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Full text: 46, 1928/1929

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Aus dem Archiv der Deutschen See warte. — 46. Bd. Nr. 3. 
sie verhindern. Hier handelt es sich wahrscheinlich im Grunde gar nicht um zeitliche, sondern um ört 
liche Schwingungen. Denn die leichtere Flußwasserschicht an der Oberfläche keilt seewärts aus, während 
das Seewasser sich als Bodenschicht darunter schiebt, deren Mächtigkeit flußaufwärts immer kleiner 
wird. Die Grenze beider Wasserarten wird daher, im Längsschnitte des Flusses betrachtet, schräg 
liegen, s. die schematische Abb. 12. Mit der Flut verschiebt sich die Grenze flußaufwärts, mit der Ebbe 
pendelt sie wieder seewärts zurück. Es ist klar, daß ein in A ankerndes Schiff nur ein Auf- und Ab- 
Schwingen der Grenze wahrnehmen kann; freilich wird sich auch das Schiff selbst heben und senken, 
aber im allgemeinen wird die Hubgröße eine andere 
sein, da die Hebung der Grenzfläche von der Größe 
der wagerechten Verschiebung und von ihrem Nei 
gungswinkel abhängt. Natürlich ist die Darstellung 
der Abb. 22 nur eine schematische Abstraktion, und 
wegen der im Tidegebiete starken Durchmischung 
der Wasserarten ist statt der Grenzlinie in der Regel 
nur eine dichtere Scharung der Linien gleichen 
Salzgehalts, gleicher Temperatur usw. zu erwarten. 
Die Isothermen der Taf. 4, Nr. 72 lassen zwei Wellensysteme erkennen. Oberhalb einer Höhe von 
23 m über dem Boden, d. i. etwa in 5 m Tiefe unter Mittelwasser, sind die wellenförmigen Isothermen 
um eine halbe Periode gegen den Gang des Wasserstandes verschoben: die Flut bringt warmes, die Ebbe 
kaltes Oberflächenwasser. Unterhalb jener Tiefe verhält es sich umgekehrt: die Flut bringt kühles, die 
Ebbe wärmeres Wasser. Der letztere Gang ist verständlich; das Landwasser war im Juni 1924 besser 
durchwärmt als die unteren Schichten der Nordsee, und deshalb führte der Flutstrom kühleres Wasser. 
Es ist auf Grund der vorliegenden Beobachtungen nicht möglich, eine befriedigende Erklärung für 
die doppelten Wellen der Nr. 72 zu geben. Die Sprungschicht war deutlich ausgeprägt um Hochwasser; 
wegen der langen, ßstündigen Zwischenzeiten der Beobachtungen bleibt es allerdings unsicher, ob sie 
dann ihre höchste Lage hatte. Um so auffälliger ist ihr völliges Verschwinden um Niedrigwasser; ja, 
gerade in der Tiefe der schroffsten Übergänge, waren dann die Temperaturunterschiede am geringsten; 
die Sprungschicht wechselte mit homothermer Schichtung periodisch ab. Rührte dies von einem gleich 
zeitigen Zuflusse wärmeren Wassers in der Tiefe und kälteren an der Oberfläche her? Letzteres hätte 
doch, vom Lande kommend, wärmer sein sollen. Auch die hier nicht wiedergegebenen Salzgehalte 
führen zu einer Darstellung, die von der Tafel 4,Nr. 72, kaum abweicht: Scharfe Gegensätze zwischen 
salzarmem Oberflächen- und salzreichem Tiefenwaser um Hochwasser, Verschwinden der Gegensätze 
bei Niedrigwasser. Man wird bei künftigen Untersuchungen nicht umhin können, die Herkunft des 
Wassers rückwärts zu verfolgen, wie es etwa durch die Betrachtung von W. Krügers Treibanker 
bahnen nahegelegt wird 34 ). 
Kapitel IV: Warum ändert sich der Grezeitenstrom 
mit der Tiefenlage? 
S Iß. Zur Theorie der Gezeitenströme. 
Daß an allen Beobachtungsstellen, an denen dem Gezeitenstrome seine Richtung nicht durch be 
grenzende Ufer oder Bänke geradezu vorgeschrieben war, sich seine Richtung in der Tiefe änderte, kann 
als feststehendes Ergebnis gelten, zumal, wie oben ausgeführt (§ 13,2) auch aus anderen Gebieten eine 
al ) W. Krüger, Ztsclir. f. Bauwesen, Berlin 1911, S. 584—610, u. 451—463. Dazu Atlas, ülaf. 49—51. S. a. Fig. 18, 
bei Wen dicke, a. a. 0.. S. 43.
	        
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