W. Brennecke: Die ozeanographischen Arbeitender Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. 19]
in der Regel chlorhaltig ist. Hierüber unterrichtet uns die Probe 11, bei der die unterste 8 cm dicke
Schneelage 7.36 °l m Chlor enthielt und die obere, 12 cm dicke Lage, 0.66 °/o». Der höhere Gehalt der unteren
Schicht ist auf Beimengung von Iiassol zurückzuführen, der Chlorgehalt der oberen Schicht ist durch
den Transport von Salzausscheidnngen mit Flugschnee veranlaßt.
Eine gute Übersicht über den Chlorgehalt in den verschiedenen Tiefensohichten des Feldeises
geben die Bestimmungen der Probe 14 am 12. Juli 1912, hei denen ein frisch aus dem Feldeis
ausgesägter Eisblock in 10 Teile von etwa je 10 cm Dicke zerlegt wurde. Das Maximum des Chlor
gehalts findet sich in der obersten 10 cm - Schicht, 4.85 C 7 OT , das Minimum in der Schicht, die über der
untersten Schicht lagert, 2.35 %<,. Die unterste Schicht zeigt um 0.35 °l 00 höheren Chlorgehalt, der wohl
darauf zurückzuführen ist, daß diese Schicht in Kontakt mit dem Meerwasser ist, das beim Herausnehmen
des Blocks auf der Unterseite gefriert. Abgesehen von einer minimalen Differenz in 30—40 m Tiefe er
gibt sich eine stetige Abnahme des Chlorgehalts von der Oberfläche bis 90 cm Tiefe, eine Abnahme, die
in den obersten Schnitten groß, in den mittleren Schnitten gering ist. Dies dürfte in Beziehung stehen
zur Bildung des Eises, die in den obersten Lagen sehr schnell erfolgt, während von etwa 30 cm an das
Wachstum sehr langsam wird.
Eine Vergleichsreihe von Chlorbestimnmngen des Eises in verschiedenen Horizonten sind an einem
73 cm dicken Block im Juni gemacht worden (Probe 7), der bei einer Pressung hoehgesehoben worden
war und mehrere Wochen frei gelegen hatte. Wir finden für die Tiefen von 28 bis 73 cm den gleichen
Chlorgehalt wie beim Feldeis, das sich in seiner ursprünglichen Lage befindet, 2.8 %©> während die
Schichten von 0 bis 28 cm einen bedeutend geringeren Chlorgehalt, 2.1 bis 2.4 % 0 , als das Feldeis auf
weisen. Dies mag darauf zurückzuführen sein, daß infolge der freien Lage des Blocks — nicht in Kon
takt mit dem Meerwasser — eine bedeutend größere Erkaltung desselben, demzufolge auch eine größere
Ausscheidung von Salzkrystallen stattgefunden hat, deren Chlorgehalt, da das Eis möglichst gesäubert
wurde, nicht mitbestimmt worden ist.
Datum
2. X. 1912
10. XI. 1912
18. XL 1912
olieu
1.25 °vo
0.45 °/(.o
0.46 ü /w
Mitte
F°
0
_0
i
1.29 0 <x>
0.48 °/oo
Hut*«
1.34 «ix»
1.28 °/oo
1.20 »Zoo
Im Frühjahr, Oktober und November 1912, wurden von einem 1.25 m dicken Block, der Mitte Sep
tember auf das Feldeis aufgeschoben worden war, eine Reihe von Proben entnommen. Es ergab sich
folgender Chlorgehalt:
Die Deutung dieser Bestimmungen macht etwas Schwierigkeiten, da wir den Chlorgehalt der ein
zelnen Schichten des Blocks nicht von dem Augenblick an, wo er hoehgesehoben wurde, verfolgt haben.
Wir dürfen aber annehmen, daß der Chlorgehalt der
gleiche gewesen ist, wie in dem früher von uns unter
suchten Feldeis in Kontakt mit dem Meerwasser.
Es sind demgemäß bedeutende Mengen Chlor ver
schwunden, gleichzeitig ist eine Änderung der Struk
tur des Eises eingetreten. Mau bemerkt äußerlich
reihenförmig angeordnete Luftblasen, die feinen, zu
weilen unterbrochenen Kanälen gleichen, die das Eis
von oben nach unten durchziehen. Diese sind die Merkmale des Weges, den die Laugeneinschlüsse
genommen haben. Infolge der Erhöhung der Temperatur des Eises durch die Sonnenstrahlung ist einer
seits eine Lockerung der Struktur des Eises eingetreten, andererseits sind Salzeinschlüsse, die fest waren,
wieder flüssig geworden und haben sich nach unten abgesenkt. Bei unserer Bestimmung am 2. X. 1912
treffen wir noch das Maximum des Chlorgehalts in der Mitte des Eises, später am 18. XI. 1912
in der untersten Schicht, während gleichzeitig in der oberen und mittleren Schicht der Chlorgehalt bedeutend
abgenommen hat. Daß tatsächlich ein Absinken der Laugeneinschlüsse nach unten stattfindet, davon
zeugen auch die kleinen Eiszapfen, die man an der Unterseite der Eisblöcke in Preßhügeln zu Beginn
des Sommers findet. Bricht man ihre Spitze ah, um sie im Mund zu schmelzen, so hat man einen stark
salzig-bitteren Geschmack, der etwa dem einer Rassol-Lösung gleichkommt, so daß diese Zapfen also
bedeutend salzreicher sind als das normale Seewasser.