4 Aerologische u. Hydrographische Beobachtung, d. deutsch. Marinestat. während der Kx-iegszeit 1914—1918. — Heft 3.
weise nicht aus, so daß heftige elektrische Schläge in der Winde häufig waren. So störend diese Er
scheinung für die Aufstiegstechnik war, so lehrreich war es, danach den jeweiligen elektrischen Span
nungszustand der unteren Luftschichten zu beobachten. Im Sommer 1915 benutzte ich diese elektrischen
Schläge geradezu mit Erfolg für die Wetter- besonders die Qewitterprognose; mit überraschender
Sicherheit folgte nämlich auf starke Entladungen in der Winde am Morgen, nachmittags Wolkenbildung,
Gewitter oder Böen, wofür ich zahlreiche Belege aus meinem Tagebuche anführen könnte. Ich erwähne
dies, um die Aufmerksamkeit auf diese meines Erachtens wichtigen Beziehungen zu lenken und viel
leicht an anderen Stationen dementsprechende Versuche mit einer isolierten Winde anzuregen. Es wäre
von Interesse, diese mit großen Schwankungen der Potentialdifferenz verbundenen Zustände messend
zu verfolgen.
Ich möchte an dieser Stelle einen interessanten Ballonabbrenner vom Morgen des 16. August 1915
schildern, der einen guten Beweis für die spezifische Ladung von Böenwolken liefert. Bei schwach-
windigem, zu Gewittern neigendem Wetter wurde ein Fesselballon hochgelassen, wobei in der Winde
außerordentlich heftige Schläge verspürt wurden. Als der Ballon ca. 600 m Höhe erreicht hatte, zog
plötzlich eine dunkle Böenwolke aus SSW auf. Da die Schläge in der Winde zu heftig waren, mußte
der Ballon schließlich stehen gelassen werden. Es wurde nun beobachtet, daß, genau in dem Augen
blicke des Eintauchens des Ballons in den Wolkenrand, der Ballon plötzlich Feuer fing und abbrannte,
ohne daß ein Donner oder eine hörbare elektrische Entladung bemerkt wurde.
Das Personal bestand anfangs nur aus dem Leiter der Station und Sergeant Bethge, der lange
Zeit an der Drachenstation Großborstel tätig gewesen war und daher den Drachenbetrieb gut kannte.
Weiteres eigenes Personal war zunächst nicht vorhanden. Es w r ar mit der in Breedene stationierten
Marinefesselballonabteilung vereinbart worden, daß diese das nötige Personal zur Bedienung der Hand
winde jeweils zur Verfügung stellen sollte. Das stellte sich aber als ein recht unglücklicher Notbehelf
heraus, da die bedienende Mannschaft dauernd wechselte und es so unmöglich war, ein Stammpersonal
heranzubilden. Es kam auch zu mancherlei Störun
gen, da öfters die Aufstiege abgebrochen werden
mußten, wenn die Luftschiffer militärisch ander
weitig benötigt wurden; auch störten sich Drachen
ballon und Drachen häufig gegenseitig, wobei die
Drachenstation den Kürzeren zog und die Aufstiege
einholen mußte. Ich erwähne dies, um zu zeigen, wie
unvorteilhaft es w'ar, eine ungenügend ausgerüstete
und nicht mit ausgebildeter Mannschaft versehene
Drachenstation ins Feld zu senden. Es dürfte an
deren Formationen, die nicht bereits vor dem Kriege
bestanden, sondern rasch improvisiert wmrden, ähn
lich ergangen sein. Erst in mühsamer Arbeit und
Übung konnte sicli die Station zu einer größeren
Vollkommenheit entwickeln in beständigem Kampf
mit den im Kriegsbetrieb naturgemäß liegenden
Schwierigkeiten. In dieser Hinsicht waren die später
voll ausgerüstet ins Feld gesandten anderen Kriegs
drachenstationen besser daran.
Mit diesem Handbetrieb konnten auf die Dauer
keine besonderen Leistungen erzielt werden, da in
dem stürmischen Küstenklima die Züge meist zu groß
wurden, und bei Erreichung größerer Höhen sich der
Aufstieg über viele Stunden ausdehnte. Es mußte
daher zur Einrichtung einer Station mit Motorbetrieb