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Aiis <le»it Archiv der Deutschen Seewürfe. — 1922. lieft 4,
Mey e r auf zwei Segelschiffsreisen Pilotballonaufstiege nach der Anweisung der Seewarte aus 1 ). Von
der Seewarte wurde die Methode nach zwei Richtungen hin verbessert. Einmal wurden Spezialsextanten
gebaut mit gut sichtbarer Teilung auf ganze Grade und bloßem Indexstrich zur Schätzung der Zehntel
grade, und mit einer. Schraube ohne Ende anstelle der gewöhnlichen Klemm- und Feinschraube. Dann
wurde die Notwendigkeit, größere Ballone als am Lande zu benutzen, klar erkannt und deshalb mit
Steiggeschwindigkeiten von etwa 800 m pro Minute gearbeitet. Diese immerhin sehr beachtenswerten
Erfahrungen wurden an anderen Stellen nicht immer berücksichtigt. So litten die Aufstiege, welche
A. Wege ne r im Winter 1909/1910 im Aufträge der Internationalen Kommission für wissenschaft
liche Luftfahrt auf einer Reise nach Südamerika anstellte, unter der viel zu geringen Ballongröße. Der
Genannte bekam bei diesen Versuchen (die Ergebnisse blieben unveröffentlicht) ein sehr deutliches
Bild von der damaligen Unzulänglichkeit der Pilotballonmethode auf fahrendem Schiff. Seit Anfang
1921 ist er gemeinsam mit E. Kuhlbrodt bestrebt, diese Methode zu vervollkommnen. Wenn man
beachtet, daß am Lande bei Ballonanschnitten Spezialtheodolite mit meist 20facher Vergrößerung ver
wendet werden, so liegt es nahe, anzunehmen, daß auch auf See die Verwendung eines Fernrohrs,
freilich eines solchen mit großem Gesichtsfelde, wesentlich zur Verbesserung der Methode beitragen
muß. Ferner liegen dieselben Gründe, welche am Lande das gebrochene Fernrohr mit horizontaler
Blickrichtung des Beobachters als besonders vorteilhaft erscheinen lassen, auch auf See vor, und auf
diese Weise ergibt sich von selbst das Problem, den im Kriege in allen Teilen zu hoher Vollkommen
heit ausgebildeten Ballontheodoliten für die Verwendung an Bord eines schwankenden Schiffes benutz
bar zu machen. Nachdem die Verfasser bereits im Sommer 1921 eine Nordseefahrt des Reichs
forschungsdampfers „Poseidon“ zu einer ersten Orientierung ausnutzen konnten, gelang es ihnen, im
Winter 1921/1922 in der Werkstatt der Meteorologischen Versuchsanstalt der Seewarte (Mechaniker
F. Friedrichs) ein Instrument („Spiegeltheodolit“) teils zu konstruieren, teils zusammenzustellen, welches
dann bei der vorliegenden Fahrt seine Feuerprobe zu bestehen hatte und glänzend bestand 2 ). Das In
strument besteht aus einem Ballontheodoliten gewöhnlicher Konstruktion, einem kardanischen Stativ
(Fig. 3) und einem Aufsatz-Sextanten von spezieller Konstruktion (Fig. 4). Das ganze Instrument ist
abgebildet in Fig. 5. Fig. 6 zeigt die Handhabung. Wegen aller Einzelheiten sei auf die unten folgende
„Anweisung“ verwiesen.
Da es sich bei der vorliegenden Fahrt um die
erste Erprobung- dieses neuen Meßgeräts handelt,
seien die Leistungen desselben kurz besprochen. —
Wenn im ganzen bei dieser einen Reise 95 Pälot-
aufstiege über 1090 m Höhe glückten, während z. B.
auf den von Koppen bearbeiteten 5 Reisen nach
Südamerika von den Kapitänen insgesamt nur 65,
und von Dr. M e y er auf 2 Segelschiffsreisen nur 54
erhalten wurden, so spricht sich hierin natürlich in
erster Linie der Umstand aus, daß auf der „Sachsen
wald“-Fahrt 2 Fachmeteorologen diese Aufstiege als
einzige oder wenigstens als Hauptbeschäftigung an
Bord betrieben. Aber auch die Verbesserung der
Methode hat Anteil an diesem guten quantitativen
Erfolg, weil in der jetzigen Form sowohl zum Füllen
wie zum Beobachten nur 2 Personen erforderlich
sind, und die Schiffsbesatzung nur gelegentlich zum
ß P. Perlewitz, Wind beobachtenden in den höheren Luftschichten des Atlantischen und siidl. Stillen Ozeans
nach Pilothaiionaufstiegen von Dr. Harry Meyer 1909—1911, Annalen d. Hydr. nsw. 40, 1912, S. 454—477.
2 ) Eine kurze Beschreibung des Instruments ist bereits gegeben worden in A. Wcgencr und E. IC u h Ibro d t.
Der Spiegeltheodolit für Pilot- und freie Begistrierballonanfstiege auf See, Annalen d. Ilydr. usw. 50, 1922, S. 241—244.
Seeliölie pig. 7.
km
— „Sachsenwald“ 1922, 95 Aufstiege.
Zwei Segelschiffsreisen 54 „
Fünf Reisen nach Südamerika, 65 „