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Full text: 47, 1920-1925 (1929)

52 Aerologischc u. hydrographische Beobachtung. d. dcutscdi. Marinestat. während der Kriegszeit 1914—1918. — lieft!. 
in beiden Fällen als fast adiabatisch, worauf ich auf ausgesprochene Vertikalbewegungen schloß. In ähn 
licher Weise müßte die Häufigkeitsverteilung der Gradienten bei aerologisch gleichen oder ähnlichen 
Zuständen und Wetterlagen untersucht werden. Das Material von der flandrischen Küste reicht dazu 
aber nicht aus. 
Die über adiabatischen Gradienten. Die Realität der überadiabatischen Gradienten 
scheint nunmehr nach den Arbeiten von Wiese, Schmidt, Exner u. a., schließlich auch der hier vor 
liegenden, nicht mehr zweifelhaft zu sein. An fast allen Stationen hat sich der mittlere Gradient um die 
Mittagszeit als überadiabatisch herausgestellt (Lindenberg, Hamburg, Breedene, Szentandras, Ruda u. a.). 
Auch die Temperaturmessungen vom Eiffelturm ergaben um Mittag einen Gradienten, der ganz er 
heblich über dem adiabatischen liegt. Die Realität dieser großen Gradienten ist mir niemals zweifel 
haft gewesen. Bereits im Jahre 1911 hatte ich gelegentlich einer Verarbeitung der Temperaturgradienten 
in Zyklonen und Antizyklonen eine Zusammenstellung der Fälle mit überadiabatischen Gradienten 
gemacht. Da mir aber von anderer Seite theoretische Bedenken gegen die Realität dieser Gradienten 
geltend gemacht wurden, habe ich die Bearbeitung liegen lassen. 
Völlig einwandfrei ist allerdings die Feststellung dieser Gradienten noch nicht. Man muß vor 
allem darauf hinweisen, daß bei einer nicht sorgfältigen Handhabung der Anfangseinstellung die Boden 
temperatur viel zu hoch erscheinen kann. Wenn der Drachenmeteorograph ungenügend ventiliert ist 
bei der Anfangsstellung (mindestens 4—6 ms), kommen Strahlungsfehler zu Stande. Ich habe den Ein 
druck, daß diese Fehlerquelle z. B. bei einigen der Kriegsdrachenstationen eine Rolle spielt; ich zweifle, 
daß immer eine hinreichende Ventilationsvorrichtung zur Verfügung stand. Wo dies nicht der Fall war, 
sind die Ausgangsmessungen nicht einwandfrei und können leicht überadiabatische Gradienten Vor 
täuschen. Den Apparat durch Schleudern auf die Lufttemperatur einzustellen, ist auch bedenklich. 
Ferner ist es nicht gleichgültig, in welcher Höhe über dem Boden die Anfangseinstellung gemacht 
ist, zum mindesten werden die Werte unvergleichbar. Einige Drachenstationen haben sogar in direkter 
Bodennähe die Einstellung gemacht. Es ist ein großer Unterschied, ob in wenigen cm Höhe über dem 
Boden, oder etwa in 1.5 m Höhe ausgegangen wird. Man sollte in der Aerologie gewissenhafter und 
methodischer vorgehen, und sich auf eine bestimmte Höhe über dem Boden einigen. 
Einwandfrei läßt sich die Frage der überadiabatischen Bodengradienten nur dadurch lösen, daß 
genau gleichzeitige Messungen in verschiedenen Höhen an einem Funkenturm oder auch bei Drachen 
aufstiegen ausgeführt werden. In der seitherigen Technik der Temperaturmessung mit Drachen ist diese 
Bedingung überhaupt niemals erfüllt gewesen. An Stelle der dazu ungeeigneten Meteorographen müßten 
hochempfindliche Widerstandsthermometer oder Thermoelemente benutzt werden. 
Die Temperatur Verhältnisse über St. Michel bei Brügge. 
Die Beobachtungen der Drachenstation bei Brügge, das 15 km landeinwärts gelegen ist, müssen 
gesondert betrachtet werden, da die Temperaturverhältnisse von denen der Küste erheblich abweichen. 
Die kontinentalere Lage bedingt einerseits im Sommer und am Tage eine stärkere Konvektion in den 
Bodenschichten, andererseits machen sich die Ausstrahlung und damit die Inversionen im Winter und in 
der Nacht bereits stärker geltend. Man wird sehen, daß sich die Differenzen der Temperaturverhältnisse 
zwischen Küste und Inland im wesentlichen darauf zurückführen lassen. Da von St. Michel nur die 
kürzere Beobachtung«reihe von Oktober 1917 bis September 1918 vorhanden ist, kann auf eine genauere 
Diskussion verzichtet werden. 
Die Temperaturgradienten der Bodenschicht. Tab. 24 und 25 enthalten die mitt 
leren Temperaturgradienten und Temperaturen am Morgen für die Mittel der Jahreszeiten und des Jahres. 
Man sieht, daß im Herbst und Winter in der I. Schicht (12—200 m) fast Isothermie herrscht, wie es die 
Regel ist für kontinentale Stationen. Die Isothermie reicht im Winter höher als über Breedene (bis 
500 m). Die Festlandlage spricht sich besonders darin aus, daß die II. Schicht (200—500 in) eine viel ge-
	        
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