Dr. \V. Peppier: Die Beobachtungen (lei- Marinedrachonstctionen Brcedene/Meor und St. Michel 1915—1918. 35
stunden zu kennen. Da ich aber bereits bei der Auswertung auf die Fehlerhaftigkeit der Abstiegstempe
raturen aufmerksam geworden war, ging ich zunächst an eine Vergleichung der Auf- und Abstiegs
gradienten. Das Ergebnis dieser Bearbeitung für die beiden bodennahen Schichten 5—200 m und 200
bis 500 m gibt Tab. 1.
Tabelle 1. Temperaturgradienten im Aufstieg und Abstieg in den Bodenschichten, (dt/100 m)
morgens mittags
Aufstieg
Abstieg
Aufstieg
Abstieg
Aufstieg
Abstieg
Aufstieg
Abstieg
Höhenstufe
5 200
5 200
200 500
200/500
5-200
5 200
200 500
200/500
Oktober - März
0.04
0.40
0.34
0.30
0.90
1.11
0.51
0.51
April - Septbr.
035
1.07
0.52
0.65
1.33
1.45
0.73
0.77
Jahr
0.19
0.73
0.43
0.47
1.11
1.28
0.62
0.64
Anmerkung. Die beste Methode, um Temperaturniessimgen aus der freien Atmosphäre zu erhalten, die eine
einwandfreie Ableitung der täglichen Temperaturperiode gestatten, ist die. die llergesell am Aeronautischen Obser
vatorium hei. Lindenberg seit einigen Jahren eingei'ührt hat. Dort werden die Aufstiegszeiten dauernd verschoben,
sodaß schließlich alle Tagesstunden gleichmäßig vertreten sind. Aßmann hat auch bereits vor Jahren diese Frage
mit mir wiederholt erörtert; damals konnte man sieh aber nicht entschließen, die fixen Terminaufstiege aufzugeben,
da dabei die Vorteile der Synopsis für den Wetterdienst verloren gehen.
Man ersieht sofort daraus, daß sowohl morgens wie mittags die Abstiegswerte erheblich größer
sind, als die Aufstiegswerte. Da die zwischen Aufstieg und Abstieg verstreichende mittlere Zeit nur
ca. 1 / Stunden für die nicht hohen Breedener Aufstiege beträgt, werden die Gradienten des Abstiegs
sofort Bedenken erregen. Das Anwachsen des Gradienten im Jahresmittel von 0.19 auf 0.78 zwischen
Auf- und Abstieg am Morgen ist sicher zu groß, wenn natürlich auch der Gradient in den Morgen
stunden rasch zunimmt. Um einen Anhalt über den quantitativen Betrag des Fehlers zu haben, sind
die Gradienten von Lindenberg für die Vormittagsstunden in Tab. 2 zustammengesteilt: *)
Tabelle 2. Temperaturgradienten in der Bodenschicht (122—500m) über Lindenberg im Jahresmittel.
5a 6a 7a 8a 9a 10a 11a 12a lp 2p
-0.14 -0.08 0.08 0.24 0.38 0.62 0.80 0.85 0.86 0.83
Danach beträgt die stündliche Änderung des Gradienten in der Bodenschicht (Erde bis 500 m) über
Lindenberg in den Morgenstunden nur etwas mehr als 0.1°, um die Mittagszeit <0.05°. Nach diesen
Vergleichswerten, — wobei noch zu berücksichtigen ist, daß das kontinentalere Lindenberg eine größere
Temperaturamplitude hat als Breedene, — kann man annehmen, daß die Abstiegsgradienten um ca. 0.1°
pro 100 m zu groß, also die Temperaturen in der Schicht bis ca. 500 m um ca. y 2 ° zu tief sind; auch am
Morgen ist der Fehler im selben Sinne recht beträchtlich. Er scheint sich im wesentlichen auf die
bodennächste Schicht (Erde - 200 m) zu beschränken, die zweite Schicht (200—500 m) zeigt nur un
bedeutende Differenzen zwischen Auf- und Abstieg. Daß man diese Fehler seither bei aerologischen
Bearbeitungen wenig beachtet hat, liegt daran, daß man gewöhnlich die Temperaturen nur nach 500 m -
Stufen auswertete, und bodennahe Schichten geringerer Mächtigkeit nicht untersuchte.
Wie bereits eingangs erwähnt, liegt die Ursache der Fehler in dem Nachhinken des Thermo
graphen und in dem Vorhandensein einer tiefen Wolkendecke. Es ist also zu schließen, daß die Ab
stiegstemperaturen in unmittelbarer Nähe des Bodens zur Untersuchung der täglichen Temperatur
periode ungeeignet sind. Ich habe daher in der folgenden Bearbeitung mich auf die Aufstiegswerte
beschränkt, die mit keinen Fehlern behaftet sind.
Man kann zur Ermittelung der Temperaturdifferenzen in der freien Atmosphäre zwischen den
beiden Aufstiegsterminen, zwei Wege einschlagen. Einmal können die mittleren Temperaturgradienten
1 ) Xach J. Heger: Täglicher Temperaturgailg in der freien Atmosphäre und doppelte Liiftdrueksehwanknng. Die
Arbeiten des kgl. Preuß. Aeron. Observ, bei Lindenberg. VIII. Band. S. 229—254.