18 Aerologisehe u. Hydrographische Beobacht, der deutsch. Marinestat. wähl - , d. Kriegszeit 1914—1918. — 1920. Heft 1.
Auf der Nordseite eines über Frankreich und die Alpen ausgebreiteten Hochs befindlich und
unter dem Einfluß auf dem Atlantischen Ozean lagernden niederen I)rucks stehend, hat die flandrische
Küste am 30. November 1917 südwestliche Winde, die aber bei Annäherung des atlantischen Tiefs am
Abend des 30. November bereits nach SSW und am Morgen des 1. Dezember 1917 bei gleichzeitigem Auf
frischen nach S und mittags nach SSO drehen. Biszum Abend hat der Wind rechts gedreht bis NW und
Stärken bis über 30 m/see erreicht (s. folgende Tabelle und Figur 3 b).
Stündliche Windwerte zu Blankenberghe vom 1. bis 4. Dezember 1917.
12-1
m/sec.
1—2
m/sec.
2-3
m/sec.
3—4
m/sec.
4—5
m/sec.
5—6
m/sec.
6-7
m/sec.
7-8
m sec.
8—9
m/sec.
9—10
m/sec.
10
ml
-11
sec.
11—12
m/sec.
1.12.N
SSO 14.0
SSO
11.7
SSO 13.5
SSW 14.6
W 13.7
W 12.2
W 17.1
W 21.1
W 25.3
WNW22.8
NW
31.4
NW
29.6
2.12. V|
NW 25.8
NW
24.8
WNW23.0
WNW25.8
NW 29.9
WNW30.0
WNW31.2
NW 31.9
NW 32.2
NW 31.5
NW
31.7
NW
28.7
N
WNW27.6
NW
26.1
WNW22.2
WNW21.4
WNW23.4
WNW21.8
WNW26.2
WNW23.6
WNW26.0
WNW 29.2
NW
25.1
NW
26.2
3.12. V
NW 25.7
NW
25.8
NW 24.3
NW 25.7
WNW32.5
WNW30.3
NW 29.3
NW 33.5
NW 29.3
NW 29.6
NW
29.3
NW
27.2
N
NW 27.4
NW
25.8
WNW26.7
WNW26.5
WNW25.1
WNW24.0
WNW24.6
WNW25.0
WNW24.0
WNW22.1
NW
25.4
NW
30.7
4.12. V
NW 24.1
NW
18.3
NW 5.3
NW 9.2
WNW 4.4
Den 2. und 3. Dezember 1917 hält der WNW-undNW-Wind mit Stärken zwischen 20 und 30 m/sec
an, während das Tief von unter 730 mm etwa auf dem 60. Breitengrad bis zum Finnischen Meerbusen
nach Osten zieht.
Die Kurven des mittleren Windes während der von Tidestunde zu Tidestunde fortschreitenden
Doppeltiden zeigen das Linksdrehen und später Rechtsdrehen des Windes sowie das schnelle An
wachsen der Windstärke. Parallel geht die mittlere Wasserstandskurve (vergl. Tafel 2 Nr. 1). Das vor
übergehende Linksdrehen des Windes bis SSO bedingt Niveauerniedrigung. Nach dem Einsetzen der
Rechtsdrehung und ersten Auftreten der W-Winde aber steigt der Meeresspiegel, und zwar folgt er
dem Einfluß des Windes mit einer Verspätung von 2!4 bis 3 Stunden. Dieser Fall verdient wiederum
besondere Beachtung, weil vor dem Umspringen des Windes an der flandrischen Küste nach West nach
der Wetterlage über der ganzen Nordsee südliche bis südwestliche, also das Niveau des Wassers an der
flandrischen Küste nicht erhöhende Winde anzunehmen sind und die Phasenverschiebung der Wind-
und Wasserstandskurve ziemlich rein die Verspätung der Niveauschwankung des Meeres gegenüber
dem lokalen Winde darstellen dürfte.
Unter dem Einfluß der sich allmählich über die ganze Nordsee ausdehnenden NW- und N-Winde
(vergl. Figur 3 b) wird das Wasser an der flandrischen Küste bis zur größten überhaupt in dem zur Ver
fügung stehenden Zeitraum beobachteten Höhe des mittleren Wasser Standes von 3.53 m in Ostende und
3.67 m in Zeebrügge emporgetrieben. Am 3. Dezember, vormittags, wo an der flandrischen Küste der
NW-Wind zwar noch mit unverminderter Stärke herrscht, für die westliche Nordsee nach der Wetter
lage aber bereits Linksdrehen des Windes und Abflauen anzunehmen ist, bewirkt nur noch der über
den Hoofden wehende Wind Aufstau, infolgedessen senkt sich trotz des an der flandrischen Küste
unveränderten Windes der Wasserspiegel wieder, so daß die für Doppeltidendauer berechneten Mittel
werte des Wasserstandes am 2. Dezember von 4 h N an abnehmen.
c) Beispiel für eine Verspätung der Bewegung des Wasserspiegels von 5—7 Stunden.
Gelegentlich kann die Phasenverspätung erheblich größer werden. Hierfür bildet die Wetterlage
am 30./31. Oktober 1916 ein Beispiel. Ein ozeanisches, westlich Großbrittanien gelegenes und in seinen
Ausläufern sich bis in die Biscaya-See erstreckendes Tief bedingt am 30. Oktober 1916 über der flandri
schen Küste mäßige bis frische SSW-bis SSO-Winde. Infolge Vordringens dieses Tiefs nach Osten
dreht am 31. Oktober, morgens, der Wind an der flandrischen Küste nach SW. Die aufstauende Wirkung
dieses Windes beginnt sich erst 5 Stunden nach Einsetzen des SW bemerkbar zu machen. Diese unge-