Dr. W. Peppier: Die Beobachtungen der Mnrinedrachenstationen Breedene/Meer und St. -Michel in d. Jahr. 1915—1918. ¿
Á. Einleitung.
Das Bedürfnis nach einer Draehenstation an der Küste Flanderns für die militärischen Zwecke des
Marinekorps machte sich bereits im Anfänge des Jahres 1915 geltend; es war nötig, eine möglichst weit
nach Westen vorgeschobene aerologische Station einzurichten, die, — am äußersten Rande der Wetter
karte gelegen —, sowohl für die Wettervorhersage, wie auch für zahlreiche militärische Unternehmun
gen große Vorteile versprach. Besonders für das Flugwesen an der flandrischen Land- und Seefront,
die doi't stationierten Fesselballonabteilungen, die kriegerischen Maßnahmen auf See mit Torpedobooten
und Unterseebooten sowie mit Zeppelinen, machten eine möglichst genaue Erkundung der meteoro
logischen und serologischen Verhältnisse des Küstengebietes nötig. Bei der Eigenart des Küstenklimas,
vorzüglich den starken Bewölkungsverhältnissen, konnte naturgemäß mit Pilotballons nur ein Teil dieser
Aufgabe gelöst werden, und es mußten Fesselaufstiege ergänzend einsetzen. Später, als die Berück
sichtigung der Luftdichte und des Windes in der freien Atmosphäre für das artilleristische Schießen
größere Bedeutung erlangte, erhielt auch die Drachenstation steigenden Wert.
Auf Anregung von Herrn Dr. P. Perlewitz, des damaligen Vorstandes des Observatoriums des
Marinekorps zu Ostende, wurde mir von der Marine im Juni 1915 die Einrichtung und Leitung der
Drachenstation übertragen. Sie wurde dem damals schon bestehenden Observatorium Ostende an
gegliedert.
Lage der Station. Die Drachenstation wurde auf einer ebenen Weide einer Ferme hinter
dem kleinen Badeorte Breedene/Meer eingerichtet, ca. 400m vom inneren Rand der Dünen und 700m
vom Strande entfernt. Die genauen geographischen Koordinaten waren: r/ = 51° 14'35" ¿=2 59’. Die
Höhe über NN im Niveau der Weide betrug ca. 3 m. Die Küste streicht bei Breedene in der Richtung
E 33° N und ist mit schmalen Dünenzügen von einer zwischen 10 und 25 m wechselnden Höhe besetzt,
hinter denen landeinwärts sich ebenes Land ausdehnt, das fast völlig baumlos ist. Der Aufstiegsplatz
wäre für Drachenaufstiege nicht ungünstig gewesen, wenn nicht die in dieser Gegend zahlreichen
Wassergräben und häufigen Überschwemmungen in der kalten Jahreszeit das Austragen der Drachen
erschwert hätten. Auch verursachte die hinter den Dünen entlang laufende Hochspannung der Küsten
bahn manche Störungen, und führte zu wiederholten Havarien der Aufstiege.
Die Ausrüstung der Drachenstation war im Juni 1915, als ich sie übernahm, sehr dürftig und be
stand zur Hauptsache aus einer vom Aeronautischen Observatorium Lindenberg zusammengestellten Ein
richtung, die ich bereits im Jahre 1914 in Belgien benutzt hatte. Es waren anfangs nur 1 Handwinde,
.1 Ballon und 16 Drachen mit 2 Meteorographen vorhanden. Zunächst wurden alle Aufstiege mit der
Handwinde ausgeführt, die mit Stahltauen auf freiem Felde verankert war. Die Trommel hatte an
fangs 6000 m Draht: 2000 m von 0.6 mm, 2000 m von 0.7 mm und 2000 m von 0.8 mm Durchmesser. Da
sich aber herausstellte, daß der 0.6 mm - Draht für das stürmische Klima Flanderns ungeeignet war,
wurde später nur noch mit 0.7 und 0.8 mm gearbeitet. Es mußte auch wegen der Nähe des Meeres mit
einem möglichst großen Sicherheitskoeffizienten gerechnet werden, da Abreißer über See verloren gingen.
Zu Beginn waren 16 Drachen vorhanden: 6 Diamantdrachen von der Drachenstation Großborstel
und 10 Kasten- und Schirmdrachen vom Aeronautischen Observatorium Lindenberg. Die Diamant
drachen bewährten sich bei dem Handwindenbetriebe gut, da sie bei geringem Zuge gute Höhen er
reichten; als ihren besonderen Vorteil möchte ich hervorheben, daß sie wegen guter Seitenstabilisierung
leicht zu landen waren, wodurch in Anbetracht dessen, daß das Personal anfangs noch keine Übung
hatte, viel Bruch vermieden wurde. Später wurde jedoch allgemein zu Kasten- und Schirmdrachen über
gegangen, die für die Erreichung großer Höhen leistungsfähiger sind. Die Erdung der Winde war
durch ein Kupferkabel bewerkstelligt, reichte aber, trotzdem sie im Grundwasser endete, merkwürdiger