Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1922. Heft 4.
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Angabe ob Gummi oder Papier, ob Farbblende verwendet wurde, ob der Ballon durch Wolken verdeckt
wurde, durch Zufall (hinter Rauch oder Schiffsaufbauten usw.) verloren ging oder ausbeobachtet wurde,
ferner Bewölkung, Bodenwind 1 ) sowie eventuell durch eine Messung des Cirrus - Zuges mit dem einmal
aufgestellten Instrument (s. u.).
5. Die Auswertung.
Die Auswertung muß grundsätzlich gleich am Beobachtungstage soweit erfolgen, daß die Projektion
der Ballonbahn zu Papier gebracht wird, da hierbei oft Zweifel auftreten, die nachträglich nicht ge
klärt werden können. Die sofortige Ableitung der Windrichtungen und -Geschwindigkeiten ist dagegen
nicht unbedingt nötig, sofern nur bei jeder Kurve der Maßstab angegeben ist. Es ist notwendig für Ver
gleiche, alle Kurven in gleichem Maßstab zu zeichnen. Als zweckmäßig hat sich 1:50 000 (2 cm = 1km)
bewährt. Eine Rolle Millimeterpapier von 6 m Länge genügt für etwa 60 Aufstiege. Für kleinere Auf
stiege ist daneben ein Millimeterblock (19X32 cm) zweckmäßig. Ein großes Reißbrett ist wünschenswert.
Die Ableitung der Bahn kann nach verschiedenen Methoden geschehen, es ist jedermann unbe
nommen, die ihm vom Lande am meisten vertraute Methode den Schiffsverhältnissen anzupassen. In
folgendem soll nur als Beispiel eine Methode beschrieben werden, die jedenfalls erprobt ist. Man be
nötigt dazu außer Millimeterpapier, Zeichenbrett, Lineal und Celluloidtransporteur nur zwei graphische
Tafeln, welche man selbst hersteilen kann, sowie einige Pappstreifen von etwa 50 cm Länge. Die erste
Tafel hat als Eingänge: Seehöhe und Höhenwinkel; ihr werden die horizontalen Entfernungen des Ballons
in dem oben angegebenen Maßstabe entnommen und gleich auf dem am unteren Rand der Tafel aufge
legten Pappstreifen abgesetzt, numeriert nach Minuten. Dann trägt man — etwa auf der Rückseite des
selben Pappstreifens — in ähnlicher Weise aus der zweiten Tafel (Eingänge: Schiffsgeschwindigkeit in
Seemeilen pro Stunde, und verflossene Minuten) die vom Schiff zurückgelegten Entfernungen ab, gleich
falls nach Minuten numeriert. Sodann beginnen die Eintragungen auf dem Millimeterpapier: zuerst die
Schiffsörter mit ihren Nummern, dann die Azimute des Ballons, die mit dem durchsichtigen Transporteur
vom jeweiligen Schiffsort abzutragen sind und gleichfalls nach Minuten numeriert werden. Hat man
nur die vom Bug gerechneten Horizontalwinkel, so muß der Nullpunkt des Transporteurs immer auf die
Fahrtrichtung gelegt werden. Wurde dagegen der Schiffskompaß regelmäßig mit abgelesen, so muß
die Ablesung am Horizontalkreis (a) zuvor durch Hinzufügung des Kurses in das astronomische Azimut a
verwandelt werden 2 ). Schließlich werden die auf den Pappstreifen abgesetzten Entfernungen des Ballons
abgetragen, und zwar immer vom zugehörigen Schiffsort über das zugehörige Azimut.
Es ist zu beachten, daß bei Pilotaufstiegen auf See das Azimut nicht entfernt mit derselben Ge
nauigkeit gemessen werden kann wie der Höhenwinkel. Die letztere, mit der Kimm ausgeführte Messung
läßt sich mit einer unsere Zwecke übersteigenden Genauigkeit ausführen, da Ballon und Kimm, zur
Deckung gebracht, durch die Schiffsschwankungen nicht wieder getrennt werden. Beim Azimut dagegen
ist zwar der Winkel vom Bug gleichfalls leidlich scharf zu messen, dagegen ist der Schiffskurs stets un
genau wegen der Schwankungen des Schiffskompasses, oder wenn dieser nicht mit abgelesen wird, in noch
höherem Maße wegen nicht genauen Innehaltens des vorgesohriebenen Kurses, wenn schlecht gesteuert
oder das Schiff durch Wellen aus dem Kurs geworfen wird. Diese schnell veränderlichen Abweichungen
pflegen 2—5° zu betragen. Infogedessen bedarf die erhaltene Bahnprojektion noch einer Azimut-
Ausgleichung (ohne Änderung der Entfernungen). In der Regel sollen jedoch nur Einzelwerte verbessert
werden. Fallen 2 aufeinander folgende Minuten nach derselben Seite heraus, so ist es wahrscheinlicher,
daß die Abweichung reell ist. Ein Urteil darüber ob auszugleichen ist oder nicht, gewinnt man häufig
durch Vergleich der vom Ballon zwischen den Ablesungen zurückgelegten Strecken (Windgeschwindig
1) Gemessen wird der gefühlte Wind. Von diesem ist die Schiffsbewegung vektoriell abzuziehen. Hierzu kann
man sich des in Ann. d. Hydr. üsw. 1905, S. 120 beschriebenen Instruments von Rotch bedienen.
2 ) Bei beliebiger Orientierung des Horizontalkreises gilt a = (a) [Kurs — Bug].