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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 46. Bd. Nr. 3.
Minute beobachteten Werte einschalten würde; im Ganzen betrachtet, hat das Schiff sich zuerst unter
der Wirkung des Windes nach W, dann nach O gedreht, und dieselbe Drehung findet sich wieder in
den Strombeobachtungen. Als richtig müssen in diesem Beispiele die Stromrichtungen angesehen werden,
die der in etwa 450 m Abstand an einer Hanftrosse ankernde Kutter beobachtete, und die kein solches
Hin- und Rückdrehen, sondern nur Fehler mehr zufälliger Art erkennen lassen. — Nach den ferneren
Beobachtungen war die Beeinflussung der Stromlinien in 5 m Tiefe bereits unmerklich.
© Boje
10
20 m
H
Störung durch Bewegungen des Schiffs. Sehr unliebsam kann ein anderer Fehler,
namentlich bei schwachen Strömen, anwachsen, der dadurch entsteht, daß das Schiff nicht still liegt,
sondern beim Gieren und Schwojen den Strommesser mitschleppt. R. W i 11 i n g hat bereits früher
diesem Fehler Aufmerksamkeit geschenkt und eine Methode angegeben, ihn zu beseitigen 7 ). Hier mag
nur aus einer größeren Reihe von Beispielen, die bei anderer Gelegenheit und nach anderer Methode
N gewonnen wurden, ein einzelnes herausgegriffen sein,
| das diesen Fehler beleuchtet. (Abb. 6.) Am 18. April
1925 ankerte der Reichsforschungsdampfer „Posei
don“ in der Nähe des Feuerschiffs „ölands Riff“ auf
46 m Tiefe, um die dort sehr schwachen Ströme zu
messen. Da die Schiffsbewegungen trotz des schwa
chen Windes (WSW 2) recht merklich waren, wurde
an möglichst kurzer Litze eine Boje in der Nähe
verankert, die nur wenig aus dem Wasser hervor
ragte und dem Winde wenig Angriffsfläche bot,
und die deshalb als fester Punkt angesehen wer
den konnte. Sie wurde während der Strommessung
jede Minute von der Brücke aus eingepeilt, und gleichzeitig wurde ibr Tiefenwinkel (unterhalb der Kimm)
gemessen. Letzterer lieferte nach leichter Rechnung den Abstand der Boje vom Schiffe hinreichend genau,
und so konnte der jeweilige Ort der Brückenmitte (der dicke Punkt in der Abb. 6) ermittelt werden.
Die gleichzeitige Ablesung des Schiffskurses gestattete, das Schiff selbst in den einzelnen Augenblicken
I, II, III, IV einzuzeichnen und den Weg A l A, A, A 4 zu ermitteln, längs dessen der Strommesser ge
schleppt wurde.
Die 3 Minuten dauernde Strombeobachtung (in 42 m Tiefe) lieferte Strom nach S 34° O 7,2 cm/sec,
also in 3 Min. eine Wasserversetzung von 12,9 m nach S 34° O; der Schleppweg A 4 A 4 ergab dagegen
eine Bewegung des Strommessers nach N 41° W um 19 m, d. i. eine scheinbare Stromversetzung S41° 019 m,
die von der ersten geometrisch (nach dem Satze vom Parallelogramm der Bewegungen) abzuziehen ist.
Zu dem Zwecke zerlegt man in Komponenten:
N
N
14,4 m
10,7 m
Strommesserbeobachtung S 34° O 12,9 m
„Schleppstrom“ S 41° 019 m
Es verbleibt als eigentlicher Strom N -f 3,7 m
= N 55° W 6,5 m in 3 Min. oder N 55° W 3,6 cm/sec.
O -f12,5 m
O + 7,2 m
O — 5,3 m,
Dieser letztere, also der wirkliche Strom, unterscheidet sich beträchtlich von der anfänglichen Ab
lesung S 34° O 7,2 cm/sec.
Zweierlei ist aus diesem Beispiele zu ersehen. Es ist vorgeschlagen worden, die Schiffsbewegungen
dadurch einflußlos zu machen, daß man die Strommessung immer bis zu einem Augenblicke fortsetzt,
in dem das Schiff wieder auf dem anfänglichen Kurse liegt, in der Meinung, daß es dann überhaupt
seine frühere Lage wieder einnimmt, und daß der Schleppweg eine geschlossene Schleife ist; in diesem
Falle würde sich der Schleppfehler bei der Mittelbildung wieder herausheben. Dem ist aber, wie die
') B. Witting, Etliches über Strommessung (Publ. Circ. Nr. 31, Kopenhagen 1903).