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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 45. Bd. Heft 3.
8. Die Wetterlage im Bereich der Ballonaufstiege.
Der lange und späte westeuropäische Winter 1923/24 mit seinen kalten östlichen Winden im März
und seinem trockenen, tags sonnigen Wetter begleitete die „Minden“ von ihrer Ausreise aus Hamburg
am 12. März noch bis zur Biskayasee. Erst an der iberischen Küste trafen wir auf eine andere Wetter
lage (vgl. die Wetterkarten vom 13. u. 15. 3. auf Tafel 2). Wir kamen Hort am 16. März in ein Tief
druckgebiet, dessen Kern weit im Westen im Ozean lag; es hatte sich bereits seit dem 5. März
mit vorübergehenden Verflachungen zwischen Spanien, Madeira und den Azoren teils
auch westlich dieser Inseln aufgehalten. /Regnerisches Wetter trat vor Leixos am 17. März ein. Je süd
licher wir dann kamen, umso mächtiger wurde die atlantische Dünung aus SW bis W, die das Tiefdruck
gebiet mit seinen starken westlichen Winden hier, wie uns die Wetterkarten später bestätigten, in wochen
langer Arbeit geschaffen hatte, und unter deren Folgen die Beobachtung unserer Pilotballone in bezug
auf Erreichung größerer Höhen litt.
Südlich Madeira ließ der Wind endlich nach, am 22./23. März (vgl. die Wetterkarte auf Tafel 2),
und drehte am folgenden Tag nach NO. Die starke westliche Dünung machte sich aber noch einen
vollen Tag im NO-Passat bei klarem Himmel sehr unangenehm für die Ballonaufstiege auf dem zu kleinen
schwankenden Schiff, das der Dünung wenig Widerstand leistete, bemerkbar. Nach Aussage der Schiffs
führung ist so lange und starke Westdünung im Nordost-Passat nur selten hier beobachtet worden. Auch
die Stromversetzung der „Minden“ war hier, statt nach West, nach Ost gerichtet. Erst weit südwestlich
der kanarischen Inseln trat ruhigere See ein. Der nun folgende wolkenlose Himmel hielt aber nur 2 Tage,
zwischen 24° und 16° Nordbreite an. Die höchsten beiden Aufstiege bis über 22 km fanden hier statt.
Es folgte eine Zone heiteren bis wolkigen Wetters mit fr-cu, die, je näher wir dem Äquator kamen, in
reine cu übergingen. In 1° Nordbreite gesellten sich str-cu und cu-ni dazu, die Gewitterneigung zeigten.
Es wurde trüber, 9 /io des Himmels waren meist bedeckt. Noch in 1° Südbreite wehte um 17 Uhr NNO-
Passat, frisch, dann folgten nachts Mallung, Windstille und drei kräftige Regengüsse von 30 mm Höhe
in 2° Südbreite. Am Vormittag des nächsten Tages (130. März) setzte SO ein, der aber bald wieder in zeit
weise frischen Südwestwind überging. Erst in der folgenden Nacht in 6° Südbreite kam der ständige SO-
Passat, der in den ersten Stunden aus SSO wehte, durch.
Trotzdem es schon Ende März war, hatten wir hier noch eine ziemlich winterlicheLageder
Klimazonen und des termischen Äquators. Dies steht offenbar im Zusammenhang mit dem
späten europäischen Winter und vor allem mit dem großen stationären Azoren-Madeira-Tief im südöst
lichen Nordatlantik im März. Es ist kaum anzugeben, welches die Ursachen und welches die Folgen die
ser Anomalien sind, und ob die Ursachen noch an einer anderen Stelle oder an verschiedenen Stellen zu
sammen zu suchen sind.
Im Südostpassat südlich von Pernambuco war der Himmel entsprechend der hier beginnenden
Regenzeit wolkig oder trübe. Fast täglich fiel etwas Regen. In Pernambuco selbst waren am 3. April
13 mm gefallen, während gleichzeitig in Rio de Janeiro 150 mm gemessen wurden, was seit vielen Jahren
nicht vorgekommen war.
Die Zone starker Regenfälle in Ostbrasilien südlich Natal erstreckt sich nicht sehr weit
in das Land hinein, etwa bis zur höchsten Gebirgsumrahmung, und grenzt dort unmittelbar an tropisches
Dürrenland, wo nur 400 bis 600 mm Regen (gegen 2000 an der Küste) im Jahr fallen. Öfter, wohl alle paar
Jahre, ist die Regenmenge noch geringer, nur V« der Menge, die im feuchten Nordbrasilien, dem wohl
bestdurchfeuchteten Tropenland der Erde, dem Amazonenstromgebiet, fallen; es entstehen dann starke
Dürren (Seccos), unter denen die Wirtschaft des Landes leidet; diese Dürren finden sich auffallender
weise in denselben Jahren auch in anderen Gegenden des Südostpassats auf unserer Erde und hängen
nach Quelle 12 ) mit der Verschiebung der großen stidhemispärischen Hochs zu
sammen. Das südatlantische Hoch spielt dort eine ähnliche Rolle wie bei uns das Azorenhoch, an ihm
wandern die Tiefs entlang.
i 2 ) Vgl. Quelle. Meteorolog. Zeitschr. 1924 S. 113—116.