W. Brennecke: Die ozeauographisclien Arbeitender Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. 41
Europa gelegenen Meeresgebiet ist das vorliegende Beobachtungsmaterial von der Meeresoberfläche noch
nicht zahlreich genug, um einwandfreie Schlüsse zu ziehen. Die von der internationalen Meeres-
forsohung in Angriff genommene systematische Verfolgung der Erscheinungen der Oberfläche des
Nordatlantischen Ozeans ist durch den Krieg unterbrochen worden. Diese Aufgabe in Zukunft weiter
zu verfolgen und sie regional zu erweitern, erscheint eine zwingende Notwendigkeit für den Ausbau -der
Meereskunde, und jede der Schiffahrt treibenden Nationen sollte in Zukunft wenn irgend möglich exakte
Temperatur- und Salzgehalts-Messungen der Meeresoberfläche der Ozeane veranlassen und geeignet
veröffentlichen.
2. Die Temperatur der Meeresoberfläche. 1 )
Die Temperaturbeobachtungen erstrecken sich von 51 0 N - Br. bis 78 ° S - Br., also über
129 Breitengrade. Das Maximum der Oberflächentemperatur wurde am 9. Juli 1911 4p in
8 0 N - Br., 41 ° W - Lg. mit 28.39 ü beobachtetbei glatter See in der Übergangszone zum
Kalmengebiet. Diese Zone war gleichzeitig gekennzeichnet durch eine starke Abnahme des
Salzgehalts, der am 9. VII. um 4 a 35.66 °/ 00 , um 4p 35.13 °/ 0 o und am 10. VII. um 4a 34.52 °/oo
betrug, auch wurden am 9. VII. vormittags Stromkabbelungen beobachtet und mittags zum ersten Mal
östliche Versetzung festgestellt. Die höchste Temperatur auf südlicher Breite wurde um 12a und 4p am
25. VII. in ö^S-Br. und 33° W-Lg. gemessen, sie ist um mehr als 2 Grad niedriger als die höchste von
uns gemessene Temperatur im Nordatlantischen Ozean, eine Folge der jahreszeitlichen Verschiebung
der Gebiete maximaler Wärme. Diese jahreszeitliche Wanderung der Isothermen wird übersichtlich
dargestellt durch die auf einer Tafel (Nr. X) vereinigten Isothermenkärtchen für die Monate Februar,
Mai, August und November in Schotts Geographie des Atlantischen Ozeans. Namentlich tritt hier
die Verlagerung der 25°-Isotherme vom Februar bis August hervor, die- z. B. im August auf dem 40.
Längengrade im Nordatlantischen Ozean um 25 Breitengrade nördlicher liegt als im Februar, dagegen
auf Süd-Breite nur den Brasilstrom bis Bahia begleitet. Da die Fahrt der „Deutschland“ durch den
Nordatlantischen Ozean in die Sommermonate fiel, so war bei denTemperaturbestimmungen derWasser-
oberfläche die hohe gleichmäßige Wärme des Wassers sehr ins Auge fallend. Vom 25. Juni bis zum
7. August 1911, oder von 25° N-Br., 40° W-Lg. bis 13° S-Br., 34° W-Lg. führte uns die Fahrt durch Wasser
von über 25°; auf eine Erstreckung von 25 Breitengraden schwankte dieWassertemperatur nur zwischen
25° und 26° an der Oberfläche, während die Temperaturen hier in 400 m Tiefe Unterschiede von 7° auf
weisen.
Eine ähnliche Gleichförmigkeit der Oberflächentemperatur auf weiten Flächen findet sich nur
noch in polaren Gebeiten, die durch das Treibeis der Meere unter 0° abgekühlt sind. Auf 20 Breiten
grade, von 58° S-Br. bis 78° S-Br., wurde während der Fahrt der „Deutschland“ stets eine Temperatur
unter 0° festgestellt; die tiefste Temperatur, die an der Oberfläche gemessen wurde, betrug —1.87° in
Waken, die sich während des Winters bildeten, und unter der Eisdecke. Bei der Fahrt der „Deutsch
land“ vom Inlandeis nach Norden war die Meeresoberfläche auf —1.8° abgekühlt, als sich die Bildung
einer geschlossenen Eisdecke in Form von Pfannkuchen-Eis vollzog.
Wenn man die zahlreichen auf der Fahrt der „Deutschland“ gesammelten Temperaturbeobachtungen
der Meeresoberfläche überschaut, so ist vor allem auffallend die geringe Änderung der Temperatur
zwischen zwei aufeinanderfolgenden Beobachtungen. Der tägliche Gang der Oberflächentemperatur im
offenen Ozean ist klein (siehe Abschnitt 4 dieses Kapitels), und der Übergang von Gebieten hoher zu
niedriger Temperatur erfolgt meist allmählich. Ausnahmen hiervon liefert in unseren Tabellen nur der
Übergang der Brasilströmung in die Falklandströmung und in die Westwindtrift. Wo wir sonst sprung
hafte Änderungen der Temperatur, die mehr als 1° zwischen zwei aufeinanderfolgenden Beobachtungen
betragen, finden, können wir sie in der Regel durch meteorologische Einflüsse oder andere Faktoren
erklären. Ich greife einige Beispiele heraus:
!) Vergl. hierzu die tabellarische Zusammenstellung der Beobachtungen in Abschnitt 6 dieses Kapitels.
2 ) Nach einstündlichen Messungen von Dr. Przybyllok betrug das Temperatur-Maximum 28.81° um 3 p.