicht in einem Profil die wirkliche Tiefe des Sees oder Meeres 
diese Verbindungslinie der beiden Uferpunkte nicht, so ist der Seeboden natürlich konvex, geht er unter 
diese herunter, so ist er konkav. Die kritische Tiefe ist also weiter nichts als die Grenze zwischen 
Konvexität und Konkavität des Meeres- oder Seebodens. Diese Bezeichnung kann sich natürlich immer 
nur auf Profile beziehen, nicht auf die ganze Fläche des Meeres bzw. Sees, da es ja infolge der Gestalt 
der Erde nicht möglich ist, eine Ebene durch sämtliche Uferpunkte des Beckens zu legen. So muß 
man sich darauf beschränken, die Gestalt des Meeresbodens in einzelnen Profilen zu untersuchen. Es 
empfehlen sich dabei Schnitte durch die größte Längenerstreckung des Beckens, durch die Breite, die 
größte Tiefe und sonstige charakteristische Teile. 
Aus der Definition der kritischen Tiefe folgt, daß sie abhängig ist von der Oberflächenausdehnung 
des untersuchten Beckens. So ist es eine schon längst bekannte Tatsache, daß im Verhältnis zur Größe 
der Weltmeere ihre Tiefe gar nicht ins Gewicht fällt, obgleich sie teilweise, absolut genommen, recht 
beträchtliche Werte erreicht. Schon Krümmel sagt in seiner Ozeanographie I, daß der Boden der großen 
Meeresräume nicht etwa konkav verläuft, sondern „daß die nach außen hin konvexe, aufgewölbte 
Form durchaus die Regel ist“. Um dieses zu untersuchen, hat er den „kritischen Böschungswinkel“ 
eingefiihrt, dessen Berechnung aber einmal recht umständlich ist und der zudem kein richtiges Bild 
von der Struktur des Meeresbodens gibt. Außerdem stellt Putsche fest, daß die von Krümmel nach 
seiner Methode berechneten Werte nicht richtig sind. 
B. Die Formel von Putsche tür die kritische Tiefe. 
Putsche hat nun für die kritische Tiefe, die die tatsächlichen Verhältnisse recht anschaulich wieder 
gibt, eine einfache Formel abgeleitet. Sie lautet 
_ 
8 R 
Dabei ist x die kritische Tiefe, die man auch als die Pfeilhöhe des Bogens bezeichnet, b ist der Bogen, 
also die Oberflächenentfernung der beiden Endpunkte des Profils, und R der Erdradius. Er setzt dann 
U = 6370 ein und erhält rund 
1 _ J 1 
x = b- oder x = —b 2 , 
50000 50 
wodurch x in Metern gegeben wird, wenn man b in km einsetzt. Diese Formel ist aber reichlich unge 
nau. Putsche bezeichnet sie ja selbst als Näherungsformel. Die damit berechneten Werte sind daher
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.