Studienrat Dr. Margarete Gans: Das Hudsonmeer.
kleinen Binnensee angeschlossen: alles Züge, die bis zu einem gewissen Grade Hudsonmeer und
Ungavabucht tragen.
Alle Vermutungen nun, die auf Grund der Eintragung einer merkwürdigen nördlichen Bucht
eine frühere Entdeckung des Hudsonmeers als durch Henry Hudson glaubhaft machen wollen, werden
wiederum in Frage gestellt durch die Karte: The Principal Navigations, von Richard Hakluyt, London
1599. 25 ) Sie erhebt den Anspruch unbedingter Zuverlässigkeit mit den Worten an den Leser: „Thon
hast here a true hydrographical description of so much of the world as hath beene hitherto discovered
and is comrae to our knowledge.“ Auf ihr werden dargestellt: nur das Eingangsstück der Hudsonstraße
(den Fahrten Frobishers entsprechend?); eine Bucht, die in den Norden der Halbinsel Labrador ein
greift und offenbar die Ungavabucht sein soll, nur liegt sie etwas zu weit östlich; ein Süßwassersee im
Innern, Namens Tadouac, mit unbekannten Grenzen und einer nur angedeuteten Wasserverbindung
nach Norden.
Von der Glaubwürdigkeit der Hakluytkarte hängt nun im wesentlichen die Entscheidung in der
Entdeckerfrage des Hudsonmeers ab. Sie macht durchaus den Eindruck gründlicher, gewissenhafter
Arbeit. Nur kann leider, aus Mangel an einwandfreien Belegen, dieser Eindruck nicht streng wissen
schaftlich erhärtet werden, wie eben auch kein genauer Aufschluß darüber zu geben ist, auf welche
Weise die erwähnte merkwürdige Bucht auf die älteren Karten gekommen ist, ob durch authentische
Reiseberichte oder durch kartographische Phantasie und Willkür. So muß die letzte Entscheidung in
der Schwebe bleiben. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht wohl für spätere Entdeckung des Hud
sonmeers durch Henry Hudson. Daneben ist aber nicht zu leugnen, daß die merkwürdige Bucht auf
älteren Karten zu denken gibt, freilich nur zum Teil im Asherschen Sinne.
b) Entdeckungs- und Erforschungsgeschichte im einzelnen,
Entwicklung des Kartenbildes.
Die Entdeckung des Hudsonmeers im einzelnen und die eingehendere Erforschung seiner weiten
Räumlichkeit zieht sich über mehr als 300 Jahre hin: sie beginnt mit dem 3. Aug. 1010, dem Tage der
Einfahrt Hudsons, und ist heute noch nicht abgeschlossen.
Die Einteilung dieses langen Zeitraumes ist gegeben durch die Vorherrschaft verschiedener trei
bender Ideen und Umstände.
1.
Zuerst war es das Interesse an der Auffindung der nordwestlichen Durch*
fahrt b e z. der Verbindungsstraße nach der „Chinasee“. Es bestimmte den 1. Abschnitt
in der Entdeckungs- und Erforschungsgeschichte des Hudsonmeers 1610—1694, nämlich die Seefahrer:
Hudson (1610/11), Button (1612/13), Bylot und Baffin (1615), Munk (1619), Foxe und James (1631/82) und
stark auch die Jesuitenmissionare Albanei (1657/74), Märest (1694) und einige andere.
Die Seefahrer bis Foxe und James gewannen die ersten allgemeinen Kenntnisse der Küstenumrisse
und der Lage der wichtigsten Inseln des Hudsonmeers. Leider wurde durch die enge Einstellung der
Geister auf die Mutmaßungen der Zeit über die Lage der Nordwestpassage und durch die Tatsache,
daß der Forschereifer erlahmte, sobald westliches Festland die Weiterfahrt hinderte, die Genauigkeit
und Klarheit der ersten geographischen Beobachtungen über das Hudsonmeer oft stärker beeinträch
tigt, als in der Unvollkommenheit der Hilfsmittel jener Epoche begründet liegt.
Hudsons Beitrag zur Entdeckung und Erforschung des nach ihm benannten Meeres ist abzuleiten
aus den letzten Einträgen seines bereits am 3. Aug. 1610 jäh abbrechenden Tagebuchs, 26 ) der geogra- * 5
* 4 ) Kretschmer, Tafel XIX.
5 "’) Nordenskiöid (Engl.) Letzte Karte.
**) Hnkl. Soc. B<1. 27, S. 97. Warum Hudson von diesem Tage ab kein Tagebuch mehr geführt hat, oder
warum etwaige bis zu seiner Aussetzung reichende Niederschriften nicht mehr vorhanden sind, ist nicht aufzu
klären.