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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1923. Heft 3.
2. Richtung, Geschwindigkeit und Beständigkeit der Boden- und Höhenwinde über der Bankanhaibinsel.
a) Winter. Es sollen in diesem Abschnitt besonders die Schwankungen besprochen werden,
welchen die einzelnen Monate in den Jahreszeiten unterworfen waren, sowie die regionalen Verschieden
heiten in der Luftströmung. Die Boden windkarte für den Winter auf Tafel 5 gibt ein klares eindeutiges
Bild des Lufttransportes am Boden. Quellgebiet ist der NE; die von hier divergierenden Stromlinien
überziehen die ganze Halbinsel. Eine doppelseitige Ausströniungslinie führt von NE quer durch das
Balkangebiet nach SW, nach Griechenland herunter; die längs dieser Achse verfrachtete Luft strömt zur
Adria und Ägäis ab. Die quer vorgelagerten Gebirgsketten des Balkans und der Rho dopen halten die
Strömung auf und lenken sie nach Osten ab. Diese abgelenkte Luft trifft im Osten auf die hier weniger
behinderte vom nördlichen Quellgebiet nach S gerichtete Strömung, so daß hier eine einseitige Konver
genzlinie auftritt (westlich Jambol—Adrianopel). Ober dem türkischen Geibiet biegen die Stromlinien
um zum Ägäischen Meere hin. ln der mazedonischen Ebene südlich der Rhodopen ist die Strömung
nahezu östlich, die E-Komponente wird durch den hier gut ausgeprägten Seewind gefördert. Da von der
zentralen Divergenzlinie aus die Luft als NW durch das Wardartal zur Ägäis fließt, entsteht über dem
Mündungsgebiet des Wardar ein Konvergenzgebiet. Seewinde an den übrigen Küsten kommen im Winter
im Mittel nicht zum Ausdruck. An der Schwarze-Meer-Küste weht der mittlere Wind aus nordwestlicher
Richtung, also mit einer Komponente zum Meere hin, an der Adriatischen Küste aus östlicher Richtung;
er biegt jedoch im NW unseres Gebiets weiter um und weht hier aus Südost. Die Verseifungsgeschwin
digkeit und Beständigkeit ist im ganzen zentralen Teil der Halbinsel gering; das ist verständlich, da Diver
genzgebiete immer schwachwindig sind, hier schlagen die Winde leicht um und heben sich gegenseitig auf.
Bukarest hat nur 10%, Sofia 15% Beständigkeit, Bei der Bewertung der absoluten Größe dieser Beständig
keiten darf, wie schon betont, nicht außer Acht gelassen werden, daß der mittlere Wind hier aus G Monaten
gebildet ist! Mit Annäherung an die Meere wächst die Geschwindigkeit und Beständigkeit, An der
Küste des Schwarzen Meeres ist die Strömung aus NNW gut ausgeprägt; Konstanza hat eine mittlere
Versetzungsgeschwindigkeit von 2 m/s, dieser Ort hat auch die größte Skalargeschwindigkeit von über
5 m/s. In Varna beträgt die Beständigkeit 47% (vgl. Tabelle 4), in Adrianopel ebenfalls. Konstantinopel
ist im Winter auffallend unbeständig (15 %), es liegt, wie auch die Knickung der Stromlinien andeutet,
auf der Grenze zwischen den Einflußbereichen des Schwarzen und Ägäischen Meeres. Im ganzen über
wiegt, bei Gallipoli wieder gut ausgesprochen, der Lufttransport zur Ägäis. Im Adriatisehen Küsten
streifen ist die Geschwindigkeit und Beständigkeit der östlichen und südöstlichen Strömung geringer,
als besonders auch nach dem Druckgefälle erwartet werden sollte; dies ist wohl ohne Zweifel zum
größten Teile auf die starke örtliche Beeinflussung der maßgebenden Stationen zurückzuführen, auch
die skalare Geschwindigkeit ist hier gering. Interessant ist der mittlere Wind im unteren Wardartal;
Hudova hat von allen Stationen die größte Versetzungsgeschwindigkeit (= 8.2 m/s) und die größte Be
ständigkeit (=67 %). Auf diesen charakteristischen Wardanvind (Vardarac) werde ich noch zurück
kommen.
Betrachten wir nun Tafel 1 die Bodenwindkarten für die 6 einzelnen Wlnterinonate. Wir finden
die großen Züge der eben geschilderten mittleren Verhältnisse im wesentlichen auch auf den Einzel
karten wieder. Die Abweichungen im einzelnen sind recht interessant, Februar 1918 gibt das klarste
Bild und die ausgeprägteste Strömung. Allenthalben ist t> und b an der Küste des Schwarzen Meeres
besonders groß; Gallipoli hat v = 4.2 m/s und b — 74% (vgl. Tab. 1). Aber auch in diesem Monat ist
trotz des starken Luftdruckgradienten die Strömung an der Adriatischen Küste relativ schwach; auch
Februar und Dezember 1917 zeigen denselben Gegensatz. Wie schon oben betont, ist es wahrscheinlich,
besonders angesichts der geringen skalaren Windstärke, daß die ungeeignete Lage der Stationen im
Westen dies vortäuscht. In starkem Gegensatz zu den eben erwähnten 3 Karten stehen diejenigen vom
Dezember 1916 und Januar 1917; hier ist der Osten und besonders Südosten so unbeständig, daß trotz
der geschilderten Unvollkommenheiten die adriatische Seite die beständigste ist. Gallipoli, sonst eine
der beständigsten Stationen, hat im Dezember 1916 b =17 %, im Januar 1917 nur 9%; Konstantinopel
hat in beiden Monaten schwache Strömung aus SE. Es ist charakteristisch, daß an beiden Stationen die