6 Aerologisehe u. Hydrographische Beobachtung, d. deutsch. Marinestat. während der Kriegszeit 1914—1918. — Heft 3.
Strecke, ‘200 m vom Windenhause an gerechnet, durch ein Kabel, damit das Manövrieren mit den
Drachen nicht gestört werde. Das Kabel endete dicht beim Windenhause in einer Steckdose, die zum
Schutze gegen die Witterung mit einem Holzkasten verkleidet war. An die Dose wurde bei Beginn des
Aufstiegs ein flexibles Kabel angeschlossen. Im Windenhause befanden sich alle zum Aufstiege not
wendigen Geräte, sowie ein Schreibpult, die Beleuchtung für Nacht auf stiege und auf der dem Eingang
abgekehrten Seite die Ventilationsvorrichtung für die Meteorographen.
Die Anfangs- und Endeinstellung der Meteorographen, Ventilierung und Vergleichung mit dem
Aßmannschen Aspirationspsychrometer wurde mit Hülfe der in Skizze 1 (siehe Tafel) im Längsschnitt
dargestellten Vorrichtung ausgeführt. Ein Zimmerventilator V saugte die Luft in einen Blechtrichter T
mit zylindrischem Ansätze A von 50 mm Weite durch das Rohr des Meteorographen nach innen im
Sinne des auf der Rückseite des Windenhauses stellenden Windes. Da der kleine Motor nur für 220
Volt Spannung eingerichtet war, wurde er mit 2 Glühlampen hintereinandergeschaltet. Die dritte
Lampe diente beim Anlassen des Ventilators als Vorschaltwiderstand. Die Ventilationsgeschwindig
keit betrug, am Anemometer gemessen, etwa 6 ms, reichte also vollkommen aus. Die Ventilationsein
richtung befand sich 155 cm über dem Boden; auf diese Höhe, ca. 4.5 m über NN, beziehen sich also alle
Angaben der meteorologischen Ausgangswerte. Es ist notwendig, dies ausdrücklich zu betonen, da es natür
lich sehr wichtig ist für die Vergleichung der Werte verschiedener Stationen, genau die relative Höhe über
dem Boden zu kennen, in der die Anfangseinstellung ausgeführt ist. I>ieser Punkt ist bei anderen Drachen
stationen, wie ich mich überzeugt habe, teilweise nicht gebührend beachtet worden. Bei einigen fehlte
eine genügende Ventilation überhaupt, bei anderen wurde das Instrument sogar auf den Boden gelegt
und mit einem daneben gehaltenen Aspirationspsychrometer verglichen. Das ergibt natürlich für die
unterste Stufe viel zu große Temperatur- und Windgradienten, und macht die Weide mit denen anderer
Stationen unvergleichbar. Bei einer vergleichenden Bearbeitung müssen diese Unstimmigkeiten vor
allen Dingen geklärt werden.
Die Motorwinde konnte bereits Anfang September 1915 in Betrieb genommen werden. Ein
Nachteil der alten Großborsteler Winde, der sich bald bemerkbar machte, war der, daß die Draht
trommel nicht ausgewechselt werden konnte, wie es in Lindenberg der Fall ist. Bei den an der Küste
stark wechselnden Windstärken wäre es vorteilhaft gewesen, wenn etwa 2 Trommeln zur Verfügung
gestanden hätten, eine Sturmtrommel mit nur 0.8, 0.9 und 1.0 mm Draht, und eine Trommel mit 0.7,
0.8 und 0.9 mm Draht für normale Aufstiege. Anfangs wurde versucht, bei Sturm den mit einem
Karabinerhaken an den dickeren Draht angeschlossenen 0.6 und 0.7 mm Draht vor dem Aufstiege immer
auf eine Hülfsrolle abzuwickeln, um die Abreißgefahr zu verringern; dies Verfahren war aber zu zeit
raubend und hatte manche Störungen im Gefolge, sodaß schließlich nur mit Drähten von Dicken von
0.8 mm und mehr gearbeitet wurde. Bei der Schwierigkeit, die der Materialnachschub bereitete, war man
gezwungen, ständig den Sicherheitskoeffizienten zu erhöhen, was wiederum die erreichten Höhen nach
teilig beeinflußte. Die alte Winde hatte noch weitere Unzulänglichkeiten. Der Motor war für die auf
tretenden starken Drachenzüge zu schwach und erlaubte auch nur mit ca. 3 ms einzuholen, wodurch die
Vorteile eines raschen Hochwerfens der Drachen bei schwachem Winde verloren gingen. Ferner war
die Drahtaufnahmerolle zu klein, sodaß der Draht Drall bekam und Knicke, die bei Fesselballon
aufstiegen leicht zu Abreißern führten. Diesen Nachteil hatten auch andere Felddrachenwinden, die
ich gesehen habe. Es folgt daraus die Lehre, die Aufnahmerollen so groß wie irgend angängig
zu wählen.
An sonstigen Einrichtungen besaß die Drachenstation eine Werkstätte für Reparatur und Bau von
Drachen und Ballons, die in einer benachbarten Villa untergebracht war, wo sich auch das Quartier der
Station befand. Hier wurden in der ersten Zeit sowohl die Drachen wie die Ballons vollständig gebaut,
letztere nach einer von H. John ausgeführten Neuberechnung der Dimensionen. Da alle diese tech
nischen Arbeiten sich im Wesentlichen eng an die Technik des Aeronautischen Observatoriums Linden
berg anschlossen, sind weitere Bemerkungen darüber überflüssig. Ich will an dieser Stelle nur noch
besonders betonen, welche Bedeutung für die Kriegsaeroiogie Richard Aßmanns Beschreibung des Aero