Dr. Erich K u h 1 b r o d t, Boden- und Höhenwinde der Balkanhalbinsel.
Verarbeitungen von Sofia dank persönlichen Eingreifens zu retten; er stellte diese freundlichst zur Ver
fügung und sie bildeten, da sie gut ein Drittel des gesamten Windmaterials umfaßten, den Grundstock
für die vorliegende Abhandlung. Das Preußische Meteorologische Institut, welches die im Kriege vom
Großen Hauptquartier gesammelten Monatsberichte der einzelnen deutschen Warten verwahrt, lieh die
jenigen der Balkanstationen bereitwilligst aus. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in
Wien stellte die entsprechenden Monatsbögen der österreichischen Warten anerkennenswerter Weise zur
Verfügung. Die Bayerische Landeswetterwarte übersandte durch Dr. Weickmann, welcher im Kriege
die Oberleitung des osmanisohen Feldwettcrdienstes hatte und welcher zur Zeit über das von ihm gerettete
Material eine ausführliche Verarbeitung veröffentlicht 1 ), die benötigten Daten für 'die drei türkischen
Warten in bereits endgültig verarbeiteter Form; hierdurch wurde die vorliegende Abhandlung wesentlich
gefördert. Auf diese Weise gelang es, das Beobachtungsmaterial nahezu vollständig zusammen zu be
kommen. Allen obigen Stellen sei der beste Dank ausgesprochen.
II. Die Luftversetzung in den einzelnen Monaten am Boden
und in 3000 Meter Höhe.
1. Methode der Berechnung.
Bei der klimatischen Verarbeitung der Windbeobachtungen, also der Bestimmung eines mittleren
Windes, pflegt man die Windgeschwindigkeit arithmetisch über den betrachteten Zeitraum zu mittein,
die mittlere Windstärke also als skalare Größe zu berechnen. Bezüglich der Windrichtung sind wir ge
wohnt, die Häufigkeit der einzelnen gemessenen Windrichtungen zu bestimmen, am besten in Prozenten
der Zahl der Beobachtungsfälle, und dann die häufigste Windrichtung her au.sz usuellen; man berechnet
auch weiter eine mittlere Windrichtung ohne Berücksichtigung der Windstärken, oder genauer: unter der
Annahme, daß die Geschwindigkeit in allen Richtungen die gleiche war. Es ist klar, daß eine solche
Bestimmung des mittleren Windes, die für Stärke und Richtung getrennt und ohne Rücksicht aufeinander
geschieht, unvollkommen und geeignet zu Fehlschlüssen ist. Der mittlere Wind ist ein Vektor, bei welchem
Richtung und Geschwindigkeit unzertrennlich zusammen gehören. Die aus dieser Vektoreigenschaft des
Windes sich ergebenden Definitionen gibt A. W e g e n e r in seinem Aufsatz: Klimatische Windkarten,
Meteorologische Zeitschrift 1919, S. 53 bis 55. Die mittlere Windrichtung ist die Richtung der
vektoriell berechneten Gesamtversetzung der Luft über dem Beobachtungsort während der in Betracht
gezogenen Zeit. Die mittlere W indstärke ist die mittlere Versetzungsgeschwindigkeit in mps.,
also die Gesamtversetzung der Luft in Metern, dividiert durch die Gesamtzeit in Sekunden. Wir wollen
im folgenden diese mit » (= |®|) bezeichnen, im Unterschied hierzu die skalare mittlere Windgeschwindig
keit mit v. Nun folgt hieraus von selbst ein weiteres, sehr wichtiges Windelement: die Beständig
keit. Die Beständigkeit b ist gleich der vektoriell berechneten mittleren Versetzungsgeschwindigkeit,
dividiert durch die skalar berechnete mittlere Windgeschwindigkeit, d. li. b = ^. Sie wird Null, wenn
die einzelnen Richtungen so gegensätzlich sind, daß die Winde sich gegenseitig aufheben und die Ver
setzung Null wird; sie wird gleich 1, wenn der Wind immer nur aus derselben Richtung weht. Wir
die Beständigkeit im folgenden der Einfachheit halber in Prozent ausdrücken, also den Quotienten mit
100 multiplizieren.
Die Berechnung der mittleren Luftversetzung, die für jeden Ort zunächst monatsweise geschieht,
geht also so, wie es das folgende Beispiel zeigt, vor sich:
h Zum Klima der Türkei. Ergebnisse dreijähriger Beobachtungen 1915—1918. Bearbeitet von Hauptobservator
Dr. L li d w i g W e i c k m a n n unter Mitwirkung von Dr. Percgrin Z i s 11 e r, Dr. Heinri e h K o p p e und Dr.
Harald Kosclimieder. Erstes Heft: Luftdruck und Winde im östlichen Mitteimeergebiet. Von l)r. Ludwig
Weickmann. Bayrische Landeswetterwarte. München 1922.