W. Brennecke: Die ozeanographischcn Arbeiten der Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. 43
Aires und Süd-Georgien mannigfach schnelle Änderungen der Temperatur, die meist mit gleichsinnigen
Änderungen im Salzgehalt verbunden sind. Gut gekennzeichnet ist der Übergang aus der Brasilströmung
in die Westwindtrift, der in 39Mi 0 S-Br. 45°W-Lg. erfolgte. Am 12. X. 1911 sank hier die Temperatur
von 14.0° (um 4p) auf 11.0° (um 12p), gleichzeitig nahm der Salzgehalt von 35.59 °/ 00 auf 34.74 0 / 0 » ab, um
in den nächsten Tagen nur wenig zu ändern. Eine schnelle Änderung trat sodann wieder in der Nacht
vom 16. zum 17. X. in 4314° S-Br., 41°W-Lg, ein, indem die Temperatur von 10.0° auf 7.7°, der Salz
gehalt von 34.94 °/oo auf 34.45 °/oo abnahm. Wieder
blieben Temperatur und Salzgehalt 2 Tage ziemlich
unverändert, bis in 49° S-Br., 41°W-Lg. vom 18. zum
19. X. wieder sprunghaft der Übergang zu dem
kältesten, salzärmsten Teil der Westwindtrift er
folgte:
18.X. 18.X. 19.X. 19.X. 19.X. 19. X. 1911
4p 12p 8a 12a 4p 12p
tw 7.6 7.4 5.2 2.0 1.3 1.3° 0
S°/oo 34.51 34.50 34.15 33.96 33.98 33.88 °/oo
Diese Beobachtungen geben uns Aufschluß über die Struktur der großen Strömungen, die in sich
wieder gegliedert sind, indem Wassermassen ganz verschiedener Temperatur und verschiedenem Salz
gehalts bandförmig nebeneinander liegen, die dort, wo sie ineinander übergehen, mehr und mehr ihre Gegen
sätze ausgleichen. Solche sprunghaften Änderungen der Temperatur und des Salzgehalts werden namentlich
dann angetroffen, wenn Wasser aus höheren Breiten nach niederen Breiten (oder umgekehrt) verfrachtet
wird und der Kurs quer zur Stromrichtung führt.
Die Ergebnisse unserer Temperaturbeobachtungen im südlichstenAtlantischen
Ozean, in der Weddell-See, sind zusammen mit den Beobachtungen anderer Expeditionen in einem
Kärtchen vereinigt worden (Fig. 21). Außer der Hauptfahrt der „Deutschland“ 1911/12 kamen die Be
obachtungen von der Reise der „Deutschland“ 1913 unter Kling von Buenos Aires nach den Süd-
Orkneys und von dort nach Süd-Georgien, von den Fahrten der „Scotia“, der „Belgica“ und der
„Pourquoi-Pas?“ in Betracht; die Beobachtungen verteilen sich auf die Monate November bis März.
Trotz der Spärlichkeit der Beobachtungen und der zeitlichen Verschiedenheit habe ich versucht, die
Hauptzüge der Temperatur-Verteilung durch Isothermen fest-zulegen, die den Zustand im Südsommer
(Januar - Februar) veranschaulichen sollen. 1 )
Das schon im Beginn des Kapitels erwähnte Gebiet, das von der —l°-Isotherme umschlossen wird,
fällt zunächst durch seine Größe, sodann aber auch durch seine eigenartige Gestalt auf. Der Verlauf
der —l°-Isotherme ist gewiß ein unsicherer, denn er hängt zum großen Teil von der Verbreitung des
Schollen- oder Feldeises ab. Dort, wo das Scholleneis so dicht ist, daß es die Fahrt des Schiffes wesent
lich erschwert bezw. verhindert, werden wir meist eine Oberfläohentemperatur unter —1° antreffen. So
wurden denn bei der Zeichnung der —l°-Isotherme die Erfahrungen sämtlicher Expeditionen berück
sichtigt, so daß die l°-Isotherme gleicherweise das Gebiet bezeichnet, in dem meist mit dein Antreffen
größerer Schollen- oder Feldeismassen gerechnet werden muß. Welch bedeutende Unterschiede in ein
zelnen Jahren Vorkommen, ergibt sich aus der fast eisfreien See, die Weddell 1823 angetroffen hatte, aus
den großen Unterschieden, die die „Scotia“ bei ihren beiden Fahrten fand, und schließlich aus dem
ungemein eisreichen Jahr, in dem die „Deutschland“ nach Süden vordrang.
Aber gewisse allgemeine Züge erscheinen doch gesichert. Im westlichen Teil der Weddell-See ist
bei 67° S-Br. das Vordringen nach Süden durch die Schollen eistrift verhindert, ferner wurden längs des
1) Vergl. auch die inzwischen veröffentlichte Karte der Oberfläehentemperatur von O. Nordcnsk jölil (in
Wissensch. Ergebnisse der Schwedischen Südpolarexpedition 1901—03 Bd. I, 2. Stockholm 1917), die in den Hauptzügen
gute Übereinstimmung mit der hier veröffentlichten Karte zeigt.
| 19. VIII. | 20. VIII. | 21. VIII. |
Fig. 20. Schnelle Änderung der Temperatur
und des Salzgehalts im Brasilstrom.