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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1921. Nr. 2.
„S t r a s s e r & R o li d e 219“
abtreten müssen. Diese besitzt die freie Strassersche Hemmung und ein Strasserscbes Nickelstahlpendel.
Bisher war sie nach Sternzeit reguliert. In den vorangegangenen Jahren waren ihre Leistungen wenig
befriedigend, was ich jedoch auf die durchaus nicht einwandfreie Aufstellung im „Mittelraume“ des Erd
geschosses zurückführen möchte. Jedenfalls ergab eine im vorigen Jahre in den Monaten April bis
November durchgeführte vorläufige Untersuchung der Uhr, bei der die Mängel der Aufstellung nach
Möglichkeit unschädlich gemacht wurden, sehr gute Gangresultate, so daß mit Sicherheit anzunehmen
ist, daß die Uhr nach Unterbringung im neuen Uhrenraume den Anforderungen des Zeitdienstes durch
aus entsprechen wird. Die an anderen Stellen mit der Strasserschen Hemmung und den Nickelstahl
pendeln der Firma gemachten schlechten Erfahrungen werden durch „Strasser & Rohde 219“ in keiner
Weise bestätigt. —
Wir fassen zusammen. —- Es ist sicher kein Zufall, daß alle in Frage kommenden Uhren der See
warte so gute Gangresultate zeigen; der Grund dafür muß in Umständen, die alle Uhren im günstigen
Sinne beeinflussen, gesucht werden, wobei es sich wohl nur um die Aufstellung und um eine bemerkens
werte Unabhängigkeit des Aufstellungsortes von äußeren Erschütterungen handeln kann. Es wird sicher
auch kein Spiel des Zufalles sein, daß alle luftdichten Uhren der Münchener Sternwarte (R 23, R 33 und
R257) sich so auffallend gut bewähren. Insbesondere muß angenommen werden, daß es seismische Vor
gänge sind, die an vielen Orten die Präzisionspendeluhren schlechter erscheinen lassen, als sie in Wirk
lichkeit sind. Die für die Aufstellung geschaffenen Einrichtungen mancher Institute sind nicht
schlechter als diejenigen der Seewarte. Es ist verwunderlich, daß von den an solchen Stellen gewonnenen
Resultaten und von den dort gemachten Erfahrungen bisher so wenig bekannt geworden ist. Oder sollte
die geringe Zahl der in den letzten Jahrzehnten veröffentlichten gründlichen Arbeiten über Uhren etwa
auf eine bedauerliche Abnahme des Interesses an den bewunderungswerten Erzeugnissen der modernen
Präzisionsuhren-Technik zurückzuführen sein? — Da in München Störungen der Uhren durch Erdbeben
nachgewiesen worden sind, in Hamburg dagegen bisher nicht, während im übrigen die Leistungen der
Instrumente an beiden Orten etwa gleich hervorragend sind, so scheint die Frage nach den Bedingungen
für eine möglichst stabile Aufstellung von Präzisionsuhren in mancher Hinsicht noch der endgültigen
Klärung zu bedürfen. Auf alle Fälle aber gibt es heutzutage Uhren, bei denen, solide Aufstellung vor
ausgesetzt, der Gang für längere Zeit sehr nahe innerhalb der Grenzen liegt, die bedingt werden durch
die unvermeidliche Unsicherheit der astronomischen Beobachtungen. Das Problem des Innehaltens der
Zehntelsekunde, dessen Bedeutung früher wohl überschätzt worden ist, das aber vom Standpunkte der
Funkzeitsignale aus neues Interesse gewinnt (ohne daß allerdings die Lösung der Aufgabe unbedingt
erforderlich wäre), ist nunmehr lediglich ein Problem der Aufstellung der Uhren geworden. Die letzteren
selbst haben, was die Regelmäßigkeit des Ganges angeht, den höchsten Grad der Vollkommenheit bereits
erreicht.
III. Teil.
Ergebnisse.
Die Mitwirkung des Geodätischen Instituts zu Potsdam beim Zeitsignaldienst durch fortlaufende
Kontrollierung der Nauener Mittagssignale ist bereits erwähnt worden. Diese Mitarbeit erfolgt auf
Grund eines zwischen dem Geodätischen Institut und der Seewarte getroffenen Abkommens, auf Grund
dessen in Potsdam die Mittagssignale aufgenommen und die endgültigen, im Anschluß an die Zeitbestim
mungen abgeleiteten Korrektionen monatlich der Seewarte mitgeteilt werden; ferner wird nach jeder in
Potsdam angestellten Zeitbestimmung die Korrektion des letzten vorher registrierten Signals der See
warte nach verabredetem Schema telegraphisch übermittelt. Für die Vorausberechnung der Uhrkorrek
tionen können somit die- an zwei verschiedenen Orten gewonnenen Zeitbestimmungen verwandt werden.
Die Mitarbeit des Geodätischen Instituts erweist sich insbesondere dann als sehr wertvoll, wenn bewölkter