Prof. Dr. Gustav Schwalbe: Ueber Eisbildung und Eisabgang usw.
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Nebenflüsse: Von den Nebenflüssen macht sich bei der Glatzer Neiße das starke Gefälle
bemerkbar, während auf Warthe und Netze, besonders auf der Warthe die Eisverhältnisse ungünstiger
sind, als auf der Oder selbst.
4, Elbe.
Die Eisverhältnisse der Elbe sind in der im Literaturverzeichnis aufgeführten Abhandlung von
Thielemann ausführlich besprochen worden, weshalb auf diese Arbeit an dieser Stelle verwiesen werden
muß. Aus nachstehender Uebersioht der mittleren Januartemperaturen im Elbegebiet, die sich für
das Deutsche Reich auf die Periode 1881 bis 1910, für Böhmen auf die Periode 1891 bis 1910 beziehen,
geht hervor, daß das Elbegebiet eine vermittelnde Stellung zwischen dem Osten und Westen Deutsch
lands einnimmt und daß innerhalb des Elbegebietes dieser Lage entsprechend die Unterschiede zwischen
den kontinentalen und maritimer gelegenen Strichen besonders groß sind:
Hamburg .
. . — 0.3
Berlin .
. . . — 1.2
Deutschbrod
. — 3.3
Lüneburg .
. . — 0.4
Torgau.
. . . — 0.9
Budweis
. — 3.3
Magdeburg
. . — 0.4
Dresden
. . . — 0.3
Krumau
. — 3.4
Halle a. S.
. . — 0.5
Aussig .
. . . — 2.2
Eger
. — 3.3
Dessau .
. . — 0.6
Prag
. . . — 1.9
Schneekoppe .
. — 7.3
Es sei daher folgendes hervor gehoben:
Hauptf luß: Man zählt 30 bis 35 Tage mit Eis und 1 bis 6Tage mitEisstand. Das erste Eis zeigt
sich meist erst gegen Weihnachten, es verschwindet um Mitte Februar. In extremen Fällen kann
schon vor Mitte November Eis auf treten; zuweilen verschwindet es erst nach Mitte März. Eisstand
ist keine Jahr für Jahr auf tretende Erscheinung, ist aber wiederholt zwischen Anfang Dezember und
Anfang März beobachtet worden. Im Tidegebiet selbst ist er selten, oberhalb desselben weit häufiger.
N ebenstlüsse: Die Moldau in Böhmen zeigt sehr viel ungünstigere Verhältnisse, als die Elbe
selbst, was mit dem kontinentalen Klima Zusammenhängen dürfte. Saale, schwarze Elster und Mulde
haben merklich weniger Eis als die Elbe selbst, während die Havel bei Spandau und die Spree bei
Erkner oberhalb Berlins infolge der Seenbildung mehr Tage mit Eis als der Hauptstrom aufweisen.
Besonders ist hier die verhältnismäßig lange Dauer des Eisstandes bemerkenswert, der 90% aller Tage
mit Eisbedeokung ausmaoht. Thielemann hat diese Verhältnisse in der oben erwähnten Abhandlung
genauer besprochen.
5. Weser und Ems.
An der Weser und Eins macht sich das ozeanische Klima immer mehr geltend. Die Eisdauer
sinkt meist unter 20, nur Fulda und Eder weisen höhere Zahlen auf. Eisfreie Jahre kommen fast
überall vor; nur die Eder macht in dieser Hinsicht eine Ausnahme. Gelegentlich ist Eis und Eisstand
allerdings schon im November aufgetreten; gelegentlich auch erst gegen Mitte März verschwunden.
Wie die Tabelle zeigt, gehört besonders auf Aller und Hase Eisbildung zu den Seltenheiten.
6. Rhein.
Hauptfluß: Von allen großen deutschen Strömen, deren Mündung im Norden liegt, hat der
Rhein die weitaus günstigsten Eisverhältnisse. Als westlichster unserer Ströme ist das Klima fast
überall (mit Ausnahme des zur Schweiz gehörenden Oberlaufes) mehr oder weniger ozeanisch, am
meisten allerdings im Unterlauf unterhalb Kölns. Hier ist die Eisbildung sehr gering, nur wenig über
10 Tage mit Eis werden im Jahre gezählt, gegenüber mehr als 15 bei Mainz. Weiter oberhalb ver
ringert sich die Zahl der Tage mit Eisbedeckung infolge des bereits starken Gefälles bei verhältnis
mäßig milder Temperatur beträchtlich, so daß bei Kehl Maximiliansau die günstigsten Eisverhält
nisse der ganzen Strecke zu verzeichnen hat, während der Bodensee (Untersee) naturgemäß die
ungünstigsten hat: Mehr als 20 Tage mit Eis, wovon etwa 14 Tage mit Eisstand, der sonst nur ganz
vorübergehend in dem flachen Wasser des Unterlaufs aufzutreten pflegt. Eisfreie Jahre sind über-