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Full text: 45, 1928

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 45. Bd. Heft 3. 
Über der eiförmigen Gebirgs-Insel Madeira hatte sich bei wolkenlosem Himmel um die ersten 
Nachmittagsstunden des 8. Juli, in denen die Sonne nicht weit vom Zenith stand, ein Warmluftkörper 
gebildet, der wahrscheinlich ziemlich hoch hinauf ragte und in abgestumpfter Kegel-Gestalt zu denken 
ist, nicht stabil, sondern in lebendiger Gärung, wie etwa eine mächtige, unten breite Flamme. Die heiße 
Luft mußte um diese Tageszeit hochsteigen und über der Insel, besonders an der Grundfläche des 
Kegels, eine Druckerniedrigung verursachen, die wiederum die Ursache zu einer lokalen zyklonenartigen 
Erscheinung auf der Insel und zu einer zyklonalen Windzirkulation um die Insel werden mußte. 
Bild 12. 
Winde um Madaira am 11. Juni 1924, 
13 — 16 Uhr. 
Winde der allgemeinen Luftströmung. 
Durch die Insel erzeugte zyklonale Winde. 
| Resultierende Winde { berechnet. 
J l beobachtet. 
Die Überlagerung der beiden Windsysteme, der allgemeinen Nordostströmung und der lokalen 
Zyklonalströmung, ergab dann die beobachteten resultierenden Winde: Im Westen der Insel kam zu der 
allgemeinen Trift NO 4 die zyklonale von zunächst unbekannter Stärke hinzu und ergab die 
beobachtete resultierende NO 7—8, so daß die Wärmezyklone über der Insel etwa Stärke 
3—4 erzeugt haben muß. 
Im vorliegenden Fall wäre es von der Schiffsleitung navigatorisch günstiger gewesen, nicht so dicht 
an der Insel vorbeizusteuern oder an der Ostseite der Insel vorüberzufahren, da dort statt des Gegen 
windes von Stärke 4 sogar fast Windstille während etwa einer Fahrstunde angetroffen worden wäre. Für- 
Segler und Luftfahrzeuge sind solche Erwägungen über die beste meteorologische Horizontalnavigation 
naturgemäß von größerer wirtschaftlicher Bedeutung. Aber auch die Dampfer horizontal navigieren heute 
noch mit Vorteil 36 ). 
Es ist versucht worden, die beobachtete Windzunahme westlich von Madeira allein durch die Zu- 
sammendrängung der Stromlinien daselbst, infolge seitlicher Umströmvrng um die Insel, wie etwa an 
einer Hauskante, zu erklären 37 ). Ich kann mich aus zwei Gründen dieser Erklärung nicht anschließen. 
Die Insel ist gewiß ein Hindernis im gleichmäßigen laminaren Stromfelde und verändert die Strom 
linien nicht nur darüber sondern auch ringsherum, also im besonderen auch an den Seiten. Trotz der 
Steilheit der Insel ist aber der seitliche Anstiegswinkel kaum 10° (1,3 km : 8 km). Das Hindernis ist 
also nicht annähernd mit einer senkrechten Kante zu vergleichen, falls man nicht die Reibungshöhe 
über der Insel als Erhöhung des Inselhindernisses ansieht, was mir nicht unberech 
tigt scheint. Ein genaueres Studium hierüber fehlt noch. Aber trotz dieser Annahme wäre die Vorge 
fundene, so erhebliche Windzunahme dadurch nicht in der Hauptsache zu erklären. Wäre die rein 
*•) Vgl. Annalen der Hydr. 1928. S. 33 u. S. 73. 
- 7 ) Diese Ansichten vertrat in einem Vortrag im geophy&ikal. Colloquium H. Seilkopf am 3. 2. 1928.
	        
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