Die wirtschaftlichen Schäden der tropischen Wirbelstürme.
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2. Das Sturmfeld in seiner horizontalen und vertikalen Beschaffenheit.
Für die Frage nach dem Umfang der angerichteten Schäden ist die Kenntnis der Ausmaße des
Sturmkörpers sehr wichtig. Die Form des Sturmfeldes 1 ) ist nicht kreisförmig — oder in Berücksichtigung
seiner vertikalen Ausdehnung — nicht kreiszylinderförmig; sein Grundriß hat vielmehr die Gestalt einer
Ellipse, deren große Achse meistens parallel zur Bahnrichtung verläuft. Hann 2 ) kommt bei Errechnung
eines Mittelwertes zu dem Ergebnis, daß die große Achse meist IV2 mal größer sei als die kleine;
zuweilen sei jedoch die Länge der Achse sogar zweimal, ja selbst dreimal größer als die kürzere. Für
die Feststellung des Wirkungsgebietes eines Wirbelsturmes ist nun in erster Linie die Kenntnis der
Größe der kleineren Achse erforderlich, d. h. der Breite des Sturmfeldes. Was sich in meteorologischen
Büchern und Berichten als Durchmesser eingetragen findet, ist in der Regel die Ausdehnung der
größeren Achse. Nach den Zahlen bei Hann 8 ) kommen wir für diesen Längsdurchmesser zu einem
Mittelwert von 500 km. Am häufigsten wird er von den Zyklonen der Bai von Bengalen erreicht: das
Sturmfeld einer intensiven Zyklone hat dort nie eine Ausdehnung unter 300 km und über 1500 km.
Zweifellos eine sehr dehnbare Angabe, die ihren Wert erst durch Vergleiche mit anderen Orkangebieten
erhält 4 ). Bei den Taifunen sind Annäherungen an 75 km als untere und 3500 bis 4000 km als obere
Grenze durchaus keine Seltenheit (nach Doberck und Froc), in den anderen Gegenden scheinen die
Schwankungen im Ausmaß nicht so groß zu sein.
Schwieriger gestaltet sich die Frage nach einer durchschnittlichen Breitenerstreckung, die für die
Zone wirtschaftlicher Schädigungen maßgebend und ausschlaggebend ist. Vom Meteorologen wird der
Begriff der Ausdehnung viel weiter gefaßt. Denn sehr häufig ist z. B. das Auftreten eines Wirbelsturms
an seinen Rändern von ausgiebigen Regengüssen begleitet, die aber von einer wohltätigen Wirkung sind,
oder es ziehen nur am Horizont drohende Wolken auf und der Wind erreicht höhere Stärkegrade, ohne
eine verwüstende Kraft zu entfalten. Für die wirtschaftlichen Schäden kommt dagegen nur die Breiten
erstreckung in Frage, innerhalb welcher der Wind zerstörend wirkt oder seine verderblichen Begleit
erscheinungen hinschickt. Aus den einzelnen Sturmschädenberichten war der Verfasser bemüht, durch
Messung des Abstandes zweier von Schäden betroffenen Orte senkrecht zur Bahn des Zentrums einen
annähernden Wert für die gesuchte Breite zu finden. Doch hielt es schwer, in den einzelnen Fällen zwei
Orte in entgegengesetzter Randlage zu finden. Mängel und Dürftigkeit der Aufzeichnungen ließen nur
in seltenen Fällen zu einem befriedigenden Ergebnis kommen. Die Messungen führten nun zu dem
Ergebnis, daß die Breite des verwüsteten Gebietes nicht erheblich größer ist als die zentrale Kalme. Die
Ausdehnung des Sturmauges wird in der Regel mit 15—30 km angegeben 5 ), die Messungen ergaben für
das Feld nennenswerter Sturmschäden (Beschädigung von Häusern, Entwurzelung von Bäumen, Schiffe
nicht mehr manöverierfähig) folgende Breite:
Westindien: 55 km, Südl. Vereinigte Staaten bis zu 120 km.
Philippinen: 75 km, Chines. Küste 10 km, Japan 50—150 km.
Bengalen-Bai: bei Betreten des Landes 10—25 km.
Für die übrigen Gebiete sind die Angaben zu dürftig; doch darf man nach vorsichtiger Schätzung
mit einem Durchschnitt von 50 km rechnen.
Die Frage nach der vertikalen Erstreckung des Sturmkörpers ist einstweilen nur von meteorolo
gischem Interesse; die Untersuchungen sind noch nicht recht weit gediehen; nur aus Wolkenformen und
Bewegungen konnte man bisher Schlüsse auf die Ausdehnung und die Höhe, Windrichtung und Stärke
usw. in höheren Luftschichten ziehen. Die Angaben weichen erheblich voneinander ab, aber keine
übersteigt 20 km, so daß man sagen kann, daß auf jeden Fall die Horizontalerstreckung um ein
Vielfaches größer ist — man meint, der Radius übertreffe etwa um das Hundertfache die höchste Höhe.
Der ganze Sturmkörper hätte also die Gestalt einer ellipsenförmigen Scheibe, deren Achse, im Profil
gesehen, nach vorne geneigt ist, was sich aus der Reibung erklärt, die der Wirbel an der Erdoberfläche
erfährt. Für die Entstehungstheorien wäre die Kenntnis der oberen Luftschichten von außerordentlicher
Wichtigkeit. Wieweit der Luftverkehr durch die Wirbelstürme etwa beeinträchtigt wird, läßt sich ohne
l ) Vgl. hierzu Algue (4) S. 27 ff. S. 51 ff. (47) S. 598. s ) (47) S 600 ff., Algue a. a. O. 4 ) Vgl. Attlmayr (6) S. 754 ff.
5 ) (47) S. 59Ü.