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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 46. B<1. Nr. 3.
der Tiefe Drehstrom, und der Sachverhalt hlieb ungewiß. Auch die Ergebnisse Wendickes ls ) und der
internationalen Meeresforschung 18 ), die ebenfalls einen ausgesprochenen Unterschied zwischen oben und
unten beobachteten, erschienen in Frage gestellt durch die unerwartet hohen Beträge, die inzwischen für
die Deviation des E k m a n - M e r z - Strommessers auch noch in beträchtlichen Tiefen gefunden waren.
Dazu kam die Schwierigkeit, die Ursachen solcher Verschiedenheiten aufzufinden, zumal das Strombild
an manchen Orten noch viel verwickelter war. Z. B. führte die harmonische Analyse für die Strömung
bei Horns Riff in 2 l A m Tiefe auf eine mit dem Uhrzeiger durchlaufene Ellipse; mit zunehmender Tiefe
ergaben sich zuerst immer breitere, dann schmälere Ellipsen, und in 20 m Tiefe wurden diese gegen den
Uhrzeiger durchlaufen; in größeren Tiefen nahm die kleine Achse wieder zu, während der Umlaufssinn
(gegen den Uhrzeiger) unverändert blieb. Alle diese Gründe weckten Zweifel an der Richtigkeit der Be
obachtungen, und so herrschte seit den Sylter Strommessungen, bei denen die Deviation berücksichtigt
war, die Ansicht vor, daß die Gezeitenströme im großen und ganzen durch alle Tiefen bis nahe über dem
Boden homogen wären; nur am Boden erwiesen sie sich als schwächer, und — bemerkenswerterweise —
auch an der Oberfläche, während die höchste Geschwindigkeit einige Meter unterhalb der Oberfläche an
getroffen wurde, zwei Ergebnisse, die die Junibeobachtungen 1924 durchaus bestätigten. Daß die ober
flächlichen Strömungen sich als schwächer herausstellten als die in 5 m Tiefe, mag zum Teil von dem
S. 13 erörterten Einflüsse des Schiffskörpers herrühren. Es ist aber sehr wohl möglich, daß die freie
Grenzfläche des Wassers auf die unregelmäßigen, aus der Tiefe kommenden Wirbel so einwirkt, daß da
durch die Stromgeschwindigkeit, ähnlich wie in Flüssen, vermindert wird* 8 ).
Nach den Junibeobachtungen 1924 ist aber auch die Verschiedenheit der Stromrichtungen
in den verschiedenen Tiefen nicht wohl mehr zu bestreiten. Sie tritt noch deutlicher als in den Nr. 30—39,
Taf. 3, hervor, wenn man sich auf die Ellipsen der Haupttide M, beschränkt.
Spring- und Nipptideposition.
Haupttide 3;.,.
Halbachsen der Stromellipsen (stärkster und schwächster Strom, cm/sec)
Springzeit
Nippzeit
Tiefe
a
l<
b: ;i
in %
H
b : u
in %
lm
74.2
0.8
1
54.2
2.2
4
5 m
78.3
1.2
1
56.4
2.6
5
10 m
64.0
6.4
10
53.3
4.0
8
20 m
61.8
14.4
23
45.1
12.5
28
1 m üb. Grd.
37.7
9.5
25
29.2
12.8
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Konnte man bei den Unterschieden der Strömungen in verschiedener Tiefe bei den Beobachtungen
vor Langeoog (Nr. 26—29, Taf. 3) und vor der Wester Till (Nr. 30—35, Taf. 3) noch an örtliche Land
einflüsse als Ursachen denken, so fällt dieser Grund hier fort. Eine Erörterung der in Frage kommen
den Kräfte, die auf solche Verschiedenheiten hin wirken, und die den von Schumacher gefundenen Fall
geringer Unterschiede vor Sylt sowie den verschiedenen Drehsinn bei Horns Riff einschließen muß, sei
auf das nächste Kapitel verspant.
Hier sei nur die Tatsache der verschiedenen Stromrichtungen in verschiedenen Tiefenlagen festge
stellt, und ein naheliegender Einwand entkräftet: Man könnte darauf hinweisen, daß ja auch der
Jacobsen - Strommesser einen Richtungsfehler nicht ausschließt, da ja die Leine, besonders wenn der
Pendelkörper sich in größerer Tiefe befindet, auch durch die oberen Strömungen abgelenkt, und die
18 ) Hydrogr. u. Biol. Uni. a. d. deutschen Feuerschiffen der Nordsee, 191(1—1911, V. Inst. Meeresk, Berlin
N. F. A, 3, Berlin 1913, Taf. I; vgl. S. 42.
18 ) Bull. Hydrogr. 1910—1911, Cons. penn. expl. liier, Kopenhagen, Kontixi. Hydr. Beob., S. 54 ff.
**) Vgl. Ahlhorn, Turbulenz und Geschwindiglceitsverteilnng in Flußläufen. Phys, Ztsctar. Leipzig 1922, S. 60,