Dr. H. Thor ade: Gezeitenuntersuchungen in der Deutschen Bucht der Nordsee. gfc
Tiefe in Kauf nehmen können, ohne deshalb auf ein tatsächliches Nichtvorhandensein der betreffenden
Teiltide schließen zu müssen. Unter den einzelnen Nebentiden kann man unterscheiden zwischen der
täglichen Ungleichheit und den Obertiden.
DietäglicheUngleichheit, ausgedrückt durch die Teiltiden 3 X und 3 S , schwankte unregel
mäßig mit der Tiefe und mag deshalb nur durch die Mittelwerte 9 und 12% bzw. 6% gekennzeichnet sein.
Man wird aber, selbst unter Berücksichtigung des etwas wirren Verlaufs der « und ß, doch im Hinblick
auf die Größe der mittleren Kehler, kaum fehl gehen, wenn man an ihrer Größenordnung, d. i. wenigen
cm/sec, festhält, einem Betrage, der für die Schiffahrt ganz unwichtig ist, und der deshalb auch nicht
kartographisch dargestellt wurde. Doch ist im Auge zu behalten, daß der Beobachtungszeitraum für die
Entwicklung der Eintagstiden vielleicht nicht besonders günstig war. Auffällig ist der Unterschied
zwischen 3^ und 3 S ; während die 3, nicht viel mehr als ihr bloßes Vorhandensein verriet, lagen die
Zahlenwerte der T 3 näher beieinander und ergaben als Mittel beide Male 6%, was auf eine gewisse Regel
mäßigkeit deutet. Auch ist sie, wenn auch in den Gezeitenströmungen bisher nicht aufgefunden, doch
sonst in der Nordsee nicht unbekannt. Z. B. fand K. Hessen 81 ) für Ostende dritteltägige Teiltiden (M K,
2 M K, S 0 3 , S K) von zusammen 13.4 cm Hub, d. i. 3% des Springtidenhubs. Für Bremerhaven”) belaufen
sich M K und 2 M K auf zusammen 3.8 cm Hubhöhe, und für Hamburg 53 ) ergeben sich 11.2 cm als Summe
dreier dritteltägiger Teiltiden, d. i. 1% und 5%; nur letztere Zahl kommt den aus den Strömungen ge
fundenen 6%, nahe, doch ist sie insofern eine Ausnahme, als man in Hamburg, nicht v ? eit von der Tide
grenze eines Flusses, besonders große Obertiden erwarten muß.
Stärker sind die vierteltägigen und sechsteltägigen Schwankungen a 4 und a fl mit 13%
und 8—9% (wenn man einen ganz aus der Reihe fallenden Wert unterdrückt)-, sie sind es, die eine Verzer
rung der elliptischen Stromrose, wie sie einer reinen 3, zukommen würde, in ein mehr oder weniger un
symmetrisches Oval verursachen, und sie sind über die ganze Deusche Bucht verbreitet. So fand A. S c h u -
mach e r 54 ) die a 4 in den Strömungen westlich von Sylt mit 24% und 16% für die 5 m- und die 19 m-Tiefe
vertreten, wobei freilich die Haupttide sehr viel schwächer als auf der Spring- und Nipptideposition war;
im gleichzeitigen Tidenhub konnte Verf. 54 ) die 3 4 und 3 6 auf den äußeren nordfriesischen Inseln zu 10%
und 3—4% der 3, feststellen, während sie sich an der Festlandsküste, vermutlich unter der Einwirkung
des breiten Wattstreifens auf fast 20% und 9% erhöhten. Einen weiteren Vergleich ermöglichen die nach
Schur emann") für Helgoland und Bremerhaven sich ergebenden Werte von 5% bzw. 6% für M 4 und
2% bzw. 3% für M 6 : danach hat es den Anschein, als ob die Obertiden sich in den Strömungen erheblich
mehr bemerkbar machen als im Tidenhub.
4)DieRestströme (Taf. 3 u. 4, Nr. 53—62). Das S. 27 beschriebene Verfahren liefert, wie hier
noch einmal betont werden muß, auf einen Zeitraum von zwei Tiden angewendet, als Summe denselben
resultierenden Reststrom wie ältere Verfahren; denn es stellt die wirkliche Ortsveränderung wäh
rend dieses Zeitraums fest für ein Wasserteilchen, das, wenn nur der Gezeitenstrom herrschte,
an seinen Anfangsort zurückkehren sollte. Der hier eingeschlagene Weg sollte jedoch darüber hin
aus Aufschluß über die Schwankungen während dieses Zeitraums verschaffen. Da die graphische
Ausgleichung, bei der ja immer eine gewisse subjektive Schätzung obwaltet, so vorgenommen ist, daß
größere Schwankungen lieber vermieden als betont wurden, wird das von den Schwankungen des Rest
stroms gewonnene Bild eher zu einfach als zu verwickelt sein. Indem die Geschwindigkeitsvektoren für
jede dritte bürgerliche Stunde unter Hinzufügen des jeweiligen an Bord beobachteten Windes, fort-
!1 ) Vgl. z. B. K. Hessen, Über die Boergensehe Methode der harmonischen Analyse der Meeresgezeiten.
Ann. d. Hydr. 1920, S. 184.
22 ) P. Schureman, A mannal of the harmonlc analysis and prediotion of tides. Washington 1924, S. 412.
23 ) Mündliche Mitteilung von Herrn I)r. Rauschelbach.
24 ) Die Gezeiten der Sylter Gewässer. A. d. Areh. d. Deutschen Seewarte XLI, Nr. 2, Hamburg 1923.
I. A. Schumacher, Die Gezeitenströmungen, S. 20.
H. H.. Thorade, Die Schwankungen des Wass-erspiegels, S. 44.
25 ) Schureman, A mannal of the harmonic analysis etc., Washington 1924, S. 398.