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Prof. Dr. B. Schulz: Die Gezeiten au der flandrischen Küste und auf der unteren Schelde.
Ebbstromtrift südlich der Stroombank führte immer mehr von der Bank ab, die Richtung und Geschwin
digkeit ließen keine Beeinflussung durch diese mehr erkennen, die Richtung war N125°—115° W, die
größte Geschwindigkeit des Ebbstromes 2.7 Sm! Leider geriet der Schwimmkörper um 10*4 hV außer
Sicht, um 6h N desselben Tages wurde er bei Lombartzyde-Bad an Land getrieben.
Die Versetzung des Treibkörpers nach SW parallel der Küste war in diesem Falle ganz erheb
lich. Werden z. B. die Orte 6 h nach H.W. verglichen, so ergibt sich im Laufe einer Tide eine Ver=
setzung kanalwärts um 5% Sm, also um 0.46 Sm in einer Stunde.
An beiden Tagen lagerte über England hoher Druck, das Tiefdruckgebiet lag über Finnland.
Über der ganzen Nordsee, besonders in deren westlichem Teile, herrschten daher nördliche Winde, ln
Ostende wurde beobachtet: am 17. Juni 1916 6 h V : O 2, 11 h V : NN02, 4 h N : NNO 4 9hN :N03, 18. Juni
2 h V : NO 4, 6 h V : NNO 4, 11 h V : NNO 3, 4 li N : NNO 3, 9 h N : NNO 2.
Die mittleren Wasserstände waren an beiden Tagen 2.00 und 2.08 m. Der kanalwärts gerichtete
Reststrom findet also in den meteorologischen Verhältnissen seine Erklärung, es fand ein lebhafter
Wassertransport in genannter Richtung statt, bei dem, wie aus dem mittleren Wasserstande zu schließen
ist, kein Aufstau an der Küste stattfand, sondern die gesamten durch den Wind in den Bereich der
flämischen Bänke herangeführten Wassermassen wieder zum Abfluß gelangten mit einer Geschwindig
keit von fast / Sm in der Stunde.
7. Der Treibkörper G (vergl. Tafel 3) liefert ein besonders gutes Beispiel für das Vorhandensein
von quer zur Küste und den Sänden gerichteten Bewegungskomponenten. Die Aussetzung erfolgte am
19. Juni 1916 beim Mondalter 3 2*4 Sm querab vom Ostender Schloß, der Ebbstrom mit der maximalen
Geschwindigkeit von 1.8 Sm führte den Schwimmkörper nach N110° W, nach 1% Stunden aber kam er
schon aus dem Gesichtskreis, nach 24 Stunden (am 20. Juni) wurde er 0.9 Sm querab 'Mariakerke, also
südlich der Stroombank, wieder gesichtet und trieb mit dem Ebbstrom parallel der Küste, die maximale
Geschwindigkeit betrug 1.2 Sm, nach 1*4 Stunden kam er wieder aus Sicht. Am gleichen Tage 8 h N
wurde er 2 Sm querab vom Ostender Kurhaus wieder gesehen, mußte also, wahrscheinlich während des
Kenterns, die Stroombank abermals überquert haben. Am folgenden Tage 11 h V wurde G bei Breedene
an Land getrieben. — Leider konnte der Treibkörper immer nur kurze Strecken verfolgt werden, so
daß die Einzelheiten der Trift nicht feststellbar sind. Aus dem Vergleich der zu gleichen Tidenzeiten er
reichten Positionen geht hervor, daß der parallel der Küste gerichtete Reststrom ganz unbedeutend ge
wesen ist. Die Winde waren zur Beobachtungszeit nur schwach, am 19. Juni 11 h V : W 1, 4hN : WSW 2,
9 h N : N 3, am 20. Juni 2 h V : N 1, 6 h V : WNW 2, 11 h V : SW 2, 4 h N : SSW 2. Der mittlere Wasser
stand zeigte aber in diesen Tagen eine bemerkenswerte Veränderung. Für den 18. Juni galt der Wert
2.08 m, für die Dauer der Beobachtungen aber der mittlere Wert 2.25 in. Dieser Aufstau war offenbar
die Begleiterscheinung der durch die Verlagerung des Schwimmkörpers angedeuteten küstenwärts ge
richteten Bewegung.
8. Treibkörper H (vergl. Taf. 4) wurde am 26. Juni 1916 (MorfBalter 10) 2 h vor H.W. 2 Sm querab
vom Ostender Palast-Hotel, also nördlich der Stroombank, ausgesetzt. Der Flutstrom war nach N 40
bis 55° O gerichtet mit 1.8 Sm maximaler Geschwindigkeit. Während des Kenterns zum Ebbstrom,
2*4 Sm querab Den Haan über der Wenduyne Bank, war die Versetzung quer zur Bank beträchtlich
ganz im Gegensatz zu den durch die Treibkörper B und F ganz in der Nähe, also südlich der Bank
festgestellten Befunden. Der Ebbstrom war nach N125°—140" W, also dein Flutstrom entgegengesetzt,
gerichtet, die größte Geschwindigkeit betrug 2.0 Sm. Das Kentern zum Flutstrom erfolgte rechts herum,
wie es weiter westlich in gleicher Weise bei A und B stattgefunden hatte. — Wenn wir annehmen, daß
im Moment des Aussetzens des Treibkörpers das Kentern von Ebbe zur Flut gerade beendet war, ist
auch diesmal ein Schluß auf die resultierende Versetzung während einer Tide möglich, sie ist genau nach
Norden gerichtet und beträgt 0.9 Sm. Es hat also keine Verfrachtung kanalwärts stattgefunden, es ist im
Gegenteil der Transport durch den Flutstrom parallel der Küste noch um einen geringen Betrag größer
als durch den Ebbstrom in entgegengesetzter Richtung. Die Luftbewegung an diesem Tage war sehr
schwach, es wurde in Ostende beobachtet 6hV: Wl, 11 hV :SSWl, 4hN : W 3, 6hN :N 1, 9hN :OL