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Full text: 44, 1927

Studienrat Dr. Margarete Gans: Das Hudsonmeer. 
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Die, wenn auch noch nicht im einzelnen genau erforschte, so doch feststehende und charakteristi 
sche Tatsache, daß das Hudsonmeer infolge seiner Eisverhältnisse die Temperaturen seiner Küsten und 
seiner Umgebung herabdrückt, rechtfertigt, daß es als „Kältespeicher“ Nordamerikas bez. ein „kaltes 
Mittelmeer“ bezeichnet wird. 156 ) 
Der September ist am Hudsonmeere in der Hauptsache als des Sommers Ausklang zu betrachten. 
Die mittleren Temperaturen gehen zwar im Vergleich zum August um einige Grad zurück — auf der 
Westküste etwa 5, auf der Ostküste 2° — bewegen sich jedoch noch durchweg über Null und sind in 
Moose und York 4 bez. 5, in Churchill fast 8, in Great Whale River ungefähr 3° höher als die Mittel 
des Mai. Unter 0° sinken nur die absoluten Niedrigsttemperaturen, die von Churchill am beträcht 
lichsten. (— 6.2° C.) 
Aber in 4facher Hinsicht tritt eine Änderung ein, wodurch im Sept, auch der Umschwung zur 
winterlichen Periode eingeleitet wird: 
1. gewinnnt auch in Churchill die Gruppe westlicher Winde die Oberhand. Nordwinde mit eini 
gen vorausgehenden besonders heißen Tagen bereiten meist diesen Wechsel vor. 157 ) 
2. ist der Gegensatz zwischen West- und Ostküste nicht mehr einheitlich, die völlige Sonderstel 
lung Great Whale Rivers verschwindet. Denn Churchill hat dasselbe Monatsmittel wie Great Whale- 
River, und letzteres überholt ersteres in der mittleren und ( der absoluten Niedrigsttemperatur. (Chur 
chill 1.3 bez. — 6.2; Great Whale-River 2.6 bez. — 1.1° C.) 
3. schreitet die Annäherung an die Temperaturen der Binnenorte weiter fort. Dabei ist beson 
ders interessant, daß auch Great Whale-River in diesen Vorgang einbezogen wird, daß es dabei ge 
wissermaßen das bisher nicht Erreichte nachholt. Während nämlich der Unterschied zwischen Moose 
und Winnipeg, zwischen York und Chipewyan, zwischen Curchill und Fort Simpson sich nur um etwas 
verringert, so zwischen Great Whale-River einerseits und Chipewyan und Fort Simpson andrerseits 
um ungleich mehr. 
4. sinken von den Extremen der 4 Hudsonmeerstationen die Höchsttemperaturen durchgängig 
bedeutender als die Niedrigsttemperaturen. Dadurch werden die Schwankungen geringer als im August. 
Eine Ausnahme machen nur Moose und Churchill in der absoluten Niedrigsttemperatur, die stärker 
zurückgeht als die entsprechende Höchsttemperatur, wodurch sich die absolute Schwankung dem vor 
ausgehenden Monate gegenüber vergrößert. Im Binnenlande und im Nordosten (Laperriere und Boucher- 
ville) sind die Schwankungen im allgemeinen noch größer. 
Diese 4 Tatsachen im Temperaturgang des September führen zum Hauptproblem der winterlichen 
Wärmeverhältnisse des Hudsonmeers, zu der Frage: Ist ein mildernder Einfluß des die sommerliche 
Wärme länger haltenden Wasserkörpers auf die Temperaturen der Küsten während des Winters zu 
spüren, und in welchem Maße ist er wirksam? Daß das Hudsonmeer gegen Ende des Sommers bis zu 
einem gewissen Grade erwärmt und dadurch zu einem Wärmebecken wird, ist selbstverständlich. Das 
geht aus dem statistischen Material über die Sommerwärme an den Küsten hervor. Allerdings hat sich 
die Forscheraufmerksamkeit bis jetzt nur vereinzelt auf die Messung der Wassertemperaturen gerich 
tet. 158 ) Im Süßesten und Osten des Hudsonmeers, an der Küste von Rupert bis zu den Nastapoka-In- 
seln, maß Bell vom 11. Juli bis 21. Sept. 1877 die Wasserwärme und fand als durchschnittliche Tempera 
tur der See 11.7° C., des Flußwassers 16.1° C. Low 159 ) will die verhältnismäßig hohe Temperatur von 
11.7° C. nur auf das Wasser unmittelbar vor der Küste angewendet wissen (Seichtigkeit, Zustrom war 
men Flußwassers), keinesfalls auf das der ganzen Jamesbai; dieses sei eher kalt als warm. (Säumen 
*5«) Deckert, S. 37/38. 
Bell (On Glacial Phenomena in Canada. Bull. Geol. Soc. Am. 1890 I, S. 295) weist auf die Eiszeit hin: A laint 
indication that the regions east and west of Hudson’s Bay were fomier Centers of glacial dispersion, remains to 
the present day in the faet that the general isothermal lines appear to circle round them as the areas af greatest 
eold. 
1!l7 ) Vgl. auch Märest. Jes. Reh 66, S. 113. 
iss) Krümmel, Handbuch der Ozeanographie 1911, S. 473; „Die Hudsonbai ist uns nach ihrer Temper atu rschich- 
tung unbekannt.“ 
» M ) Low, The New Norüi-West I, Ungava, S. 17.
	        
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