Prof. Dr. A.Wegener u. Dr. E. K u h 1 b r o d t: Pilotballon auf stiege auf einer Fahrt nach Mexiko, März-Juni 1922. 19
keiten). Auch die Azimut-Ausgleichung muß sofort an Bold erfolgen, so lange man noch die näheren
Umstände des Aufstiegs (Schiffsschwankungen, schlechtes Steuern usw.) in Erinnerung hat,
In den früher genannten Fällen, wo der Höhenwinkel nicht mit dem Sextanten, sondern am Höhen
kreis des Theodoliten abgelesen wird, unterliegt auch er und damit die horizontalen Entfernungen ähn
lichen Ungenauigkeiten, so daß hier bisweilen auch eine Ausgleichung der Entfernungen nötig wird.
Bei stilliegendem Schiff ist die Auswertung die gleiche wie am Lande.
6. Messung des Wolkenzuges.
Die Messung des Wolkenzuges vom fahrenden Schiff aus unterscheidet sich grundsätzlich von der
jenigen auf dem Lande. In letzterem Falle nämlich geht die Zugrichtung unmittelbar aus der Beobach
tung hervor, ist also unabhängig von der meist nur durch Schätzung zu ermittelnden Wolkenhöhe, und
letztere wird nur zur Ermittelung der Zuggeschwindigkeit benötigt. Auf dem fahrenden Schiff da
gegen ist die Wolkenhöhe auch bereits zur Bestimmung der Zugrichtung nötig, da aus den Beobach
tungen unmittelbar nur die relative Zugrichtung hervorgeht, das Maß aber, in welchem diese durch die
Schiffsbewegung abgelenkt wird, von der Höhe der Wolken abhängt. Es ist deshalb zweckmäßig, auf
See sowohl den relativen wie den absoluten Wolkenzug nebeneinander anzugeben.
Trotz dieser Unsicherheit, welche dem absoluten Wolkenzug auf See infolge der darin steckenden
Schätzung der Wolkenhöhe anhaftet, ist seine Ermittelung namentlich bei Girrus-Wolken als Ergänzung
niedrigerer Pilotballonaufstiege von großer Wichtigkeit und sollte daher so oft wie möglich geschehen.
Man bedient sich hierzu am besten des Spiegeltheodoliten und beobachtet mit ihm die Wolken etwa
5 Minuten lang in gleicherweise wie den Ballon. Der Fueß’sche Theodolit ist hierzu wegen seines
größeren Gesichtsfeldes geeigneter als der Bunge’sche.
Die Auswertung einer solchen Cirrusmessung geschieht in folgender Weise: Auf einem Streifen
Millimeterpapier trägt man ein für alle mal eine Kotangentenskala ab (Zahlen siehe Logarithmentafel).
Die Winkel von 90° bis 7° herab genügen. Cotg. 45° wählt man dabei zweckmäßig gleich 35 mm. Hier
nach können wir sofort die Entfernungen der Wolke vom Beobachter auf einer Windrose, wie sie am
Lande zu Pilotballonaufstiegen verwendet wird, nach Richtung und Größe eintragen; allerdings ist der
Maßstab zunächst unbekannt, nämlich dadurch definiert, daß die Seehöhe der Wolke gleich 35 mm ge
setzt ist, Die erhaltene Punktreihe, welche geradlinig und äquidistant sein muß und nötigenfalls aus
geglichen wird, gibt die Projektion der Wolkenbahn relativ zum fahrenden Schiff. Durch Übertragung
der Richtung auf den Mittelpunkt der Rose mit dem Parallellineal läßt sich also sofort die relative
Zugriohtung angeben. Um auch die relative Zuggeschwindigkeit zu ermitteln, benötigen wir nunmehr
eine Schätzung der Wolkenhöhe. Wenn nichts Besseres bekannt ist, nehme man bei Oirruswolken stets
10 km an. Für diesen Wert kann man sich gleich neben der Kotangentenskala eine Skala anlegen,
welche gestattet, aus der Entfernung zweier Projektionspunkte unmittelbar die relative Geschwindigkeit
in mps. abzulesen. Damit ist der relative Wolkenzug als Vektor nach Richtung und Größe bekannt.
Auf einem neuen Diagramm zeichnet man diesen Vektor in einem beliebigen Maßstabe auf und von
demselben Ausgangspunkt auch den Vektor der Schiffsbewegung in mps., nimmt ihre geometrische oder
vektorielle Differenz und hat damit den absoluten Wolkenzug nach Richtung und Geschwindigkeit.