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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1923. Heft 3.
IV. Windkarten für die einzelnen Monate für den Hoden und 3000 in Höhe.
1. Methode der Darstellung.
Bei der graphischen Darstellung der in den Tabellen 1 und 2 enthaltenen Ergebnisse bedienen wir
uns der Methode der Stromlinien. Die Stromlinien sind definiert als Kurven, deren Tangenten in jedem
Punkte mit. der Richtung der Strömung zusammenfallen. Eigentlich reelle Bedeutung haben die Strom
linien nur in konkreten Einzelfällen, in welchen sie als Momentbilder die augenblickliche Strömung dar
stellen. Ein mittleres Bewegungsfeld wird innerhalb der betrachteten Zeit im Einzelfall höchstens
ganz zufällig genau eben so vorhanden gewesen sein; der mittlere Wind und das mittlere Stromfeld haben
also ideelle Bedeutung, sie würden reelle Bedeutung in dem Falle haben, daß während der ganzen be
trachteten Zeit der mittlere Zustand stationär so gewesen ist. Wenn wir dies annehmen, dann sind die
Stromlinien identisch mit den Bahnen, längs welchen in der betrachteten Zeit der Transport der Luft
vor sich gegangen ist. Je geringer also in einem Monat die Veränderlichkeit, also je größer die Be
ständigkeit war, desto mehr wird das mittlere Bild mit dem häufigsten Einzeltypus zusammenfallen. Des
halb ist es von besonderer Wichtigkeit, daß bei der Darstellung des mittleren Stromfeldes das Element
der Beständigkeit mit zum Ausdruck kommt. Gerade von diesem Gesichtspunkt aus ist die Darstellungs
methode, die A. Wegener angegeben hat, wertvoll; wir wenden sie daher in unserem Falle an. 1 ) Nach
A. Wegener wird die Beständigkeit durch Verschiedenheiten im Ausziehen der Stromlinien rvieder-
gegeben, und zwar bedeutet der ausgezogene Verlauf der Stromlinien eine Beständigkeit > */s, also
67 bis 100 %, Auflösung der Linien in Strichelung Vs bis */», also 34 bis 66 %, in Punktierung < 1 U, also
0 bis 33 % Beständigkeit, Hierdurch entsteht ein anschauliches Bild von der Beständigkeit der Strömung.
Ein weiterer Vorteil der Wegenerschen Methode ist es, daß die Strömungsgeschwindigkeit, die natürlich
bei der Darstellung nicht fehlen darf, nicht wie sonst üblich durch besondere Linien gleicher Ge
schwindigkeit (Isodynamen) wiedergegeben wird, sondern durch Anbringung von Pfeilspitzen unmittel
bar an den Stromlinien. Hierdurch wird das Bild entlastet und übersichtlicher. Die Fiederung geschieht
ähnlich wie in der Praxis der täglichen Wetterkarten durch einseitige, auf der linken Seite angebrachte,
nach rückwärts geneigte Striche (halbe Pfeilspitzen), und zwar bedeutet ein ganzer Strich in unserem
Falle nur 1 m/s, A m/s (mittlere Geschwindigkeiten erreichen immer nur viel kleinere Werte als
augenblickliche). Zur Erhöhung der Anschauung werden diese Signaturen in möglichst gleichen Ab
ständen auf den Stromlinien angebracht. Die Gebiete mit größerer Versetzungsgeschwindigkeit lieben
sich so schon auf den ersten Blick durch die größere Schwärzung hervor. Durch sinngemäße Inter
polation der Stärken zwischen den Stationen erreicht man eine stetige Geschwindigkeitsdarstellung. Die
geographische Darstellung des mittleren Windes geschieht so mit allen drei Elementen, Richtung, Ge
schwindigkeit und Beständigkeit, vollständig und in leicht übersichtlicher Weise.
Im Gegensatz zu den mittleren Bodenwinden sind die in 3000 m Höhe aus einer bei den einzelnen
Stationen verschiedenen Zahl von Beobachtungsfällen berechnet worden. Wir müssen daher die ver
schiedene Wertigkeit der Stationen in 3000 m Höhe in der graphischen Darstellung zum Ausdruck
bringen. Wenn die Zahl der Fälle zu gering ist und unterhalb eines etwa noch ausreichenden Grenz
wertes liegt, kann der berechnete Wind fehlerhaft sein; in solchen Fällen kann besonders die Angabe
der Beständigkeit ihren Sinn verlieren (extremer Fall: bei einer Beobachtung ist die Beständigkeit 100%).
Ich habe deswegen — und diese Ergänzung der Methode dürfte sich in entsprechenden Fällen allgemein
empfehlen — die eingezeichneten Stationspfeile je nach der Größe der Zahl n verschieden dick aus
gezogen. Es bedeuten in den Windkarten für 3000 m Höhe gestrichelte Stationspfeile, daß die Zahl der
Beobachtungen hier < 30 gewesen ist, d. h. daß hier also weniger als ein Pilothaiionaufstieg täglich im
Durchschnitt (bis 3000 m Höhe) vorliegt; einfach ausgezogenen Pfeilen liegen 30 bis 60 Beobachtungen,
dick ausgezogenen 60 bis 90, doppelt ausgezogenen 90 bis 120 Beobachtungen zugrunde. Letztere Fälle,
ln welchen also im Mittel 3 bis 4 Aufstiege bis 3000 m pro Tag vorliegen, kommen verschiedentlich vor;
sie werden die wirkliche Luftversetzung ganz vorzüglich wiedergeben müssen!
i) Metoorol. Zeitschrift 1919, S. 53-55.