Ans dem Archiv der Deutschem Seewarte. — Nr. 1. 1926.
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W. Mc Innés 1906 (The Pas-Split-Lake), W. Me Junes und O'Sullivan 1906 (Split-Lake—Churchill).
Für die Nelson-Linie wurde im wesentlichen auf frühere Forschungen, namentlich Beils, zurückge
griffen.
Als besonders schwierig stellte sieh nur die Überbrückung des Saskatchewan hei The Pas her
aus. Aber schon Bayne hatte 1884 hervorgehoben, diaß der feste Kalkstein der Flußufier gutes Material
für die nötigen Dämme und Pfeiler liefern könnte. Ln übrigen erwiesen sieb beide Strecken, abge
sehen von einigen Sumpf gebieten (zwischen Little-Churchill und Deer-River und am Nelsonunterlaufe)
als durchaus frei von irgendwelchen erheblichen bautechnischen Geländeschwierigkeiten. Dennoch hob
sich die Nelson- vor der Churchill-Linie hervor wegen etwas günstigerer Gefällst-erbäl tnis.se, besserer
Siedelungsmöglicbkeiten, geringerer Länge und Kosten. (640 gegen 760 km und 73 gegen 76 Millionen
Mark.)
Die Erörterungen und Untersuchungen zur Endhafenfrage ergaben für beide Häfen einerseits
wichtige Vorteile, andererseits schwer wiegende Nachteile: Hinsichtlich der Tiefen- und Zufahrtsver
hältnisse, des Ankergrundes und natürlichen Schutzes steht Churchill unstreitig hoch über Nelson.
Aber in bezug auf die für Großhandel notwendige Geräumigkeit und die Länge der Saison ist es mit
Nelson besser bestellt als mit Churchill. Dazu kommt, daß durch Menschenhand eher den Nachteilen
Nelsons (durch Baggerung, Bau von Schutzvorrichtungen, wie Molen etc.) als denen Churchills begeg
net werden kann. (Das felsige Becken ist nicht zu erweitern, die Eisbildung nicht hlnauszusehleben.)
Trotzdem hatte Churchill als der wirklich ausgezeichnete Naturhafen des Hudsonmeers während der
ganzen 2. Periode die meisten Stimmen für sich. Alle Seeleute sahen nur ihn als brauchbaren Hafen
der Zukunft an, während sie von York den bezeichnenden Ausdruck prägten: ’’The last place God Al-
migbty ever intended for a harbour.“ Auch Bell (1880), Bayne (1884), Nelson (1893), J. B. Tyrrell
(1895), SulMvan (1896), Mc Innés (1906) u. a. faßten Churchill ins Auge.
Auf die Lösung der Frage der Schiffbarkeit der Hudsonstraße verwandte die kanadische Regie-
rung während der 2. Periolde die größte Sorgfalt; begreiflicherweise, denn hier lagen die stärksten
Schwierigkeiten vor, an denen sich die Gegnerschaft stets von neuem entzündete. Es sollte einwand
freie Klarheit über Zeit und Länge der Schiffahrtspériode gewonnen werden, d. h. darüber, ob die
Hudsonstraße lange genug fahrbar ist, um eine so große Menge Getreide durehbefördern zu können,
daß wirklich eine Entlastung des Lorenzstromweges eintreten könne und kein Getreide mehr liegen und
dem Verberben überliefert werden müßte. Dazu waren genaue meteorologische Erkundungen
nötig. Denn die sonstigen natürlichen Verhältnisse der Hudsonstraße sind ja durchaus befriedigend:
die Tiefen betragen, da diese Straße die Erosionsrinne eines versenkten Flußtals darstellt, 200—600
Meter; die Ufer sind 300—450 m hoch, überall leicht erkennbar und bergen treffliche Hafenmöglioh-
keitien, der Schiffahrtskanal ist genügend breit, der Ankergrund gut, störende Inseln, hemmende Klip
pen fehlen, und die Strömungen und Gezeiten sind nur in Verbindung mit den Eismassen gefährlich.
Etwas südlicher gelegen, wäre also die Hudsonstraße geradezu eine ideale Schiffahrtsstraße!
Gründliche meteorologische Forschungsarbeit leisteten an erster Stelle die 3 kanadischen Regie-
rungsfährten unter der Leitung von R. N. Gordon in den Jahren 1884, 85 und 86; 1884 mit dem Segel
dampfer „Neptune“, 1885 und 86 mit dcan in arktischen Gewässern erprobten Neufundlanddampfer
„Alert“. Es wurden 3 Paare meteorologischer Beobachtungsstatkmisn in der Hudsonstraße errichtet:
eins am Eingänge vom Atlantischen Ozeane her: Port Burwell im Süden der Straße und Skynners
Cove im Nachvak-Inlet der Labradorküste; (die auf der Resolution-Insel geplante Station konnte wegen
widriger Witterung nicht gebaut werden); ein Paar in der Mitte der Straße: Ashe-Inlet auf der Big-
Insel im Norden und Stupart-Bay gegenüber im Süden; und eins am westlichen Ausgange: Boucher
ville auf der Nottingham-, Laperrière auf der Südostseite der Digges-Insel. 34 ) 1885 wurden die beob
achtenden Personen durch n-eue ersetzt, 1886 die Stationen außer Ashe-Inlet wieder aufgelöst. 35 ) Nach
34 ) Benennung der Stationen nach den leitenden Beobachtern.
35 ) Die kanadische Regierung kostete das ganze Unternehmen: 122 Mill. $ — 512 400 000 M. (Bull, de 1a Soe. de
Géogr. de Québec 1897, S. 3.)