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Full text: 39, 1921

Aus dem Archiv der Beutschon Seewarte. — 1921. Nr. 1. 
lieh gewesen sein, wenn die Ankunft des Schiffes nicht an einen bestimmten Tag gebunden gewesen 
wäre, andererseits sollte die Hauptaufgabe des Schiffes, das Vordringen nach Süden, nicht durch die 
Ausführung anderer Arbeiten irgendwie behindert werden. 
Für die Wahl des Reiseweges von Bremerhaven nach Buenos Aires waren folgende Gesichtspunkte 
maßgebend: Bis zum Äquator einen Kurs zu wählen, der soweit wie möglich durch die zentralen Gebiete 
des Nordatlantischen Ozeans führte, um hier auf nie oder selten begangenen Pfaden die physikalischen 
und biologischen Verhältnisse der Tiefsee zu erkunden. In Zusammenhang hiermit galt es, nach Mög 
lichkeit Lücken in unserer Kenntnis des Reliefs der Tiefsee durch Lotungen auszufüllen. Namentlich 
kam hierfür der Verlauf der Mittelatlantischen Schwelle in Betracht, wo es an Lotungen in hohem Grade 
mangelte. Wenn möglich, wollten wir den nördlichen Abschluß des Brasilbeckens zu erkunden suchen, 
um sodann im Brasilstrom erst östlich und dann südlich zu gehen, um zum Schluß das Zusammentreffen 
des Brasil- und Falklandstromes zu studieren. 
Unser Schiff war ein Segler mit Hilfsmaschine, also in gewissem Maße abhängig von Wind und 
Wetter, die nicht unberücksichtigt gelassen werden durften. Immerhin hatte ich von der Hilfsmaschine 
mehr erhofft, als sie geleistet hat. Wie wir nach dem Verlassen der Azoren den Kurs möglichst auf der 
atlantischen Schwelle, entlang nehmen wollten, um 45° W-Lg. auf 30° N-Br. zu erreichen, trafen wir 
frische westsüdwestliche Winde, gegen die unser Fortschritt so gering war, daß wir vorzogen, erst südlich 
zu liegen, um später mit dem Nordostpassat 45° W-Lg. anzuholen. Gleicherweise mußten wir im Brasil 
strom darauf verzichten, einen Querschnitt zur Strömung zu gewinnen, da uns der Südostpassat ent 
gegenstand, und wir in zwei Tagen nur wenig von der Stelle gekommen waren. Mit Zeitverlust kann 
man schließlich auch solche Kurse durchhalten, aber für uns handelte es sich immer darum, in einem 
bestimmten Zeitraum die Strecke bis Buenos Aires zu bewältigen und auf dieser Fahrt die wichtigeren 
Forschungen den minder wichtigen voranzustellen. Vorzügliche Dienste hat uns die Hilfsmaschine in 
der Kalmenzone nördlich des Äquators geleistet; wir benutzten sie hier, um mit Hilfe der Guineaströmung 
Ost-Länge anzuholen und erzielten eine Geschwindigkeit von 4 bis 5 Knoten. 
Bei dem Entwurf des Reiseweges bis Buenos Aires mußte eine bestimmte Durchschnittsgeschwin 
digkeit des Schiffes mit allen Verzögerungen durch Wind und Wetter sowie einschließlich der Stations 
aufenthalte zu Grunde gelegt werden. Hier folgte ich dem Rat eines Fachmannes, setzte das Durch- 
schnitts-Etmal auf etwa 100 Sm an und rechnete Stationsaufenthalte und Hafentage hinzu. In Buenos 
Aires ergab sich, daß die Durchschnittsleistung des Schiffes 98 Sm im Etmal betrug. Da sowohl Stations- 
wie Hafenaufenthalte mehr Zeit beansprucht hatten, als veranschlagt war, so reichten die für außer 
gewöhnliche Arbeiten bereitgestellten Tage gerade zur rechtzeitigen Ankunft in Buenos Aires aus. 
Der einzuschlagende Kurs und die Stationsaufenthalte wurden stets in gemeinsamer Besprechung 
mit dem Biologen, Professor H. Loh m a n n , und dem Kapitän, R. V a h s e 1, festgelegt, und es wurde 
hierbei nach Möglichkeit versucht, die wissenschaftlichen und nautischen Interessen in Einklang zu 
bringen — dies ist uns im Ganzen recht gut gelungen. (Weiteres über die Arbeitsmethoden und über 
Einzelheiten des Reiseverlaufs findet sich in den nächsten Kapiteln.) 
Die Fahrt nach Süd-Georgien und nach den Süd-Sandwich-Inseln. Am 4. Oktober 1911 verließ die 
„Deutschland“ nach einem Aufenthalt von vier Wochen Buenos Aires und nahm Kurs auf die Dinklage- 
Untiefe, die NNO von Süd-Georgien vermutet wurde. Am 16. Oktober 1911 erkrankte der Arzt der Expedi 
tion, Dr. Kohl, an einer Blinddarmentzündung, die am nächsten Tage erfolgreich von dem zweiten Arzt, 
Dr. v. G o e 1 d e 1, operiert wurde. Dies zwang uns, direkten Kurs auf Süd-Georgien zu nehmen und die 
ozeanographischen Arbeiten abzubrechen. Nach der am 21. Oktober erfolgten Ankunft der „Deutschland“ 
in Grytviken auf Süd-Georgien, trat ich am 24. Oktober eine Fahrt längs der Nordostküste von Süd 
georgien auf dem uns von der Compania di Pesca Argentina zur Verfügung gestellten Dampfer „Undine“ 
an. Die Fahrt, die der Erkundung der einzelnen Küsten Süd-Georgiens diente, wurde zu systematischen 
Lotungen in den Fjorden der Insel und zum Studium der Oberflächen- und Tiefenschichten in den 
angrenzenden Meeresgebieten benutzt; hierzu verwandte ich mit Vorteil die kleine Lucas-Lotmaschihe 
und eine Handwinde, die auf der Reling der „Undine“ befestigt wurden. Eine zweite Küstenfahrt
	        
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