12 Aerologisclie u. Hydrographische Beobachtung, d. deutsch. Marinestat. während der Kriegszeit 1914—1918. — Heft 3.
Breedene auf gebaut; anfangs wurde die alte Großborsteler Winde noch benutzt, doch erhielt die Station
endlich im Februar 1918 eine seit langer Zeit bestellte Eulitz-Winde und einen stärkeren Motor, was
eine wesentliche Betriebsverbesserung bedeutete.
Die Arbeit der Drachenstation spielte sich genau wie in Breedene ab, sodaß eine Beschreibung
überflüssig ist und nur einige Neuerungen hervorgehoben zu werden brauchen:
Die Benutzung der Geschoßspreng wölken zur Windmessung. Bereits im
Jahre 1914 habe ich zur rohen Feststellung des Windes Visierungen von Geschoßsprengwolken bei
Fliegerbeschießungen benutzt, da ich beobachtete, daß die kleinen Wölkchen sich mehrere Minuten er
hielten. Der Einwurf, der mir gelegentlich dabei gemacht wurde, die Sprengwölkchen hätten noch einige
Zeit nach der Explosion die Geschoßgeschwindigkeit, ist hinfällig, da die Wolke erst nach der Explosion
entsteht. Um sicher zu gehen, wurde aber auch durch Doppelvisierungen festgestellt, daß eine
derartige Übertragung der Geschoßgeschwindigkeit nicht vorhanden ist. Auch zeigte sich dabei, daß
die Vertikalbewegung der Wolke, das Absinken der Rauchteilchen infolge der Schwere nicht meßbar
war. Die Wolke schwamm ebenso wie jede andere Wolke in der umgebenden Luft.
Die Wolke, resp. ihre Mitte, wurde einige Minuten mit dem Theodoliten anvisiert. Dann wurden
die einzelnen Beobachtungen, genau wie bei einem Piloten, unter Zugrundelegung der bei der
schießenden Batterie zu erfragenden ungefähren Höhe aufgetragen und ausgewertet. Vergleiche
der so gewonnenen Windwerte mit gleichzeitigen Pilotvisierungen ergaben keine Abweichungen.
Die Visierungen wurden anfangs nur gelegentlich bei Fliegerbeschießungen ausgeführt,
bis es gelang, die Fliegerabwehr dafür zu interessieren, die eigens eine Abwehr
batterie für die Visierungen zur Verfügung stellte. Die Batterie schoß dann auf Anforderung
mehrere Sprengwolken in verschiedene Höhen mit 1000 m Abstand und ca. 8 Minuten Zeitdistanz, meist
in 8, 4 und 6 km Höhe. Diese Visierungen lieferten oft Windmessungen, wenn es auf andere Weise nicht
möglich war, solche aus größerer Höhe zu erhalten, z. B. wenn der Himmel zu 5 /ю mit tiefen Wolken
bedeckt war; in diesem Falle geht der Pilot immer verloren, bevor er größere Höhen erreicht,
aber es gelingt oft, einen Sprengschuß an eine wolkenfreie Himmelsstelle zu setzen und die Rauchwolke
2—3 Minuten zu visieren. Die Höhe des Schusses ergibt sich aus den Schußtafeln des betreffenden Ge
schützes mit einer für praktische Zwecke ausreichenden Genauigkeit. Eine Zünderstreuung von 200
bis 300 m ergibt noch keinen wesentlichen Fehler. Leider wurde der weitere Ausbau dieser Methoden
durch den Rückzug aus Belgien verhindert. Die Fliegerabwehr plante die Aufstellung von Ge
schützen, die 12 000 m Maximalhöhe erreichten, sodaß es möglich gewesen wäre, Windmessungen aus
sehr großen Höhen zu erhalten, ein unberechenbarer Vorteil gegenüber den Pilotvisierungen, die bei
der schlechten Beschaffenheit des Pilotgummis niemals mehr große Höhen erreichten. Windmessungen
aus über 10 km Höhe wären aber für die Berücksichtigung des Windeinflusses bei den schweren Flach
bahngeschützen von großem Werte gewesen.
Eine Zeitlang hatte ich die Hoffnung, für die Messung der direkten Entfernung der Sprengwolken
und auch der Wolken die beim Militär gebräuchlichen Entfernungsmesser verwenden zu können, und
habe daher Versuche mit einem Invertgerät von 2 m Basis gemacht. Aber es gelang nur ausnahmsweise
auf solche veränderliche Gebilde, wie es die Wolken sind, einzustellen. Die starke Vergrößerung dieser
Entfernungsmesser löst die Objekte zu stark auf.
Mit zunehmender Verschlechterung der Piloten ging die Drachenstation immer mehr dazu über,
zur rohen Feststellung des Windes in großen Höhen, relative Messungen der Wolken, besondere
der Cirren, einznführen. Diese wurden in der Weise ausgeführt, daß ein bestimmter Wolkenpunkt in
den Sucher des Ballontheodoliten eingestellt und nun wie ein Ballon mehrere Minuten visiert wurde. Bei
der Veränderlichkeit der Wolken gelang dies nicht immer. Die Auswertung erfolgte wie die der Piloten
unter Voraussetzung einer bestimmten Höhe der Wolkenform. Die Methode ergab praktisch sehr brauch
bare Resultate, auf die später noch besonders eingegangen werden wird.
Die Zeiten, zu denen Drachenaufstiege stattfanden, in der Regel 2 am Tage, haben im allgemeinen
während der ganzen Zeit der Tätigkeit keine wesentlichen Veränderungen erfahren. Der Morgenaufstieg