\V. Brennecke: Die ozeanograpliisehen Arbeitender Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. 23
Ausgehend von einer auf dem Schelf gewonnenen Lotung von 190 m Tiefe in 48° 10' N-Br. und
8° 27' W-Lg. wurden in der Nacht vom 13. zum 14. Mai 1911 die Lotungen 1 bis 5 ausgeführt, die unter
Hineinbeziehung einer auf den Seekarten verzeichneten Lotung von 300 m Tiefe das nachstehend wieder
gegebene Profil von der Abböschung des Schelfs zur Tiefsee ergaben.
Das Profil zeigt eine
großeGleichförmigkeit
in der Abböschung des
Schelfs zur Tiefsee,
eine Gleichförmigkeit,
wie ich sie bei keinem
anderen Profil mit
3500 m Tiefendifferenz
gefunden habe, das auf
Grund einzelner Lo
tungen (nicht auf
Tiefenlinien hin) kon
struiert worden ist.
DieBöschungswinkel
für die einzelnen
Tiefenstufen sind folgende:
Unter Berücksichtigung der Genauigkeit der ab
gelaufenen Einzelstrecken kann man eine gleich
mäßige Abböschung von 3.4° für die Tiefen von
300 m bis 3800 m annehmen. Die Grundproben er
gaben für dieses Gebiet Blauschlick. Da wir eine starke
Sedimentation hier annehmen müssen, so ist es nicht
ausgeschlossen, daß die terrigenen Ablagerungen von Einfluß auf die Abböschung zur Tiefsee sind,
indem sie vorhandene Unregelmäßigkeiten in der Böschung auszufüllen bestrebt sind und derart in
langen Zwischenräumen gleichmäßige Hänge schaffen.
Nach Ausführung einer Anzahl Lotungen gelangten wir am 25. V. in die Nähe der „Chaucer“-
Bank, einer im Jahre 1850 von dem Schiff „Chaucer“ gemeldeten Untiefe nördlich der Azoren, die
auf den Seekarten als zweifelhaft bezeichnet wird. Soweit es unsere Zeit gestattete, haben wir Ver
suche gemacht, die Untiefe zu finden. Da der Originalbericht des „Chaucer“ über die Auffindung der
Untiefe mir erst nach Beendigung der Expedition zugänglich wurde, so legten wir unsere Lotungen
nach den Lotungen, die in den Seekarten und im Segelhandbuch von Findlay verzeichnet sind. Eine
kritische Prüfung bei der Bearbeitung ergab, daß die Positionen der Untiefe auf den verschiedenen
Seekarten größere Unterschiede aufweisen, und daß die Positionen nicht mit den im Originalbericht des
„Chaucer“ gemachten Angaben übereinstimmen. Dieser lautet folgendermaßen: 1 )
Chaucer-Bank. Das Schiff „Chaucer“, Capt. Rob. Henderson, von Mauritius nach Glasgow,
teilt mit:
„Am 28. Oktober 1850 befanden wir uns Mittags in 42° 41' N-Br., 28° 45'W-Lg. nnd steuerten N 56° W rw. mit
leichten veränderlichen östlichen Winden und klarem Wetter. Nachdem vorher bemerkt worden war, daß um 10 Uhr
Vrn. die Wasserfarbe sich geändert hatte und seitdem eine Kräuselung des Wassers beobachtet wurde, lotete ich
um 2 Uhr Nui. und fand (festen) Grund in 48 Faden. Die seit Mittag abgelaufene Distanz war etwa 6 Sm.
„Um 4 Uhr Nrn., denselben Kurs steuernd, lotete ich in 42° 49' N-Br., 29° 4' W-Lg. und fand 50 Faden und fand
um 6 Uhr Nur., nach Zurücklegung weiterer 6 Sm, 70 Faden und felsigen Boden.
i) Nach: The Azores, Madeiras, Salvages, Canaries and Cap Verde Islands. 3. Edition Hydrographie Office
Washington, No. 102, 1898. S. 60.
300 m
bis 1070 m
Böschungswinkel = 3.0°
1070 „
„ 1404,,
CO
II
1404 „
„ 1980,,
„ =2.6°
1980 „
„ 2703 „
„ =3.2°
2703 „
„ 3820,,
= 3.9°
Gesamt-Böschung
= 3.4°
Fig. 10. Abböschung des britischen Schelfs zur Tiefsee (am Eingang des Kanals).
(Länge : Tiefe = l : io)
''— 305 km bis zur Küste ¡c— 260 km bis zur Küste
|<— 213 km bis Sciliy-Inseln
0 m
1000
2000
3000
4000
i 5000
120 HO 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
Kilometer