Dr. Bruno Schulz, Hydrograph. Beobacht., iusbes. üb. d. Kohlensäure in d. Nord- u. Ostsee im Sommer 1921. 3
1. Vorbemerkungen,
a. Aufgabe der Untersuchung.
Ozeanographie und Meeresbiologie, die eine den Meeresraum und das diesen erfüllende Wasser,
die andere die in dem Meerwasser lebenden Organismen betrachtend, sind naturgemäß innig mit ein
ander verknüpft. Die Organismen sind abhängig von den Eigenschaften des Wassers, z. B. ist, wenn
wir Extreme betrachten, die Lebewelt der nördlichen Ostsee grundverschieden von der des offenen
Atlantischen Ozeans. Ebenso aber sind manche Eigenschaften des Wassers, insbesondere die mit dem
Luftgehalt in Zusammenhang stehenden durch Art und Menge der im Meere lebenden Organismen bedingt,
die Beeinflussung ist also gegenseitig. In welcher Weise das Leben im Meere im einzelnen von den hydro
graphischen Faktoren abhängt, ist nur ganz unvollkommen bekannt. Nach den Untersuchungen von
K. Brandt 1 ) spielen die sog. Mdnimumfaktoren eine wichtige Rolle, aber auch Salzgehalt, Temperatur und
Dichte sind als häufig das Vorkommen von Organismen bestimmend erkannt. Zu diesen treten der Luft
gehalt des Meerwassers und die mit diesem in Zusammenhang stehenden Eigenschaften, insbesondere
die Wasserstoffionenkonzentration. Wie auf dem Lande ist im Meere alles Leben ohne Luft unmöglich.
Kurz, eine möglichst umfangreiche Kenntnis der Eigenschaften des Wassers ist nicht nur rein ozeano-
graphisch von Bedeutung, sondern auch eine Grundlage für die Erforschung des Zusammenhanges
zwischen der Verbreitung der Organismen im Meere und dem ihren Lebensraum ausfüllenden Element.
Von den kurz angedeuteten Faktoren sind in dem hier behandelten Gebiet auf den internationalen Ter
minfahrten Temperatur, Salzgehalt und Dichte immer, der Sauerstoffgehalt sehr häufig, die Gesamt
kohlensäure und Alkalinität auf einzelnen Fahrten untersucht worden. Über die Reaktion des Meer
wassers liegen vereinzelte Angaben von der Thor-Expedition 2 ) vor, außerdem, z. T. noch unveröffent
lichte Werte von A. Hagmeier 3 * ). Die freie Kohlensäure ist bislang nicht Gegenstand der Beobachtung
gewesen. — Aber all diese Faktoren sind, auch wenn wir von der freien Kohlensäure absehen, in
unserem Gebiete nie parallel an derselben Wasserprobe beobachtet worden. Gerade die Feststellung
sämtlicher genannten Eigenschaften aber erscheint vorläufig rein hydrographisch von besonderem
Werte, da nach Aufdeckung der Zusammenhänge zwischen ihnen auf späteren Fahrten nach Bestimmung
einiger Faktoren die übrigen aus den gewonnenen Beziehungen abzuleitcn sind, wie es durch die sorg
fältigen Laboratoriumsversuche von Buch*) in den Finnland begrenzenden Meeren bereits möglich ist. 5 )
Für die 1921 zur Verfügung stehenden Fahrtmöglichkeiten, und zwar mit dem Reichsforschungs
dampfer „Poseidon“ und dem schwedischen Forschungsdampfer „Skagerak“ ergab sich also die Auf
gabe, das Meerwasser zu untersuchen auf Temperatur, Salzgehalt, Dichte, Alkalinität, Gesamtkohlen
säure, Gehalt an Sauerstoff und freier Kohlensäure,Wasserstoffionenkonzentration, außerdem aber durch
geeignete biologische Untersuchungen Zusammenhänge zwischen diesen hydrographischen Faktoren und
biologischen Erscheinungen nachzuspüren 6 ).
1) Vergl. K. Brandt, Über Menge und Bedeutung der wichtigsten Pflanzennährstoffe im Meere in Festschrift
der Preußischen Kommission zur wiss. Untersuchung der deutschen Meere zu Kiel usw. Kiel 1921.
2) Jobs. Schmidt, Report on the Dänisch Oceanographical Expedition» 1908—1910 to the Mediterranean and
adjacent Seas. Kopenhagen 1912.
») A. H a g m e i e r, Über die Fortpflanzung der Auster und die fiskalischen Austernbänke. Wissenschaftliche
Mecresuntersuchungcn. Neue Folge. XI. Band, Abt. Helgoland. Heft 2. Oldenburg i. Gr. 1916 S. 240.
«) K. Buch, Über die Alkalinität, Wasserstoffionenkonzentration usw. im Wasser der Finnland umgebenden
Meere. Finnlündische Hydrographisch-biologische Untersuchungen Nr. 14. Helsingfors 1917.
0) Vergl. B. Schulz, Methoden und Ergebnisse der Untersuchung des Kohlensäuregehalts im Meerwasser.
Annalen der Hydrographie usw. 1921. S. 292.
•) Vergl. G. Schott, Hydrographische Nordsee-Arbeiten Sommer 1921, insbesondere auf dem Reiehsforsehungs-
dampfer „Poseidon“. Annalen der Hydrographie usw. 1921. S. 400—408. Vorbericht über die ausgeführten Unter
suchungen.