2 G Prof. Dr. B. Schulz:
t)lo Gezeiten ¡ui der flandrischen Küste und auf der unteren Schelde.
Zeebnigge stattfand. Der Flutstrom war nach ONO, der Ebbstrom nach WSW gerichtet. Das Drehen
des Stromes beim Kentern erfolgte, wie einwandfrei festgestellt werden konnte, links herum.
Die regelmäßige Änderung der Stromrichtung bedingt charakteristische Schwankungen des Salz
gehaltes. Der Flutstrom führt salzhaltigeres Wasser vom Gebiet des Kanals, der Ebbstrom salzarmeres
Wasser aus dem Mündungsbereich der Scheide heran. Infolgedessen tritt beim Kentern vom Flutstrom
zum Ebbstrom, also in dem Augenblick der stärksten Einwirkung des Flutstromes, der höchste, umge
kehrt beim Kentern vom Ebb- zum Flutstrom der niedrigste Salzgehalt auf. Die Extremwerte in den
einzelnen Tiden sind in folgender Tabelle zusammengestellt:
Tabelle 19.
Extremwerte des Salzgehaltes ( u /#u) zur Kenterungszeit bei Feuerschiff „Wielingen“
2.—3. April 1916 26.-27. April 1916
Oberfläche
Einzelwerte
Mittel
G r u n d
Einzelwerte
Mittel
Oberfläche
Einzelwerte
Mittel
G r n n d
Einzelwerte
Mittel
Höchste l Sa] ehalte
29.8;
31.3
30.6
31.1; 31.6; 31.4
31.4
29.8 ;
30.2
30.0
31.2;
30.9
31.0
Niedrigste |
28.4;
28.6
28.5
28.8: 28.7
28.8
28.7 ;
28.4
28.6
29.2:
28.9
29.0
Die Mittelwerte deuten an, daß die höchsten Salzgehaltswerte in Nähe der Springzeit höher, die
niedrigsten Salzgehaltswerte niedriger sind als zur Nippzeit. Dies ist auch zu erwarten, da bei größe
rer Geschwindigkeit des Flut- und Ebbstromes, die zur Springzeit vorhanden ist, dann auch
der Einfluß des Kanalwassers hezw. des Scheldewassers stärker in Erscheinung treten muß als zur
Nippzeit.
Bei den Wassertemperaturen läßt sich sowohl an der Oberfläche wie am Grunde eine tägliche
Periode erkennen, außerdem fällt auf, daß im Laufe von 3'A Wochen die gesamte Wassermasse um
etwa 3° wärmer geworden ist. 1 )
2. Treibkörperbeobachtungen vor der flandrischen Küste zwischen Nieuport und Wenduyne.
a. Method e.
Die Strombeobachtungen von einem verankerten Schiff aus haben den großen Vorteil, daß kon
tinuierliche Reihen erhalten werden. Über die regionalen Änderungen, insbesondere über die Beein
flussung der Strömungen durch wechselnde Tiefenverhältnisse wie in dem der flandrischen Küste vor
gelagerten, an Bänken reichen Meeresgebiet ist bei Benutzung verankerter Schiffe nur Aufschluß zu
erhalten, wenn eine größere Zahl von Fahrzeugen verwandt wird, wie es nach dem Kriege gelegentlich
in den Prielgebieten der deutschen Nordseeküste geschehen ist. An der flandrischen Küste war dieser
Weg ausgeschlossen, weil Fahrzeuge westlich der Ostender Einfahrt sich ohne feindliche Gegenwirkung
bei gutem Wetter nicht aufhalten konnten, außerdem die erforderlichen Fahrzeuge sowie Personal und
Instrumentarien nicht in so reichem Maße zur Verfügung standen.
Es wurde deshalb eine andere, außerdem zweckmäßigere Untersuchungsmethode gewählt, für
welche die Vorbedingungen an der flandrischen Küste in seltenem Maße gegeben waren. Die Auf steh
lung moderner Entfernungsmesser (Langbasi,Instrumente) und die genaue Ausmessung großer Basis
strecken bis über 2 km Länge für artilleristische Zwecke wies auf die Möglichkeit, die Lage von Treib
körpern in regelmäßigen Zeitabständen zu messen und dadurch Stromrichtung und -stärke zu bestim-
*) Es sei liier hingewiesen auf ilie hydrographischen Beobachtungen, die G. Gilson am 7./8. IX. 1906 auf der
Heede von Oslende während der Dauer einer Doppeltide ansgeführt hat. und welche ein gutes Beispiel für die
Änderung der hydrographischen Verhältnisse infolge der Gezeitenströme sind: Gustave Gilson, Exploration de la
mer sur les cotes de la Belgique. Première série. Recherches sur le milieu marin et ses variations au voisinage
de la cote belge: Mémoires du musée royal d'historié naturelle de Belgique t. IV. Bruxelles 1907. verg'l. das
ausführliche Referat von IV. Brennecke, Stündliche Änderungen der hydrographischen und biologischen Verhält
nisse auf der Reede von Ostende (7./8. September 1906), Annalen der Hydrographie usw. 1908. S. 116—124.