Dr. Heinrich Seilkopf: Grundzüge der Flugmeteoroiogie des Luftweges nach Ostasien.
26
Sturmreichster Monat ist demnach der Dezember, während der Mai durchschnittlich die wenigsten
Stürme hat. Die Stürme aus westlichen Richtungen überwiegen ganz bedeutend, Südwest, West- und
Nordweststürme umfassen 77%, Nordost-, Ost- bis Südoststürme hingegen nur 12 % aller Stürme.
Die Stürme dieses Küstenabsohnittes stehen daher in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle iül
Zusammenhang mit Tiefdruckgebieten, die auf drei allgemeinen Rahnen nach Nordosteuropa ziehen:
1, von der Nordsee über das Skagerak und über Südschweden nordostwärts nach Finnland oder süd-
ostwärts nach den baltischen Randstaaten, 2. von Nordnorwegen oder dem Eismeer her südostwärts
nach Finnland oder zum Weißen Meer, 3. vom Donau- und Weichselgebiet her nordnordostwärts zum
Rigaischen und Finnischen Meerhusen.
Über die Gründe für die größere Sturmhäufigkeit der östlichen Ostsee äußert sich Großmann
nicht. Maßgebend für sie ist, daß Kaltlufteinbrüche aus dem Polarbecken von
den norwegischen Gebirgen nach Süden abgelenkt werden 38 ) und über Lapp
land, Schweden und Finnland hinweg sich südwärts wenden, während die
warme S ü d w es ts t r ö miun g d es „Warmen Sektors“ der Tiefdruckgebiete über
Nord - und Ostsee einen Weg geringster Reibung vorgezeichnet findet. Das
Gebiet der östlichen Ostsee ist daher für eine Verschärfung der Tempera
turgegensätze in der Umgebung der Tiefdruckgebiete besonders günstig ge
legen, so daß dort die Tiefdruckgebiete neue Energie gewinnen und sich ver
tiefen können.
2. Der Baikalsee.
Als ein weiteres Gebiet mit häufig sehr starker Luftbewegung erweist sich der Baikalsee und
seine Umgehung. Die weite, in der Länge nahezu 700 km messende, an der breitesten Stelle 74 km
breite Wasserfläche, die zwischen Gebirgen eingekeilt liegt-, schafft hierfür günstige Vorbedingungen.
Namentlich an der südlichen Hälfte des Baikal sind die Höhenunterschiede ganz bedeutend. Während
der Seespiegel 460 m über dem Meere liegt, erreicht das im Südosten parallel zu ihm streichende Cha-
mardabangebirge 2100 m. Die nordwestlich von ihm sich hinziehenden parallelen Rücken des Primors-
kigebirges und des Onotzkigebirges kommen bis auf 1800 m über dem Meere. Und im Süden ziehen sich
die Ketten des Ostsajan längs, die im Munko Sardyk mit 3490 m in nur 200 km Entfernung vom
Baikal gipfeln. Hinzu treten im Sommer und Winter außerordentlich große Temperaturunterschiede
zwischen dem See und dem Lande. Im Sommer bleibt der See, dessen Süd teil erst Anfang Mai, dessen
Nordteil gar erst Ende Mai auftaut, gegenüber dem stark erwärmten asiatischen Binnenlande kalt, und
das Luftbecken über dem See ist in den untersten Schichten mit Kaltluft ungefüllt. Umgekehrt ist im
Winter infolge der langsamen Wärmeabgabe des Wassers der See gegenüber dem rasch und tief er
kaltenden Lande warm. Zur näheren Erläuterung sind im Folgenden die Monatstemperaturen der
Wasseroberfläche des Sees von Maritui 30 ) und der Luft von einer Station am See (Listwenitschnoc),
von dem vom See noch beeinflußten Irkutsk, dem kaum beeinflußten Werchne Udinsk und der Paß
station Werehniaja Miohioha gegeben (die Lufttemperaturen nach Johannsen 40 ).
Monat
I
II
III
IV
V
VI
Wasser Maritui . . .
o.l
0.1
0.2
0.5
2.4
3.8
Listwenitschnoe. . .
-15.4
-15.7
-10.1
-1.0
5.0
10.1
Irkutsk
-19.6
-18.1
-10.7
0.4
8.2
15.9
Werchne Udinsk . .
-25.7
-21.2
-11.8
0.5
8.5
17.0
W. Michicha ....
-17.3
-16.2
-11.7
-3.5
3.2
12.5
Über die Ablenkung von Kaltlufteinbrüchen
an Gebirgen
allgemein
siehe F,
M. Exner,
Dynamische
Urologie. 2. Aufl., Wien 1925, S. 320 ll.
S. 332—387.
*») W. B. Schostakowi tsch, Verhandlungen des Magnet, u. Meteorolog. Observatoriums zu Irkutsk, Nr. 1, Der
Baikal, S. 21—24.
“) H. Johansen, Der Baikalsee, Mitteilung d. geograph. Gesellschaft München, 1925, S. 97.