Dr. W. Peppier: Die Beobachtungen der Marinedrachenstatkmen Breedene/Meer und St. Michel 1915—1918. 25
Pulsationen tritt meist beim Eintreten des Ballons in Inversionsscliicliten auf. Die Ursache sind sicher
in den meisten Fällen Luftwogen. Wenn man die Windgeschwindigkeit der Schicht kennt, und an
nimmt, daß sich die Wellen mit dieser fortpflanzen, kann man überschläglich die Wellenlänge berechnen.
In einem solchen an der Drachenstation Breedene beobachteten Falle betrug die Windgeschwindigkeit
5 ms, die Dauer der Pulsationen regelmäßig 8 Sekunden, wobei man zu einer Wellenlänge von 40 m käme.
Aber auch bei Windstille und sehr schwachem Wind beobachtet man diese Pulsationen des Dyna
mometers, manchmal in sehr kurzen Stößen. In einigen Fällen treten sie beim Auslassen bereits knapp
über dem Boden auf, werden dann stärker und reichen bis zu großen Höhen (beispielsweise 1000 m).
Hier handelt es sich um Schwingungen der Luft von großer vertikaler Mächtigkeit, die zu Stande
kommen, wenn eine stabile, fast ruhende Bodenschicht in großer Höhe von starkem Winde über
weht wird.
Von diesen regelmäßigen Pulsationen, die offenbar durch echte Luftwogen verursacht werden,
sind die kurzen unregelmäßigen Zugschwankungen zu unterscheiden, die man bei böigem Fesselballon
wetter beobachtet. Wetterlagen mit sogenannten „Sonnenböen“ liefern gute Beispiele dafür. Es werden
dabei auch besonders Vertikalbewegungen eine Rolle spielen, und es ist vielleicht möglich, aus dem
Betrag der Zugschwankungen die Größe der Vertikalbewegung abzuschätzen. Hierzu ein Beispiel:
Bei einem 30 m 3 Ballon entspricht eine Zugschwankung von 10 kg ungefähr einer Vertikalbewegung
von 2—3 ms, wenn man den Luftwiderstand der Fläche in Betracht zieht. Das unregelmäßige Ansteigen
des Zuges um 10—20 kg bei Sonnenböen dürfte daher auf recht beträchtliche Vertikalbewegungen hin-
weisen, das gelegentliche Zurückfallen des Zuges auf 0 kg, wobei der Draht schlaff wird und von der
Rolle zu springen droht, deutet ebenso auf beträchtliche absteigende Bewegungen hin.
Für den ersten Typus der Zugschwankungen
ein Beispiel:
Zwischen Erde und 800 m zeigt das Dynamometer
sehr regelmäßige Zugschwankungen an; der Zug
steigt bis 35 kg und sinkt bis 0 kg regelmäßig im
Verlauf von 57 Sekunden. Es ist bemerkenswert,
daß dabei die Pulsationen in der Bodenschicht er
folgen (Inversion bis ca. 300 m) und fast Windstille
bis zu der Maximalhöhe herrschte. Wolken waren
nicht vorhanden. Offenbar sind in diesem Falle
Luftwogen die Ursache der Zugpulsationen.
bildet der Fesselballonaufstieg vom 3. April 1916
;elballonanfxtieg:
9 10 a-9 10 a,
Bew. 0, co *
H
t°
R.-F.
w
Unten
11.0
86
Still
200
13.7
68
XE
500
13.4
63
NE
1000
12.5
50
Still
1500
10.8
50
Still
2000
9.4
45
St ill
2500
7.0
45
Still
Fesselballonaufstieg: 9 5 '-a-10 s ‘a, Bew. 1, cu
H
R.-F.
W
Unten
8.2
79
Still
500
4.4
70
EXE 3
1000
2.5
62
NE 4
1500
-0.1
76
NNE 5
2000
-2.3
78
NNE 7
Für den 2. Typus liefert der Fesselballonaufstieg vom 4. November 1915 ein Beispiel:
Zwischen 1000 und 1200 m heftige, unregelmäßige
Zugschwankungen; Zug wechselt in raschen Stößen
zwischen fast 0 und 40 kg. In diesem Falle ist eine
Temperaturschichtung nicht vorhanden. Die Zug
schwankungen sind wohl auf Vertikalbewegungen
im Cumulusniveau zurückzuführen.
Eine große Zahl von interessanten Einzelbeob
achtungen über Turbulenz konnten gelegentlich
der Drachenaufstiege gemacht werden. Im Nachfolgenden habe ich aus dem Tagebuche der Drachen
station die bemerkenswertesten Fälle von Turbulenz zusammengestellt. Es sind die extremsten Beispiele
von Zugschwankungen, die am Dynamometer beobachtet wurden, die weit über das im stürmischen
flandrischen Küstenklima gewohnte Maß hinausgingen. Besonders sind die Aufstiege ausgewählt, die
gut begrenzte Turbulenzschichten aufwiesen. (Bei den im Winter häufigen Stürmen ist die Böigkeit
natürlich immer groß.) Im Tagebuch wurde vornehmlich der mittlere Betrag der Zugschwankungen
notiert, nicht die absoluten Extreme; so sind auch die Angaben der Windgeschwindigkeit, z. B. 14—-18 ms,
als ungefähre mittlere Schwankung zu verstehen.