Dr. Hein rieh Seilkopf: Grundzüge der Flugmeteorologie des Luftweges nach Ostasien.
Bl
lagernde Kaltluft nicht auf. Nach den Untersuchungen von v. Ficker 44 ) über den Föhn in den Alpen ist
vielmehr für einen Durchbruch des Föhn im Tal eine Voraussetzung, daß die Kaltluft abfließt. Im
Südteil des Baikalsees bewirkt aber das Druckgefälle auf der Vorderseite des stumibringemden Teil
tiefs südwestliche Luftströmung und damit ein Absaugen der unteren Kaltluft nach Nordosten, wo die
flachen Senken des Selenga- und Bargusintales ein leichtes Abfließen nach Osten und Nordosten er
möglichen. Die Stromlinienkarte von 21h. zeigt deutlich das Abfließen durch Selenga und Bargusin-
tal. In dem Temperaturverlauf von dem 25 km östlich vom See gelegenen Kabansk ist der Vorüber
gang der vom Baikal durch das Selengatal abgesaugten Kaltluft deutlich erkennbar, von 20—22h. sinkt
die Temperatur um 10°, um dann wieder anzusteigen. Bargusin ist um 21h. von den Kaltluftmassen
noch nicht erreicht, es hat noch 26,4°, am 5. um 7 h. jedoch nur 13,1°. Durch das Abfließen der
Kaltluft wird am Westufer vom See die tPrandt’sche Grenzschicht von Hängen
und Ufer ab gesaugt, wodurch die Stromlinien der einbrechenden NW-Strö-
mung dem Gelände und Seespiegel angeschmiegt werden.
Sehr bemerkenswert ist in der Registrierung von Irkutsk der plötzliche Temperaturanstieg um
20 h., als das Sturmfeld den Baikalsee erreicht hat. Es kann sich nicht um das Wegräumen einer etwa
im Angaratal noch liegenden flachen Kaltluftschieht handeln, denn die stürmischen Böen wehen bereits
seit 18 h. Ein horizontaler Zustrom wärmerer Luft ist in der einheitlichen Nordwestströmung ebenfalls
nicht anzunehmen, vielmehr dürfte die Temperaturstufe durch dynamische Erwär
mung ab sinkend er Luft entstanden sein: Das Sturmfeld hat vom Jenissei an
ein infolge der Berge und Wälder durch große Bodenreihung ausgezeichne
tes Gelände überquert. Am Baikalsee finden die über Onotzki-, Primorski-
gebirge und durch das Angaratal geströmten Kaltluftm aasen plötzlich eine
große Fläche sehr geringer Reibung vor sich, so daß eine starke Beschleuni
gung der Luftbewegung eintreten muß. Infolgedessen wird aus dem Angara
tal mehr Luft nach dem Baikal abfließen, als von Westen und Nordwesten in
den untersten, infolge der Reibung gebremsten Luftschichten nach strömen
kann. Als Ersatz sinkt Luft aus der Höhe herab, die sich adiabatisch erwär
men muß. Um 21h. hat Irtutsk bei 19,7° Lufttemperatur trotz des im Gebiet allgemeinen Einbruchs
feuchter, vielfach regenbringender Nordwestströmung nur 55 % relative Feuchtigkeit, was ebenfalls für
ein Absinken aus der Höhe spricht.
Im weiteren Verlauf strömen zum See Kaltluftmassen, die potentiell kälter sind als die Luft
massen in Front des Einbruchs. Der südliche Teil der Baikalsenke beginnt sich da
her wieder mit schwach bewegter Kaltluft zu füllen, wodurch das Absaugen
der Grenzschicht an den Hängen des W estufe rs nachläßt. Infolgedessen tre
ten nachts stellenweise Regenfälle auf.
Vergleicht man die 24stündigen Luftdruck- und Temperaturänderungen, so ist der Luftdruck
anstieg weit größer, als er durch den Zustrom kalter und dichter Luft hervorgerufen sein könnte. Ein
zelne Stationen des Baikalgebietes haben bei starkem Luftdruckanstieg nur geringe Temperaturände
rungen, teilweise sogar Temperaturzunahme.
4.
5.
ZNt
4.
5.
Ap
Kabansk
13.8
13.1
—0.7
751.0
760.5
+ 9.5
Ilimsk
11.3
14.2
+2.9
731.8
742.0
+ 10.2
44 ) H. v. Ficker, Über die Entstehung der Föhnwinde auf der Nordseite der Alpen. Meteorolog. Zeitschrift 1910,
S. 439 bis 451. v. Ficker, Bemerkungen über den Verlauf von Stromlinien im Gebirge, Bericht über d. Tätigkeit d.
preuß. meteorolog. Instituts i. J. 1921. Berlin 1925. S. 37 ff.