41
Dr. H. Thora de, Die Schwankungen des Wasserspiegels.
kungen in den dänischen Häfen würden nach dieser Annahme als fortschreitende, ans der Deutschen
Bucht kommende Wellen aufzufassen sein. Der Gedanke einer seicheartigen Schwingung der Nordsee
um eine Knotenlinie an ihrer nördlichen Mündung liegt nahe, ist aber nicht mit der S. 55 angegebenen
Schwingungsdauer von iy 2 Tagen zu vereinigen, wenn diese auch nur ein roh geschätzter Wert ist. Eins
muß allerdings angenommen werden, welche Erklärung man auch versuchen sollte, nämlich, daß die aus
der Deutschen Bucht ab- und in sie hineinströmenden Wassermassen in die nördliche Nordsee entweichen
oder aus ihr stammen, wenn auch mittelbar; denn die Pegelkurven der südlichen Nordsee lassen keinen
Punkt erkennen, wo eine Abnahme der Wasserhöhe einer Zunahme derselben in der Deutschen Bucht
entspräche, und umgekehrt. Mögen die vorliegenden Beobachtungen auch keinen bindenden Beweis
für die vorgetragene Anschauung gestatten, und mag sie daher auch eine Vermutung bleiben, so spricht
doch für sie, daß es auf andere Weise schwierig, wenn nicht unmöglich ist, die oben genannten vier Wider
sprüche aufzulösen.
Örtliche Stauerscheinungen. Den allgemeinen Schwankungen des Wasserspiegels gegenüber
fallen die örtlichen Unterschiede innerhalb des Wattenmeeres weniger ins Gewicht; daß sie überhaupt
merklich sind, dürfte an der Seichhteit der Gewässer und dem dadurch erhöhten Einfluß der Boden
reibung liegen, die einem schnellen Ausgleich des Aufstaus entgegenwirkt. Die Linien der Tafel 4, Nr. 9
verzeichnen den Unterschied des Wasserstandes in süd-nördlicher und west-östlicher Richtung bis auf
eine Konstante. Die Linie, die den Höhenunterschied von Osterley Süd gegen Dagebüll angibt, zeigt
die umgekehrten Schwankungen wie der Wasserstand selbst an beiden Orten. Die Minima liegen also
in Osterley Süd höher, die Maxima niedriger, und die Schwankungen sind nicht so groß wie weiter südlich;
sie sind durch den Lauf über das Watt gewissermaßen gedämpft. In Munkmarseh ist die Dämpfung
noch stärker, was daran zu erkennen ist, daß die Schwankungen der Kurve Westerley Süd- Munkmarsch
mit denen von Westerley Süd in der Hauptsache gleichsinnig laufen. Größere Einwirkungen des Windes
könnte man in west-östlicher Richtung erwarten. Aber die Schwankung der Linie für Südwesthörn—
Hörnum, die sich zwischen 4* 28 cm und +0 cm bewegt, zeigt, daß der größte Unterschied noch nicht
3 Dezimeter erreicht. Die Konstante, um welche die Linie zu verbessern ist, wird weiter unten zu —6 cm
berechnet werden, und es ergibt sich, daß, außer am 12. und am 16./17. August das Wasser in Südwest
hörn höher stand als in Hörnum, und zwar anfangs längere Zeit um etwa 2 Dezimeter. Beim Ostwind
dagegen war zwischen beiden Orten kein merklicher Höhenunterschied vorhanden. Immerhin ist aber
der örtliche Stau im Wattenmeer von gleicher Größenordnung wie etwa der Gesamtstau in Grimsby
(Tafel 4, Nr. 7), und dies mag ein weiterer Beweis dafür sein, daß die Hauptursache der Windstauerschei
nungen vom 4. bis 18. August 1921 in den örtlichen steifen Winden der Deutschen Bucht zu suchen ist.
Denn wenn diese fähig waren, auf der nur 13 Sm (— etwa 24lcm) langen Strecke Hörnum—Südwesthörn
den Anstau um 2 dm zu vermehren, so läßt sich auch annehmen, daß sie es vornehmlich waren, die in
der ebenfalls verhältnismäßig seichten Deutschen Bucht sich auswirkten. Einwenden ließe sich vielleicht,
wenn es sich der oben entwickelten Anschauung gemäß um einen Wellenvorgang beim Windstau handelt,
daß dann ja die größere Höhe in Südwesthörn gegenüber Hörnum ein Aufbranden der Woge vorstellen
könnte. Aber dazu reicht einmal der Tiefenunterschied nicht aus, und dann müßte die Linie für Süd
westhörn—Hörnum in diesem Falle Schwingungen während der ersten Windstauzeit zeigen; endlich
beträgt z. B. der Unterschied in der mittleren Hubhöhe der regelmäßigen Tiden zwischen beiden Punkten
nur 212—169 = 43 cm (s. Tabelle 4), d. i. */ 4 der Hubhöhe von Hörnum, was, auf den Windstau über
tragen, auf etwa 1 dm führen würde; noch dazu wird die größere Höhe der Tiden in Südwesthörn, wie
die Karten Tafel 5, Nr. 2 und 3 erkennen lassen, jedenfalls zum großen Teil durch die höhere im Föhrer
Ley eindringende Flutwelle bedingt, und die Wirkung der abnehmenden Tiefe auf Wellenerscheinungen
ist somit noch geringer als eben berechnet. Der größere Anstau in Südwesthörn gegenüber Hörnum dürfte
damit in der Tat hauptsächlich ein örtlicher Windstau im Wattenmeere sein. Auch hier erreichen am 14.
und 15. August die Nordwestwinde, wie die Linie zeigt, nicht ganz die Wirkung der anfänglichen mehr
südwestlichen.