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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 48. Bd. Kr. 4.
St. Maria reicht, dagegen nicht mehr bis Cap St. V icente. Die Stromlinien des Düsenstroms bleiben
offenbar noch lange zusammen, ehe sie fächerförmig auseinandertreten. Sodann fällt über die zweite,
untere Höhenstufe von 700—800 m Höhe die Luftströmung nach der atlantischen Seite wasserfallartig
oder in Form von Leewirbeln herab. Jedenfalls spricht die Beobachtung der sehr häufigen Fallböen auf
diesem Flugabschnitt für ein Überströmen der zweiten Stufe und ein Herabkommen der oberen Strömung
auf der Leeseite.
Hierbei ist allerdings die Frage zu erörtern, warum die Gebirge der ersten Stufe nicht allgemein
überströmt, sondern im wesentlichen umströmt werden. Zunächst ist es aber unwahrschein
lich, daß derartige 2000—3000 m hohe Gebirgszüge unter normalen Verhältnissen bei unteradiabatischem
Temperaturgefälle ohne weiteres überströmt werden, daß also auf ihrer Luvseite Stromlinien vom Meeres
spiegel bzw. vom Grunde der vorgelagerten Ebene bis über die Kammhöhe gehoben werden. Vielmehr
sprechen Beobachtungen aus dem Alpengebiet, aus den Pyrenäen, aus den norwegischen Randgebirgen
dafür, daß sie vielfach mindestens in den Flankengebieten u m strömt werden; in vielen Fällen ist das
vertikale Temperaturgefälle in der freien Atmosphäre entscheidend dafür, ob eine Hebung der Luft
teilchen über das Gebirge hinweg stattfindet. Bei unserem Beispiel müssen sodann die Reibungsverhält
nisse berücksichtigt werden: Über dem westlichen, auf die Gibraltarstraße zu gerichteten Arm des Mittel
meeres ist die Reibung nur gering, während an den Hängen der flankierenden Gebirge sehr große
virtuelle Reibung herrscht. Beim Strömen der Luft längs der Küste und der küstenparallelen Gebirgs
züge ist daher für die nach dem Lande zu gelegenen Stromlinien die Reibung größer, für die über die
offene See führenden Stromlinien dagegen wesentlich geringer, so daß innerhalb der gleichen Höhen
schicht ein Konvergieren nach der Achse des Meeresarmes als dem Gebiet geringster Reibung und
größter Geschwindigkeit stattfindet.
Abb. 3 sucht nach einem Modell, in dem die Sierra Nevada links, das marokkanische Gebirge rechts
oben, das 700—800 m hohe Bergland davor in Blockform vereinfacht wiedergegeben sind, den Strom
linienverlauf bei dem geschilderten Strömungssystem darzustellen. Auf dem Mittelmeer wird die
Strömung durch 5 ursprünglich abstandsgleiche Stromlinien, an den Hängen der Gebirge durch 2 weitere
gekennzeichnet, die sämtlich zusammengedrängt werden. Von den Stromlinien aus dem Niveau des
Mittelmeeres werden 3 durch die Gibraltarstraße gepreßt, während 2 unter Leewirbelbildung über das
Bergland geworfen werden.
Das Abflauen des Levante-Windes über Nacht dürfte darauf zurückzuführen sein, daß infolge nächt
licher Ausstrahlung die Hochflächen Spaniens und Marokkos erkalten und infolgedessen das nordost
südwestliche bzw. ostwestliche Luftdruckgefälle mit höherem Druck über dem westlichen Mittelmeer
becken gestört wird; tags dürften dagegen Temperatur- und damit Druckunterschiede zwischen dem
warmen Westzipfel des westlichen Mittelmeerbeckens und den genannten Ländern kaum vorhanden sein.
2. Flug Cadiz — Las Palmas.
Am 6. Juli wurde um 04.41 Uhr zum Fluge von Cadiz nach Las Palmas gestartet. Der Kurs wurde
nicht direkt auf Las Palmas abgesetzt, sondern auf Alegranza, eine kleine, am weitesten nach NE vor
geschobene Insel der Canaren-Gruppe. Auf diesem Fluge mußte in 55 Sm Entfernung Gap Cantin an
der Marokko-Küste passiert werden. Die Gesamtentfernung bis Las Palmas beträgt 705 Sm.
Der Wetterlage dieses Tages gab in diesem Teile des Atlantischen Ozeans ein Vorstoß des Azoren
hochs das Gepräge. Während in den ersten Julitagen vielfach Teiltiefs vor der Gibraltarstraße und der
Marokkoküste lagerten, stieß am 4. ein Hochdruckkeil von den Azoren her in Richtung auf die Biskaya
see vor, der sich in den nächsten Tagen langsam südwärts verlagerte. Der Flug fand somit am Südost-
Abhange des Mittelatlantikhochs statt, dessen Kern mit etwa 773 mm unmittelbar über den Azoren