Dr. W. Peppier: Die Beobachtungen der Marmcdraehenstationen Brecdene/Meer und St. Michel 1915 1918,
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Reibung ist um so größer, je rascher die Windzunahme mit der Höhe und die Drehung erfolgt; das
ist aber am meisten in der Bodenschicht der Fall. Darin liegt die Veranlassung zu Böen und Wirbeln.
Meist hat die böige Bodenschicht eine scharfe obere Grenze, und die Drachen geraten darüber in ruhigere
Strömung. Zum Teil mag dies durch die eigenartigen Strömungsverhältnisse an der Küste bedingt sein 1 ),
aber auch bei den Drachenaufstiegen in Lindenberg konnte man diese scharfe obere Grenze der Turbu
lenzschicht oft beobachten.
II. Turbulenzschichten in größerer Höhe.
Die auffallendsten Beispiele für den Übergang von ruhiger zu turbulenter Strömung in größeren
Höhen liefern die beiden Drachenaufstiege vom 5. Februar 1916. Die Turbulenz prägte sich in
diesen Fällen in einer Eigentümlichkeit — eigentlich Mangelhaftigkeit — der Thermographenregi
strierung aus, die mir den Gedanken nahelegte, nach diesem zufällig gefundenen Prinzip eine Böig-
keitsregistrierung zu entwickeln. Zur Erklärung der Ei-scheinung bedarf es zunächst einiger Bemer
kungen über den benutzten Drachen-Registrierapparat. Derselbe war ein Apparat von C. Schneider-
Hamburg von der Form, die früher die Drachenstation Groß - Börstel verwendete. Der Thermometer
körper bestand bei diesem Instrument nicht wie bei den Marvin - Apparaten aus einem Stahllamellen
thermometer mit Ätherfüllung, sondern aus einem derben Bimetallthermometer, von der Form eines
spitzwinkligen, röhrenförmig umgebogenen und an der Basisseite befestigten Dreiecks. Dies Thermo
meter hatte die Eigenart, gelegentlich stark verbreiterte, unscharfe Registrierungen zu liefern, die darauf
hinwiesen, daß der ganze Thermometerkörper mitunter in stark vibrierende Bewegung geriet. Bei
weiterer Beobachtung dieser Eigentümlichkeit fand ich, daß diese Vibrationen oft plötzlich und schicht
weise in der Registrierung erschienen, ohne daß eine andere Ursache dafür gefunden werden konnte,
als der Bewegungszustand der Luft selber. Nähere Beobachtung ergab, daß der Thermometerkörper die
Vibrationen und Schwingungen des Windes mitmachte und registrierte. Auf diese Weise lieferte
die Registrierung in vielen Fällen auf denersten BlickeinMaßderTurhulenz,
ohne dabei die Zugschwankungen am Windendynamometer zu Rate ziehen
zu müssen. (Siehe dazu Figuren 10 und 11 auf Tafel 2.)
Für die geschilderte Eigenart der Registrierung geben die beiden Drachenaufstiege vom 5.
Februar 1916 ein gutes Beispiel. Zunächst seien die Auswertungen der Aufstiege mitgeteilt.
5. Febrnar 1916.
Drachenaufstieg: 8 SJ a-10 ä6 a, Bew. 3, cu, ei-st Drachenaufstieg: 1 ■ : '°!>-3 to p, Bew. 3-6, fr-cn, cu, ci
H
t°
U.-F.
W
H
R.-F.
■w
Unten
4.8
94
SSW 4-6
Unten
7.0
79
Wz S 4-7
200
5.2
85
SW 17
200
5.1
73
W 16
5«)
3.7
82
SW 15
500
1.5
92
WzX 18
1000
0.5
73
SW 15
1000
-1.7
60
Wz N 16-18
1500
-3.4
60
S Wz S 14
1500
-4.0
56
Wz X 14-16
2000
-6.0
48
SSW 14
1750
-5.6
50
Wz X 16
2150
-6.8
42
SSW 15
Wind oberhall
i 700 m turbulent,
Vibrationen im Thurmo
Bodeninversion
auf 5.4 J
in 170 m.
Luftbewegung in allen
gramm, sodali die
Kurve verwischt u
nd unscharf ist (sowohl
Höhen sehr ruhig,
fast keine
Zugschwankungen.
im Aufstieg wie im Abstieg!)
Beim Morgenaufstieg herrschte sehr stetige, turbulenzfreie Strömung in allen Höhen. So waren
fast keine Zugschwankungen am Dynamometer zu beobachten, wenn die Drachen stehen gelassen
wurden; die Temperaturregistrierung war dünn und scharf. Cumulusbewölkung war bereits vorhanden.
Gegen Nachmittag hatte sich die Witterung nicht sehr geändert, nur hatte der Wind rechts gedreht und
es war, abgesehen von der Bodenschicht, Abkühlung eingetreten. Die Basis der Cumuli konnte bei
700—800 m fetsgestellt werden, während ihre Köpfe nicht viel über 1000 m hinaufragten. Genau bei
700 in, also in dem Basisniveau der Cumuli, zeigte das Dynamometer starke Zugschwankungen, und die
Thermometerregistrierung zeigte eine in derselben Höhe beginnende Turbulenzschicht an; auch in größerer
Höhe blieb die Strömung turbulent, ganz besonders bei 1500 m. Wie die beiden Drachenaufstiege zeigen,
hatte die Windgeschwindigkeit seit dem Vormittag oberhalb 500 m lficht unbedeutend zugenommen.
x ) Siehe Heft 3 dieser Abhandlungen S. 21.