Walter Georgii und Heinrich Seilkopf: Ergebnisse einer fiugwissenschaftlichen Forschungsreise nach Columbia (S. A.) 31
Tägliche Periode der Bewölkung im Passatgebiet des Atlantik.
e
8
10
12
2
4
6
Passatgebiet des Atlantik
5.3
4.6
4.2
4.2
4.1
4.1
3.6
Passatgebiet des Atlantik und
des Caribischen Meeres ...
6.4
6.2
6.3
6.1
6.1
6.2
5.9
Der Gang der Bewölkungsstärke im nordatlantischen Passatgebiet ergibt rasche Abnahme in den
frühen Morgenstunden von 6—10 h a. Von 10 h a bis 4 h p ist die Änderung nur gering. Erst am späten
Nachmittag setzt ein neues stärkeres Zurückgehen der Bewölkung ein. Abnahme der Himmelbedeckung
vom Morgen bis zum Abend ist demnach das Charakteristikum des Bewölkungsverlaufes im atlantischen
Passatgebiet. Im wesentlichen bleibt dieser Gang auch im Caribischen Meer erhalten. Die Amplitude
ist hier allerdings erheblich geringer. Auch tritt eine schwache Bewölkungszunahme am Nachmittag
hervor, die kontinentale Einflüsse verrät.
Die Niederschlagsverteilung paßt sich diesem Bewölkungsverlauf genau an.
Tägliche Periode der Regenhäufigkeit.
(In 0/0 der gesamten Rcgenbcobachtungcn an den einzelnen stündlichen Terminen.)
4-6
00
I
SD
8-10
10-12
12-2
2-4
4-6
6-8
8-10
10-12
Atlantik und Caribisches Meer
15
15
14
14
7
8
14
7
3
3
Das sekundäre Nachmittagsmaximum tritt im Niederschlag noch deutlicher hervor als in der Bewölkung.
Die aus diesen Beobachtungen hervorgehende Erscheinung der stärksten Kondensationsvorgänge in
der zweiten Nachthälfte zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang ist kein ausschließliches Merkmal des
Passates, sondern den Meeren allgemein eigentümlich. Auch in den Niederschlagsverhältnissen der Küsten
und des unter ozeanischem Einfluß stehenden Festlandes ist diese verstärkte nächtliche Kondensation
nachweisbar. Auf dem Meere äußert sie sich noch durch das Hervortreten der Gewitter in der Nacht.
Abgesehen von den bei Colon am Panamakanal beobachteten Nachmittagsgewittern, die durchaus
kontinental bedingt sind, wurden sämtliche Gewitter auf See von den Verfassern bei Nacht oder am
Vormittag beobachtet. Im allgemeinen erklärt man die verstärkte nächtliche Kondensation durch erhöhte
nächtliche Ausstrahlung an der Wolkenoberfläche. Uber die nächtliche Gewitterbildung auf See sagt
Meinardus 1 ): »Wegen des höheren Strahlungsquotienten wird hier (gemeint an der oberen Wolkenfläche)
der Einfluß der Insolation und Ausstrahlung, also die tägliche Temperaturamplitude bedeutender als an
der darunter liegenden beschatteten Meeresoberfläche; der vertikale Temperaturgradient zwischen Meeres
und Wolkenoberfläche hat ein mittägliches Minimum, ein mitternächtliches Maximum.« Auch Emden*)
bekennt sich zu dieser Ursache der nächtlichen Gewitter. Ganz dürfte aber diese Erklärung dem Vorgang
nicht gerecht werden, denn sie setzt bereits das nächtliche Bewölkungsmaximum voraus. Mehrfach haben
die Verfasser in dieser Arbeit auf die Zusammenhänge von Turbulenz und Bewölkung hingewiesen. Auch
in dem vorliegenden Falle dürfte diese Betrachtung angebracht sein. Das Kondensationsniveau ist einer
täglichen Höhenschwankung unterworfen. Nachts liegt es am tiefsten, tagsüber hebt es sich zu größerer
Höhe. Auch die Grenzhöhe der unteren Turbulenzschicht erfährt, wie wir gesehen haben, tägliche Höhen
änderungen, allerdings wohl in geringerem Maße als das Kondensationsniveau. Das nächtliche Bewölkungs
maximum kommt nun auf die Weise zustande, daß das Kondensationsniveau in seiner tiefsten Lage
während der zweiten Nachthälfte innerhalb der unteren Turbulenzzone liegt und so zunächst für eine
ausgedehnte Strato-Cumulus-Bewölkung Veranlassung gibt. Ist dieser Kondensationsprozeß kräftig genug,
*) W. Meinardus: Beitrag zur Kenntnis der täglichen und jährlichen Periode der Gewitter auf dem Ozean. Annalen der
Hydr. 1895. S. 506—511. *) Vgl. Exncr: Dynamische Meteorologie. S. 63.