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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — Nr. 1. 1926.
Vom Dezember bis März weicht das ozeanische Element in den Schwankungsverhältnissen. Im
Januar und Februar erreicht das mittlere und im Dezember bis März das absolute Minimum einen über
raschenden Tiefstand, der mit wenigen Ausnahmen die Westküste und das Binnenland übertrifft. Die
absoluten Schwankungen sind von Dezember bis März fast durchweg am größten. Der April dagegen
bringt Great Whale-River wieder in eine etwas günstigere Lage.
Daß der Nordosten des Hudsonmeers keinerlei Winter-Milderung erfährt, lassen die wenigen
Temperatur-Angaben von Laperriere und Boucherville ahnen. Ihr Januarmittel (der Januar ist hier wie
auf der West-, nicht der Februar wie auf der Ostküste, der kälteste Monat!) beträgt — 33.0 bez.
— 32.4° C.; und die absoluten Maxima und Minima sind: — 22.2°, — 38.2° bez. — 23.8°, — 37.2° C.!
Die Mittelstellung von Fort Hope zwischen Moose und dem Innern (Winnipeg) kommt im Winter
nicht so weit zur Geltung wie im Sommer. Die mittleren Temperaturen sind durchgängig niedriger als
die von Moose und auch von Winnipeg, im Dezember und April auch niedriger als die von Chipewyan.
Nur in den Schwankungen steht der Ort bis zu einem gewissen Grade zwischen Moose und Winnipeg.
Alle die erwähnten geringen Milderungen sind aber für d'as Gesamtbild der Wintertemperatur am
Hudsonnieerc belanglos: Die Wintermittel sind außerordentlich niedrig. Auch ist der Unterschied
zwischen Ost- und Westküste normal. Die Wintermittel betragen: in Moose — 9.6, in York — 16.3, in
Churchill — 18.6, in Great Whale-River — 14.0° C. Im Binnenlande ergeben sich für Winnipeg — 7.3,
für Chipewyan — 12.2 und für Fort Simpson — 18.0° C. Das Winterklima des Hudsonmeers ist polar,
arktisch. Es schneidet ferner ins Klima Kanadas nicht so weit ein wie das Sommerklima.
Über die durch die Wintertemperatur bedingte Eisbildung im Hudsonmeere und in seinen Fluß
mündungen ist folgendes sicher bekannt: 166 ) Im Nordwesten beginnt die Eisbildung schon Anfang
September. Vom Wachsen der Eisdicke im Fullertonhafen von Mitte Oktober 1904 (10 cm) bis 13. Mai
1905 (165 cm), dem Höhepunkte der Eisbildung des betreffenden Jahres, berichtet Bernier in einer
Tabelle. 167 ) Um Corbett-Inlet wird die Eisbildung etwa vom September ab erwähnt. Von ungefähr Mitte
Oktober bedeckt sich das Ufer nördlich von Churchill ab auf eine lange Strecke mit festem Eise.
Der Churchill war nach Tyrrell 1893 am 6., 1894 am 10. November übergefroren. Nach einem von den
Angestellten der Hudsonbai-Gesellschaft geführten Register (Journals of Occurrences, bis 1824 zurück-
reiohend, 40mal die Öffnung und Schließung des Hafens verzeichnend) erwähnt J. B. Tyrrell, 168 ) daß
der Churchillhafen durchschnittlich vom 18. November bis 19. Juni geschlossen ist. Aim frühesten er
folgte die Schließung 1837: am 1. November; am spätesten 1861 und 1885: am 4. Dezember. Die Öffnung
konnte 1863 am frühesten: 1. Juni; 1866 am spätesten: 2. Juli erfolgen. Die Schiffahrtszeit dauert also
durchschnittlich nur 5 Monate. Die längste war 1846: 5 Monate 18 Tage, die kürzeste 1838: 4 Monate
8 Tage. Als mittlerer Termin der Eisbildung auf dem Nelson wird der 20. November angegeben. 169 ) Der
Eingang in den Nelson friert aber nach Lavsons genauen Forschungen 170 ) vor Ende des Jahres im all
gemeinen nicht zu, ja bleibt gelegentlich den ganzen Winter offen. Nähere Daten für die Zunahme
der Eigdioke gibt Beil für die Jahre 1876—78. Nach über 53 Jahre geführten Beobachtungs-Tabellen, die
die Hudsonbai-Gesellschaft 1880 der Regierung übergab, ist der mittlere Termin der Eisbildung auf
dem Hayes bei York auch der 20. November, der des Eisbruchs der 15. Mai. Das ergibt ein Schiffahrts
zeit von 6 Monaten. (Die entsprechenden Daten für Montreal sind 25. November und 1. Mai. Das er
gibt knapp 7 Monate Fahrzeit.) Uber die Jamesbai besteht nur die allgemeine Angabe, daß sie praktisch
genommen eine zusammenhängende Eisdecke erhält. 171 ) Für die Ostküste fehlen nähere Auskünfte. Im
allgemeinen scheint dort nach Low 172 ) die Schiffahrtszeit etwas früher zu beginnen. Das Hudsonmeer
165 ) Messungen von Wassertemperatureu im Winter sind nicht vorgenominen worden.
167 ) J. E. Bernier, Oruise of the Arctic 1908/09. Ottawa 1910, S. 341. Appendix II.
168 ) Mc Kenna 1908.
uo) Nelson, The New North-West. App. E.
17 °) Geogr. Journal, Bd. 43, 1914, S. 339/40.
171 ) Parizeau, Geogr. Journal, Bd. 43, 1914, S. 3311.
* 71 ) Geol. Surv. of Cnnada 1902, S. 38.