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Full text: 46, 1928/1929

Dr. H. Thorade: Gezeitenuntersuchungen in der Deutschen Bucht der Nordsee. 
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offenen Deutschen Bucht wärmer war als an der Küste. Es muß dahingestellt bleiben, ob die etwas 
auffrischenden Westwinde etwa den Strahlungseinflüssen und dem Landklima entgegenarbeiteten. Jeden 
falls war der normale Zustand, daß nämlich das Küstenwasser im Sommer wärmer ist, als das Wasser 
der offenen See, innerhalb einer Woche in sein Gegenteil verkehrt worden. 
Wester Till (24.—25. VI., Taf. 4, Nr. 71, 72). Die Erwartung, daß im Mündungsgebiet zweier 
Ströme, der Elbe und der Weser, ausgesprochene Schichtung anzutreffen sein würde, bestätigte sich 
zum Teil; im Mittel zweier Tiden ergab sich nämlich: 
Temperatur Salzgehalt 
Strom kentert 
Strom 
kentert 
Tiefe 
von Flut 
von Ebbe 
von Flut 
von Ebbe 
auf Ebbe 
auf Flut 
auf Eobe 
auf Flut 
1 m 
15.02° 
14.04° 
(31.51 °/oo) 
(31.62 °/oo) 
5 m 
14.63° 
13.58° 
(31.16 %0) 
(31.54°/«)) 
10 m 
12.27° 
13.53° 
(32.27 %.) 
(32.24 °/oo) 
20 m 
11.64° 
12.68° 
(32.53 °/o.) 
(32.29 °/oo) 
1 m üb. 
Grund 11.62° 
12.43° 
(32.50 °/o«) 
(32.24 “/«n) 
Sonderbarerweise war die Schichtung am deutlichsten gegen Ende des Flutstroms, um sich nach 
her wieder völlig zu verwischen, also umgekehrt wie auf der Springtideposition (Taf. 4, Nr. 69). Der 
tägliche Wärmegang kann aus den schon oben angeführten Gründen nicht wohl dafür verantwortlich 
gemacht werden, denn das Kentern von Flut auf Ebbe wurde beobachtet zwischen 18 k und 19\ sowie 
zwischen 7 h und 8 h , das Kentern von Ebbe auf Flut gegen 13 h und etwa um 0 h . Um so mehr über 
rascht es, daß gerade der Flutstrom eine Erwärmung der oberflächlichen Schichten auf über 15°, der 
Ebbstrom eine Abkühlung auf 14° zur Folge hat. Während also auf der Springtideposition das wärmere 
Oberflächenwasser von Osten kam, kam es einige Tage darauf bei der Wester Till von Westen, und 
nach abermals einigen Tagen auf der Nipptideposition auch von Westen, war aber mehr als einen Grad 
kühler. In der Tiefe dagegen kam sowohl auf der Springtide- wie auf der Nipptideposition das wär 
mere Wasser mit der Flut, also von Westen, was dahin gedeutet werden kann, daß die sommerliche 
Erwärmung im Innern der Deutschen Bucht noch nicht weit bis über 10 m in die Tiefe eingedrungen 
war; bei der Wester Till aber kam in der Tiefe das wärmere Wasser von Osten, während es an der 
Oberfläche von Westen gekommen war. Die Klärung dieser verwickelten Verhältnisse muß späteren 
Untersuchungen überlassen bleiben, wobei besondere Aufmerksamkeit dem Watt zuzuwenden sein wird, 
das, wenn es trocken fällt, der Ein- und Ausstrahlung ausgesetzt ist und dann seine Temperatur dem 
von neuem auflaufenden Wasser mitteilt. 
Auch hier sind die geschilderten Grundzüge nicht etwa nur durch die Berechnung von Mittelwerten 
aus stark streuenden Beobachtungen entstanden, sondern die Einzelwerte bringen sie ebenso klar zum 
Ausdruck: Nr. 72 stellt den Wasserstand und die Temperatur als Funktion der Zeit für die Wester 
Till graphisch dar; die entsprechenden Darstellungen für die Spring- und Nipptideposition zeigen zum 
Teil abgeschwächt denselben Gang und mögen deshalb hier fortbleiben. Man könnte bei der Nr. 72 
an interne Wellen von Gezeitenperiode denken, wie sie neuerdings Helland-Hansen und Nan 
sen“) im Atlantischen Ozean fanden, und wie sie A. Defant“) eingehend beschrieben hat; die Er 
klärung dieser internen Gezeitenwellen im Ozean bereitet außerordentliche Schwierigkeiten und ist noch 
nicnt gelungen. 
Vor der Wester Till dagegen, im Mündungsgebiete großer Flüsse, muß man mit Bestimmtheit auf 
interne Schwankungen von Gezeitenperiode rechnen, ohne daß interne Wellen in Frage kommen; ja, 
wenn die internen Schwankungen nicht vorhanden wären, müßte man nach den Ursachen suchen, die 
32 ) Heiland-Hansen, B., u. Nansen, F.: The Eastern North Atlantic. Geofys. Publ. IV, 2, Oslo 1926, 
Seite 16 ff. 
M ) Defant, A.: Bericht über kurzperiodische Schwankungen von Temperatur und Salzgehalt in den obersten 
Wasserschichten des Ozeans. Ztschr. Ges. f. Erdk. Berlin 1927, Nr. 5/6, S. 286 ff.
	        
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