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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 45. Bd. Heft 1.
wetter, 5. Streekenwitterung, 6. Streckenklima, — 7. Flächenwetter, 8. Flächenwitterung, 9. Flächenklima. —
Die Größe der Fläche (Bezirke, Provinzen, Länder usw.) durch eine weitere Untereinteilung zu berück
sichtigen, erscheint mir nicht erforderlich; ist doch stets festgelegt, für welche Gebiete Angaben über
Wetter, Witterung oder Klima gelten, woraus auch die Größe dieser Gebiete ohne weiteren Zusatz er
sichtlich ist.
Bald nach der Herausgabe von Wetter-Vor her sagen machte sich das Bedürfnis nach ihrer Prüfung
geltend; also nach der Berechnung ihres „Erfolges”. Zunächst verglich man auch in Europa nach dem
Vorbild der Vereinigten Staaten von Nordamerika die einzelnen Vorhersagen mit dem tatsächlich nach
her eingetretenen Wetter und berechnete die Zahl der Trefferprozente für die einzelnen Witterungs
elemente. Die Prüfung der Vorhersagen nach den Teil-Vorhersagen war demnach eine Reihe von
Urteilen, deren jedes die Bedeutung eines Richterspruches hatte. Es bleibt ein dauerndes Verdienst
von W. K ö p p e n 1 ), daß er bereits am 18. November 1883 auf der ersten allgemeinen Versammlung der
Deutschen Meteorologischen Gesellschaft die Unzulässigkeit dieses PrüfungsVerfahrens nachgewiesen
hat. Es sagt nicht einmal darüber etwas aus, ob die Vorhersagen eine Begründung haben, oder ob
sie blindlings gegeben sind. Bei der Beurteilung der Erfolge und der Mißerfolge der Wetter-Vor
hersagen muß eben unbedingt auch der Zufall berücksichtigt werden.
Die Ergebnisse seiner Untersuchungen hat W. Koppen 4 5 ) später grundlegend zusammengefaßt.
Sein weiteres Verdienst bleibt die bei dieser Gelegenheit klar ausgesprochene Erkenntnis, daß etwaige
Formeln zur Berechnung von Erfolg und Güte der Wetterdienst-Vorhersagen
nur unter Berücksichtigung der Gesetze der Wahrscheinlichkeitsrechnung ab
geleitet werden können, und daß der Wert der Wetter-Vorhersagen nur nach
ihrer Güte, nicht aber nach ihrem Erfolg beurteilt werden darf. Hierbei ist nach
Köppen 6 ) unter Güte der Wetterdienst-Vorhersagen zu verstehen ein quantitatives Maß für den Ueber-
schuß des Erfolges der Wetter dienst-Vorher sagen über den der Blindlings-Vorher sagen; unter Blind
lings-Vorhersagen sind Vorhersagen zu verstehen, die keine besseren Ergebnisse liefern, als wenn sie
völlig blindlings, dem Zufall folgend aufgestellt wären. Auf beide Begriffe wird in dieser Arbeit noch
eingegangen werden. Ein Beispiel diene zur Veranschaulichung: In einer gewitterarmen Gegend treten
nach langjährigen Beobachtungen jährlich nur 4 Gewitter auf. Es werde ständig die Vorhersage „kein
Gewitter“ gegeben. Dann ist der Erfolg dieser Vorhersagen 100 (365—4): 365 = gleich rund 99 Prozent,
ein gewiß recht hoher Erfolg. Für die Güte der Wetter-Vorhersage beweist er aber nichts.
Als Voraussetzungen für die Prüfung von Wetterdienst-Vorhersagen bei Anwendung der Gesetze
der Wahrscheinlichkeitsrechnung gibt Köppen 7 ) an: 1. Ein ausreichend großes Material muß der Prüfung
unterzogen werden, damit das Gesetz der großen Zahlen zur Geltung kommt. — 2. Die Vorhersagen
müssen hinreichend klar gefaßt sein, um eine Ordnung derselben nach Gruppen zu gestatten, deren jede
durch eine genügende Zahl von Fällen vertreten ist. — Zu diesen beiden Voraussetzungen treten: 3. Die
Vorhersagen müssen hinreichend klar gefaßt sein, daß in jedem Einzelfall einwandfrei entschieden
werden kann, ob die Vorhersage völlig richtig, völlig falsch, oder zu welchem Teil sie richtig, und zu
welchem Teil sie falsch ist; hierzu gehört auch die genaue Festlegung, für welches Gebiet und für
welchen Zeitraum die Vorhersage gestellt war. 8 * ) — 4. Das Eintreffen oder Nichteintreffen der für be
stimmte Bezirke, also Flächen, gegebenen Vorhersagen ist nicht nur für einen, sondern möglichst für
mehrere Orte dieses Bezirks festzustellen. An sich müßten zwar die Vorhersagen mit dem tatsächlichen
Wetter im ganzen Bezirk verglichen werden, um den Flächen-Vorhersagen auch eine Flächen-
4 ) „Zeitschrift der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft“ 1884 S. 39 und 397.
5 ) Hann-Band der „Met. Ztschr.“ S. 347/356. Weiterhin wird diese wichtige Veröffentlichung kurz als „Köppen“
angeführt werden.
«) „Köppen". S. 349.
7 ) Siehe „Köppen“ S. 349.
8 ) Vgl. hierzu auch G. Oastens. Der Wetterdienst der Deutschen Seewarte im Wirtschaftsleben und in der
Rechtspflege in „Ann. d. Hydr. usw.“ Berlin, 1924. S. 129 ff.